Kapitel 35

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• Reece •

Die Tage verstrichen und auch wenn es Riley und Lucas wieder einigermaßen gut geht, so leiden Jamie und Avery doch noch sehr.

Es ist schwer mit anzusehen, wie Jamie immer kränker wird und immer mehr meine Nähe sucht.

Ich bin umso glücklicher darüber, dass sich Fynn und Chris dazu gemeldet haben, Lucas und Riley zu sich zu nehmen, bis wir endlich weitere Hinweise gefunden haben.

Dementsprechend haben wir Zeit für uns. Jamie und ich reden oft miteinander, kuscheln oder er 'spielt' mit Avery.

Meist liegt sie auf dem Bett und er ärgert die kleine Maus, indem er ihr immer wieder das Spielzeug stibitzt oder sie kitzelt.

Das Einzige, was wirklich gut daran war, war die Verbindung zwischen Jamie und der kleinen Maus.

Vielleicht liegt es auch einfach nur daran, dass Jamie Angst hat, den nächsten Tag nicht mehr zu erleben. Doch er hat sich in den letzten Tagen deutlich mehr an Avery gewöhnen können.

"Schlaf. Es ist alles gut. Ich bin hier", versichere ich sanft und ziehe Jamie wieder an meinen Körper heran, der schwer atmend hochgeschreckt war.

Er braucht nicht lange, bevor er total erschöpft in sich zusammenbricht und sein Gesicht weinend in meiner Brust vergräbt.

Sanft küsse ich seinen verschwitzten Haaransatz. "Ich hab' wieder von dem Abend im Wald geträumt", gesteht er schwach.

Ich nicke sanft und streiche über seinen Rücken. Eine unangenehme Gänsehaut macht sich auf meinem Körper breit, als ich jeden einzelnen Knochen ohne jeglichen Druck abtasten kann.

"Ich verstehe nicht, weshalb. Immer wieder, ohne Ende der Traum. Als wäre es...der Schlüssel zur Lösung."

Jamie setzt sich auf, als wäre ihm etwas klar geworden. "Ich muss in den Wald." Er sieht mich so ernst an, dass ich schwer schlucken muss, als ich ihn in meine Arme ziehe und dies bestimmt verneine.

"Du bekommst es kaum hin, allein zur Toilette zu kommen, Jamie. Du würdest es nicht überleben, wenn du in den Wald läufst.", ermahne ich ihn ernst.

Es kam mir vor, als sei er wahnsinnig geworden. Seine Augen allerdings sagten klar, dass es kein Wahnsinn ist.

Rubinrot, statt diesem vertrauten und lieblichen Braun. Ich zuckte zusammen, als er seine Fingernägel in meine Arme bohrte.

"Ich werde ein paar Deltas dorthin schicken. Leg' dich hin, Fire. Bevor ich dich festkette und erst wieder losmache, wenn du wieder bei Sinnen bist."

Ich kann es selber nicht so recht glauben. Nicht, nachdem mir Jamie nach dem ersten Albtraum beichtete, dass sein Wolf sich komplett zurückgezogen hatte.

Dass er ihn seit der Vergewaltigung nicht mehr gesprochen hatte, er wie verschollen wirkte.

Doch es war ein Zeichen, wenn Fire ausgerechnet jetzt die Kontrolle übernahm. Jamie ist kurz davor zu sterben.

'Lauft in den Wald, an die Stelle, an der wir damals Jamie fanden.', linke ich unsere besten Kämpfer und bekomme nur wenige Minuten darauf ein zustimmendes 'Ja, Alpha' im Einklang zurück.

Ich halte Jamie die restliche Nacht fest im Arm und schließe kein Auge. Viel zu sehr rotieren meine Gedanken und ich bin erleichtert, am frühen Morgen von Jamie's Vater abgelöst zu werden.

Er weiß sich gegen Fire zu wehren, ich dagegen könnte ihn niemals verletzen, sollte er mich angreifen. Ich gebe Avery bei Fynn ab, bevor ich gemeinsam mit meinem Bruder in den Wald laufe.

Die Deltas suchen das Gelände noch immer ab, jagen durch den Wald und zeigen Präsenz.

Dann wird es mir bewusst. Beziehungsweise sehe ich es. Ein Lager, unterirdisch, genau an der Stelle, an der sich Jamie aufhielt um nachzudenken.

Deshalb konnten wir niemand finden oder wittern. Ich kann die Deltas, die das Lager absuchen, nicht wahrnehmen, aber ich höre sie.

Luzius ist hier, gemeinsam mit dem Rat der Unterwelt. "Fire ist zurück. Jamie hat nicht mehr viel Zeit.", informiere ich sie.

"Wir haben DNA Spuren sicherstellen können, einige Deltas konnten Witterung aufnehmen. Es scheint allerdings so, dass wir noch heute aufbrechen müssen, um eine Pflanze im dunklen Tal zu finden.", erklärt mir Luzius.

Ich halte inne. "Ihr wisst, wie ihr das Gift aufhalten könnt?" Mein Herz hämmert aufgeregt gegen meinen Brustkorb, Chris grinst zuversichtlich neben mir und legt seinen Arm um meine Schulter.

"Es ist der Merdiazauber. Einzig und allein die gleichnamige Pflanze wird den Zauber stoppen, bevor er Jamie's Herz erreicht. Sorge' dafür, dass dein Rudel in Sicherheit kommt. Sie müssen im Rudelhaus bleiben, dort ist es am sichersten. Wir werden uns auf den Weg machen, aber sei dir bewusst, dass ihr alle in Gefahr seit, solange der Zauberer noch dort draußen ist."

Luzius und seine Anhänger machen sich noch am selben Tag, kurz vor Sonnenuntergang mit vier meiner besten Krieger auf den Weg ins dunkle Tal.

Das Rudel derweil richtet sich im Rudelhaus ein, die Stimmung ist...kühl und abweisend. Jeder könnte Teil der Verstrickungen sein. Niemand ist sicher und alle sind sich dessen bewusst.

Jamie liegt im Bett, kuschelt mit Riley und auch Lucas hat sich zu ihnen gelegt. Avery schläft tief und fest in meinen Armen, doch kann ich einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken.

Jamie, Lucas und Riley waren in Gefahr, sind in Gefahr. Jeder hier im Dorf ist in Gefahr und niemand ist sicher.

"Können wir ein Spiel spielen?", strahlt mich Riley fröhlich an, in seiner Hand ein einfaches Brettspiel aus einem der vielen Regale im Gemeinschaftsraum.

Ich habe nicht einmal bemerkt, dass er es geholt hat. Doch wie sollte ich einem Kind so eine Bitte denn abschlagen?

Ich nehme ihn auf den Arm, nachdem ich Avery in ihre Wiege gelegt habe mache mich mit ihm auf den Weg zu Jamie und Lucas.

"Spielt ihr mit uns?", kichert Riley bittend, weshalb Lucas nickt und Jamie ebenso. Er setzt sich auf, auch wenn es mir nicht so gefällt.

Gemeinsam spielen wir dieses Spiel und Riley freut sich als sei Sonnenmond und Tag der Vereinigung auf einen Tag gefallen.

Feiertage, die wir statt Weihnachten und Ostern feiern. Denn ist es für die Menschen vielleicht Gott, an den sie glauben, so ist es für uns die Mondgöttin.

Dennoch feiern wir auch Weihnachten und Ostern hier, hauptsächlich, weil wir auch einige Menschen in unserem Rudel haben, seit es unter der Führung meines Bruders und meiner Wenigkeit ist.

Gefährten unserer Wölfe, die ebenso ein Recht auf ein friedliches Leben mit der Liebe ihres Lebens besitzen.

Beloved teacher [mxm|Werwolf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt