Kapitel 32

1K 45 5
                                    

• Jamie •

Riley schläft endlich. Der Tag mit ihm war ziemlich turbulent, aber auch verdammt schön, bis auf eine Ausnahme.

Es war klar, dass meine Mum sich mal wieder überall einmischen muss. Und es war noch viel klarer, dass sie im Fall der Fälle auch für Avery das Sorgerecht bekommen wollte.

Doch dafür war ich jetzt endlich allein, so ziemlich. Ich hatte zumindest meine Ruhe, da Reece gerade duschen ist und Lucas ein Date hat.

Avery schläft, genauso wie Riley. Und damit bin ich nahezu allein und kann mich auf das Wesentliche konzentrieren.

In diesem Fall nicht Reece, die Kinder oder meinen Job, sondern allein auf mich.

Ich versuche Abstand von allem zu bekommen. Reece würde damit nicht einverstanden sein, dass ich allein unterwegs war.

Zumindest nicht im Dunkeln, da dort die Gefahr stieg, dass einen Vampire angriffen. Und schon gar nicht in meiner Wolfsgestalt.

Aber ich brauche meine Ruhe, um klar denken zu können. Also laufe ich, nicht zu weit in den Wald hinein, doch soweit, dass ich meine Ruhe habe.

Etwas ausgepowert lasse ich mich in den kalten Schnee sinken und atme schwer durch.

Ich hatte dieses Gefühl sehr vermisst, mich zu verwandeln, meine Knochen und Sehnen reißen zu spüren, so seltsam es auch sein mag.

Es gehört einfach dazu, wenn man ein Werwolf ist. Dieses Gefühl muss man lieben, wenn man sich seinem Wolf verbunden fühlte.

Und ich tat dies, auch wenn Fire und ich seit der Vergewaltigung damals kein Band mehr hielten.

Er hatte sich eines Tages verschlossen, war still geworden und übernahm nurnoch selten die Kontrolle über mich, wenn er mich schützen wollte.

Reece hatte ich bis heute nicht davon erzählt, dass mein Wolf sich verschanzt hat. Es war auch der einzige Grund, weshalb ich, seit ich mich wieder verwandeln durfte, kein einziges Mal in meiner Wolfsgestalt unterwegs war.

Reece's Wolf hätte versucht sich mit Fire zu unterhalten. Doch redete Fire nicht mehr. Er schwieg, war lieber ein einsamer Wolf und lebte zurückgedrängt.

Doch macht nicht nur dieser Punkt mir Angst. Es ist viel mehr die Tatsache, dass sich die Drohungen gegen mich immer weiter häuften. 

Mittlerweile hatte ein Polizist aus dem Rudel die DNA von den Briefen mit der von Lucas abgeglichen und es steht eindeutig fest, dass sie von Jackson stammen.

Lucas' DNA hat nur zum Teil gepasst, da sie sich aus der von Jackson und Reece zusammensetzt und Reece wäre ein Idiot, wäre er derjenige, der mir droht.

Ich weiß nicht, wie ich Riley, Reece, Lucas und Avery schützen kann, wenn Jackson seine Drohungen wahrmachen sollte.

Ich bin verunsichert, weiß nicht, wem ich noch vertrauen kann. Fynn und Jackson waren beste Freunde, bevor er 'starb' und damit konnte ich nicht mit ihm reden.

Ich weiß nicht, wie Reece reagieren wird, wenn ich ihm von meinen Sorgen erzähle. Immerhin waren Jackson und er einmal ein Paar, verheiratet und...sie sind es immer noch.

Reece ist also noch verheiratet, nicht verwitwet. Ich bin offiziell also nicht mehr, als eine einfache Affäre. Jemand, der ein Kind mit einem verheirateten Mann hat.

Und hinzu kam die Tatsache, dass Mum sich noch immer so aufführte, als sei sie der Vormund meiner Kinder.

Doch seit ich volljährig war besaß ich dies. Ich hatte die Entscheidungskraft darüber, was ich Riley zu tun erlaubte. Ganz allein ich und Reece eventuell auch, irgendwann einmal.

Wenn er sich scheiden lässt und Riley vielleicht irgendwann als sein Kind akzeptieren kann.

"JAMIE!", rufen mehrere Stimmen lautstark durch den Wald. Wolfsgeheul, Pfoten die auf den harten Boden voller Äste, Moos und Blättern eintrampelten, die vom Schnee bedeckt sind.

Werwölfe in ihrer menschlichen Gestalt. Ich spüre, wie Reece versucht den Link zu mir zu öffnen, aber ich halte ihn geschlossen. Mit gutem Grund, es ist sein Wolf, der versucht mich zu linken.

Ich will nicht reden, einfach mal allein sein und nachdenken. Doch damit scheint es vorbei zu sein, wenn man in einer Beziehung ist.

Vielleicht bin ich doch lieber Single, da hat niemand mit höherem Rang so viel Kontrolle über einen.

Ich bleibe einfach liegen, unter der alten Eiche. Der Schnee und mein weiß, graues Fell lassen mich beinahe verschwinden.

Ich gebe ein leises Knurren von mir, als sich mir eine Omega aus dem Rudel nähert. Sie ist in Begleitung eines Deltas, beide in ihrer Wolfsgestalt.

Ihre Wölfe sind beide pechschwarz. Die Omega hat nur wenige weiße Stellen, die allerdings zu Teilen auch ins Grau wechseln.

Sie bleiben stehen, die Omega wirkt abgelenkt, während der Delta sich schützend vor ihr aufbaut.

Ich habe kein Interesse sie anzugreifen. Ich will meine Ruhe haben, mehr nicht.

Desinteressiert lasse ich meine Schnauze im kalten Schnee versinken und schließe meine blauen Augen.

Es vergeht einiges an Zeit, bevor ich Reece's Duft rieche, genauso wie ich Lucas seinen wahrnehme. Und meinen Dad.

Mein Dad ist der einzige, der in meine Nähe kommt, ohne ein Knurren zu hören. Er lässt sich neben mich fallen, legt seine Schnauze auf meinem Kopf ab.

"Ist schon gut, Jamie. Fire geht es gut.", höre ich ihn sanft reden, spüre wie er über mein Ohr leckt, was mich als Welpe immer ungemein sehr beruhigt hatte.

Dad versteht mich ohne Worte, da er genau weiß, welcher Tag sich bald nähert. Es ist der Tag der Vergewaltigung, der letzte Tag, an dem Fire und ich miteinander redeten.

"Ich wollte bloß allein sein und nachdenken.", erkläre ich ihm über unseren Link. Mein Dad brummt verstehend.

"Jeder braucht einmal Zeit für sich. Nur solltest du Reece demnächst erklären, wohin du gehst und weshalb. Er war außer sich vor sorge, Junge." Ich fiepse leise, als eine Art zustimmung.

"Tut mir leid, Dad. Wird nicht wieder vorkommen. Versprochen." Ich knurre vor Schmerz, als mich etwas Spitzes trifft.

Langsam verschwimmt mein Blickfang, mein Körper wird so leer, schwach und ich höre laute Stimmen. Dann wird alles schwarz.

Ich fühle nurnoch, wie mich jemand hochhebt und auf etwas Weichem ablegt, nach einem langen Fußmarsch.

Etwas wird über meinem Körper abgelegt, dann fühle ich eine warme Hand, die sanft durch mein dichtes Fell streift.

Ich versinke in einem tiefen Schlaf, ohne wirklich zu wissen, woher diese plötzliche Müdigkeit stammt.

Beloved teacher [mxm|Werwolf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt