Kapitel 34

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• Reece •

Ich betrachte Jamie, wie er dort mit den Kindern liegt. Sie schlafen allesamt. Sie sind erschöpft. Kaputt. Ich dagegen bin verzweifelt.

Ich liebe Jamie. Ich liebe Lucas, Riley und Avery. Ich kann sie nicht verlieren. Ich würde es nicht überleben.

Verdammt! Ich raufe mir mein Haar, starre aus dem Fenster. Ich blicke auf das Rudeldorf herunter. Es ist wie leergefegt, seit ich ausrufen ließ, dass niemand sein Haus verlassen soll, bis auf die Kämpfer des Rudels.

Ich wollte nicht, dass es noch mehr Kranke gibt. Ich halte es so für sicherer. Wir wissen nicht, wessen Handschrift dieser Zauber trägt.

Wir konnten nur hoffen und beten. Und suchen. Wir suchen diesen elendigen Bastard und ich werde ihn persönlich töten.

Ein Husten reißt mich aus meinen Gedanken und ich blicke hinter mich. Es ist Riley, welchem es genauso wie Lucas, Jamie und Avery immer schlechter ging.

Sein Alphastatus war noch nicht derart ausgeprägt, um ihn vor sowas zu schützen.

Riley war am ganzen Körper verschwitzt und presste sich weinerlich an mich, als ich ihn auf den Arm nahm und in eine Decke einwickelte.

"Ich bin durstig", schnieft er leise, weshalb ich ihn runter trage und ihm dort ein Glas Wasser gebe.

"Darf ich fernsehen?", fragt er mich, weshalb ich nicke und ihm diesen auch einschalte. Edward bleibt bei ihm, wirft ein Auge auf ihn, während ich wieder nach oben gehe.

"Er ist duschen.", erklärt mir Lucas leise, welcher Avery im Arm hat und meine ungestellte Frage damit beantwortet.

Jamie liegt nicht mehr im Bett, doch dafür kann ich ihn kurz darauf im Bad dann finden. Er ist tatsächlich unter der Dusche.

Das Wasser ist eiskalt. "Alles okay?", frage ich besorgt nach und lege ihm ein Handtuch um die Schultern. Jamie verneint leise und lässt seinen Kopf auf meine Schulter fallen.

Nun glüht er am gesamten Körper, schwitzt selbst nach der eiskalten Dusche noch genauso wie Lucas und Riley es tun.

"Wann sind sie da?", flüstert er schwach. Ich lege meine Arme um ihn. Ich weiß es nicht. Es ist zwar schon bald Abend, doch kann ich sie noch nicht in unserem Revier wahrnehmen.

Es ist zum Verzweifeln, diese unendliche Ungewissheit. Und ich hasse es.

Es vergingen Stunden, in denen Edward ebenso hilflos war wie auch ich. Und wir waren unfassbar erleichtert, als wir die sechs fremden Wölfe mit einem Magier erblicken.

Ein Adler. Er fliegt hoch über den Wölfen, die ihre menschliche Gestalt annehmen, als sie vor uns halten. Ich spüre die Blicke meines Rudels auf uns.

Sie wissen nicht, weshalb ihnen das Rausgehen verboten ist. Doch es ist durchgesickert, dass es sich um schwarze Magie handelt.

Wir verbeugen uns vor dem Hexenmeister Luzius und seiner Begleitung. "Wie geht es Jamie?", richtet dieser sich augenblicklich an Edward, welcher ungewiss seine Schultern zucken lässt.

"Vor einigen Stunden ging es ihm schrecklich und es wird nicht besser. Drei Kinder sind ebenso krank. Der Älteste ist gerade siebzehn geworden, Riley kennst du und Avery ist gerade erst dreizehn Wochen alt. Ihnen geht es schlecht."

Luzius nickt verstehend, dann führen wir sie ins Wohnzimmer, wo Riley vor dem Fernseher sitzt und in drei Decken eingewickelt ist. Er fiebert stärker als vorher, hustet stark und bekommt nur noch schwer Luft.

Luzius geht vor ihm in die Knie. Riley hat keine Angst, anscheinend kennt er den Hexenmeister bereits.

"Was machst du da?", fragt er aus kindlicher Neugier nach und legt seinen Kopf schief, als Luzius um ihn herum ein Feld erzeugt, welches strahlend blau schimmert.

"Ich sorge dafür, dass du dich wieder besser fühlst. Solange, bis wir den bösen Mann gefunden haben, der dafür verantwortlich ist." Riley lächelt unsicher.

Das schwarze Feld wird immer dunkler und Riley kippt langsam zur Seite. Das Feld bricht zusammen. Riley bleibt so liegen.

"Keine Sorge", versichert mir Ratsführerin Agetha ruhig und legt ihre Hand an meine Schulter. "Er schläft jetzt. Er benötigt es wohl."

Ich beobachte, wie Riley leise grummelt und uns den Rücken zuwendet. Edward führt Luzius nach oben ins Schlafzimmer, wo Lucas erneut eingeschlafen ist, genauso wie Jamie, der Avery sanft an sich gedrückt hält.

"Ein wirklich süßes Bild", grinst Luzius leicht und wiederholt auch bei den dreien diesen Vorgang.

Edward bleibt bei mir Zuhause, während ich ihnen ihre Bleibe für die nächste Zeit zeige.

"Pass auf Jamie auf. Er ist wie ein Engel. Er glaubt stets an die Menschlichkeit und ist zeitgleich so verletzlich wie die Flügel eines Schmetterlings. Wenn du sie einmal berührst und nur einen Hauch zu viel Kraft anwendest, werden sie nie wieder fliegen."

Ich denke noch lange über Luzius Worte nach und mache in dieser Nacht kein Auge zu. Meine Gedanken sind nicht zu stoppen und mein Kopf geflutet vor Sorge.

Jamie ist mein ein und alles. Und ich würde alles tun, nur um ihn zu beschützen. Und ich würde es auch schaffen.

"Reece...", flüstert Jamie zart und kommt zu mir auf die Terasse gelaufen.  Er trägt eine Jogginghose und meinen Pullover. Er ist wohl aufgewacht.

"Ich liebe dich", lächel ich schwach und ziehe ihn auf meinen Schoß. Jamie's Finger finden von ganz allein zu meinen Wangen. Er streicht zärtlich die Tränen von diesen.

"Du bist so perfekt.", flüstert er schwach und lehnt seine Stirn an meine. Ich streiche mit meinen Händen zu seinen Hüften.

"Riley hat mich eben gefragt, ob du es wohl okay fändest, wenn er zu dir Dad sagen darf.", haucht Jamie leise in die Stille zwischen uns.

"Wirklich?", flüstere ich leise und beobachte, wie Jamie leicht nickt. "Er hätte gerne einen Dad."

Ein unfassbar breites Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich nicke. "Wenn ich ihn dann als meinen Sohn bezeichnen darf, jederzeit."

"Vielleicht sind wir bald eine richtige Familie.", hauche ich nurnoch in Jamie's Ohr, als dieser erschöpft an meiner Schulter zusammen sinkt und einschläft.

Ich hebe ihn hoch und trage ihn nach oben, wo ich ihn dann in unserem Bett ablege. Jamie lächelt schwach, als er unterbewusst seine Nase in meinem Kopfkissen vergräbt.

Ich verziehe mich in mein Büro und greife in die oberste Schublade. Ich fühle den dunkeln, weichen Samtstoff an meinen Fingerspitzen, als ich die kleine Schachtel vorsichtig öffne.

"Jamie würde der sicherlich gefallen" Edward bringt mich dazu, erschrocken zusammen zu zucken. Er lacht, als er sich auf den Sessel mir gegenüber fallen lässt.

"Ich würde ihn so gerne auf der Stelle fragen" gestehe ich Edward ruhig und lasse das kühle Silber zwischen meine Finger wandern.

"Warum tust es dann nicht?" Ich seufze schwer auf, als ich mich der halbleeren Flasche Whisky zuwende und Edward ebenso ein Glas einschenke.

"Jackson lebt. Ich habe es nie für nötig gehalten mich von jemand toten scheiden zu lassen. Offiziell bin ich also noch verheiratet."

"Du kannst die Ehe annullieren lassen. Immerhin hast du Jackson seit Jahren nicht gesprochen, ihr lebt nicht mehr zusammen. Das Einzige was euch verbindet ist ein Kind, dass überhaupt nichts mehr mit Jackson zutun haben will."

Beloved teacher [mxm|Werwolf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt