Kapitel 44

824 41 4
                                    

• Reece •

,,Hast du mit Henderson geredet?", fragte ich meinen älteren Bruder, nachdem Jamie mit den Kleinen zu seinem Dad gefahren ist. Chris saß gerade auf der Couch bei mir im Wohnzimmer, nachdem wir die letzten Wochen beinahe durchgehend im engen Kontakt zu unseren Anwälten und der PR Abteilung der Firma standen, um herauszufinden, was mit dem Geld passierte.

,,Ja", erwiderte er. ,,Aber es sieht nicht gut aus. Wenn es so weiter geht werden wir ein öffentliches Statement abgeben müssen und es graut mir schon jetzt davor."

,,Pressekonferenz oder Soziale Medien?"

Chris sah mich unschlüssig an. ,,Am besten Beides. Aber vorher müssen wir mit den Kunden sprechen, die betroffen sind. Ansonsten geht es nach hinten los und wir können uns gerade keine Aktiensenkung erlauben. Nicht mit dem geplatzen China-Deal."

••

,,Ich kann ihnen genau vorlegen, dass es absolut keinen Kontakt zwischen Jackson und mir gibt. Nicht mehr, seit er damals verschwunden ist und seinen Tod vorgetäuscht hat", erklärte ich dem Staatsanwalt für Scheidungsrecht zum Wiederholten Male. Es wurde je länger diese Diskussionen liefen nurnoch frustrierender und ich konnte verstehen, weshalb Jamie langsam aber sicher aufgab.

Und langsam riss auch mir der Gedulsfaden, als ich wieder nur irgendwelche Ausreden von dem Mann zu hören bekam.

Es endete damit, dass ich ohne weitere Worte auflegte und mich mit einem Glas Whiskey in meinen Stuhl zurückfallen ließ. Der Tag war anstrengend und zwischen Telefonaten mit Anwälten, Staatsanwälten und unseren Klienten brummte mir mittlerweile der Schädel.

Seit Jamie zuletzt das Thema Hochzeit ansprach ist eine Weile vergangen. Zwischen seiner Heat, währenddessen die Kinder bei seinem Vater blieben und den ständigen Meetings mit den Kunden, die von dem Steuerbetrug betroffen waren, war mein Zeitplan unfassbar eng gestrickt.

Und auch wenn Jamie nichts dazu sagte, dass ich von morgens bis abends im Büro war, wusste ich zu gut, dass es ihn störte.

Während unserer gesamten Beziehung musste ich nie so lange und oft im Büro sein wie in diesen letzten Wochen und ehrlich gesagt: Es tat mir extrem leid, weil alles an Jamie hängen blieb.

Er musste sich im Moment um die Kinder kümmern, den Haushalt schmeißen und zeitgleich für unser Rudel dasein und ihnen helfen, während er selbst auf Notreserven zu laufen schien.

Ich wusste nicht wirklich was los war. Jamie schlief schlecht oder garnicht. Wenn ich nach Hause kam, was meist spät in der Nacht geschah, war er noch hellwach und wälzte sich unruhig im Bett umher. Manchmal hat er ab dem Punkt schon aufgegeben und las ein Buch oder sah sich einen Film an.

Und wenn er schlief, dann wachte er schweißgebadet auf und es kam mehr als einmal vor, dass ich ihn nach seinen Panikattacken beruhigen musste.

Alles was ich aus ihm rausbekam, war ein ,,Keine Ahnung. Irgendwas fühlt sich anders an", bevor ich ihn darum bat nochmal mit seinem Therapeuten zu sprechen. Er tat dies auch.

Er nahm weiterhin seine Medikamente und wirkte ausgeglichen, auch wenn sein Arzt die Dosis nochmal erhöht hat. Nur zur Sicherheit.

Ein Klopfen ließ mich aufsehen. Es war Riley, der gerade von der Schule gekommen sein musste. Schüchtern ließ er sich, ohne auf eine Herein von mir zu warten, auf einen der Sessel mir gegenüber fallen.

Fragend sah ich ihn an.

,,Kann ich dir was erzählen?", wisperte er leise und sah mich aus hoffnungsvollen, blauen Augen an. ,,Etwas, was Papi nicht erfahren darf", ergänzte mein jüngster Sohn zusätzlich.

,,Es kommt drauf an, was du mir erzählst, Kumpel. Ich kann deinem Papa nicht einfach etwas vorenthalten, was uns beide in Schwierigkeiten bringen würde", erklärte ich ihm.

Aber schien diese Antwort ihm zu genügen, als er geschlagen nickte und mir etwas gab. ,,Heute, als ich vor der Schule auf Papa gewartet habe, da kam dieser Mann zu mir", wisperte Riley und ich nickte.

Besorgnis machte sich in mir breit. Ein Pädophiler? Oder einer, der mein Kind entführen will und mich dann erpressen will? Sowas ist öfters passiert, als Lucas noch jünger war, doch konnten meine Bodyguards immer rechtzeitig einschreiten und ihm ist nie etwas passiert.

,,Der Mann hat gesagt, dass er mein Dad ist. Er hat gesagt, dass er Eric heißt und Papa und er sich damals geliebt haben, weshalb er mich und Papa zu sich zurückholen wird. Aber er war alt, Daddy. Und ich will hier bleiben. Bei dir, Lucas und Ave, zusammen mit Papa. Ich will nicht bei dem gruseligen Mann leben."

,,Eric hat dich angesprochen?", vergewisserte ich mich. Zögerlich nickte Riley.

,,Und er hat gesagt, dass er dich und Papa zu sich holen wird?" Ja, erneut ein Nicken.

Ich dachte nach. Eric war da draußen, dass wusste ich und sorgte wann immer Jamie das Haus verließ für ein unangenehmes Ziehen in meinem Magen, doch zu wissen, dass er sich meinem Kind ohne Erlaubnis näherte und ihm erzählte, dass er eine Liebesbeziehung mit Jamie hatte?

Dass war mehr als zu viel.

,,Geh' auf dein Zimmer, Kumpel. Ich muss mit deinem Papa darüber reden. Aber ich kann dir etwas versprechen", sprach ich ruhig und stand auf, um mich vor Riley hinzuhocken. Seine Augen folgten mir aufmerksam und ich legte meine Hand auf sein Bein, das ganz nervös auf und ab zappelte.

,,Eric ist ein böser Mensch. Er hat deinem Papa damals unfassbar schlimm weh getan und ich will, unter keinen Umständen, dass du jemals wieder ein Wort mit ihm wechselst oder ihm Aufmerksamkeit schenkst, wenn er dir je wieder zu nahe kommt."

Riley nickte. ,,Darf ich in eurem Zimmer fernsehen?"

,,Klar. Komm mit, dann stopf ich dich in die Bettdecke", lächelte ich und hob ihn mühelos hoch. Und wenn Riley für gewöhnlich lautstark quengeln würde, so ließ er es heute durchgehen, als er seine Arme locker um meinen Hals hängen ließ und seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte.

Als ich die Decke unter ihn getuckt habe und den Fernseher einschielt, drückte ich ihm noch einen Kuss auf die Stirn, bevor ich ihn allein ließ, um mit Jamie zu sprechen.

Ich fand ihn im Wohnzimmer auf dem Teppich sitzend, Avery saß neben ihm und gab ihm ihre großen Duplosteine, damit er sie zusammensteckte und ihr zurückgab, was sie dann lauthals kichern ließ.

,,Können wir kurz reden?", seufzte ich und setzte mich auf die Couch, an der Jamie sich anlehnte. Er sah zu mir hoch, als er nickte und Avery auf seinen Schoß zog. Die kleine Maus war zufrieden damit und presste ihre Nase in sein Oberteil, welches ziemlich sicher mir gehörte.

Andererseits hat Jamie es sich wohl angewöhnt meine Klamotten zu tragen. Und es war ein schönes Gefühl ihn darin zu sehen.

,,Geht es um Lucas' Abschlussfeier? Ich weiß, du wolltest etwas großes mit dem ganzen Rudel machen, aber Lucas wollte nur als Familie essen gehen und hinterher noch mit ein paar Freunden ins Kino", erklärte Jamie mir.

,,Und er kann entscheiden, was er an dem Tag tun will. Aber darum gehts im Moment nicht", sagte ich und klopfte neben mich, damit Jamie sich zu mir setzte. Er zögerte nicht lange.

Sein Knie presste sich an meinen Oberschenkel, als wir nebeneinander saßen und Averys Hand klammerte sich an meinem Hemd fest, als sie fröhlich quietschte.

,,Eric hat Riley heute bei der Schule abgefangen..."

Beloved teacher [mxm|Werwolf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt