One minute before midnight

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Seit Monaten war die Challenge geplant, zusammen mit meinem besten Freund Kieran. Ein Schotte, den ich vor Jahren im Urlaub kennen gelernt hatte. Seither hatten wir uns sehr gut verstanden. Jetzt war Halloween und die Challenge oder eher Wette stand vor der Tür. Von dreiundzwanzig Uhr bis drei Uhr nachts in einer verlassenen Psychiatrie zu überleben. An sich war es leicht. Aber erstens, gab es Gerüchte von Geistern, zweitens waren übernatürliche Sachen ab drei Uhr nachts sehr aktiv und drittens war es kein Geheimnis, dass ab eine Minute vor Mitternacht, dass Tor der Hölle offen ist. Die Nacht dürfte also sehr amüsant werden. Ich freute mich, vor allem darauf, Kierans ängstliches Gesicht zu sehen. „Cara, das ist echt mies", brummte Kieran. Ich lachte auf und stieß die alte verrostete Tür auf. Ein lautes Knarren drang in meine Ohren. Schrecklich. Ein solches Quietschen konnte ich noch nie leiden. Langsam trat ich ein und knipste meine Taschenlampe an.

„Ich kann nicht fassen, dass wir das wirklich tun", flüsterte Kieran. Ich erwiderte nichts darauf. Er bekam von mir bloß einen genervten Blick über die Schulter. Kieran schlich langsam hinter mit her. Für seine vierundzwanzig Jahre war er wirklich ziemlich schreckhaft. Ich dagegen war das Gegenteil, daher ging ich auch vor und machte Licht. Langsam ein Fuß vor den anderes setzend, trat ich auf den Betonboden. „Hast du die Tür aufgelassen?", fragte ich flüsternd und ließ das Licht der Taschenlampe langsam umhergleiten. Steinbrocken und auch Krümel verzierten den Boden. Die Wände zeigten richtige Schäden. Beinahe, als hätten Patienten mit Gegenständen dort gegen geschlagen. Wir befanden uns in einer Art Lobby, vor uns erstreckte sich eine Wendeltreppe empor. Ein roter Teppich, der sich die Stufen empor rollte, war erkennbar. Allerdings wirkte das rot mehr blass als alles andere und war nur schwer erkennbar. An der Treppe vorbei müsste die Küche und der Essenssaal sein. „Na los ab in den Essensaal."

„Damit wir überrascht werden? Ich will erst nach oben."

Kopfschüttelnd wandte ich mich zu ihm um. Ich konnte nicht fassen, dass er so dumm war. Als Erstes nach oben zu gehen, wo alle Zellen der Patienten war. Zwar war es nur ein Gerücht, aber angeblich haben hier auch Serienkiller gelebt. Mit darunter einer namens Bloodhunter. Ich hatte keine Ahnung, wieso er diesen Namen hatte. Aber früher hatte mir dieser Name eine ziemliche Gänsehaut über den Rücken gejagt. Vor allem als Kieran es mir erzählt hatte. Dabei musste er seine ganze Kindheit damit leben. Immerhin stand diese Psychiatrie in Glasgow, dort wo er sein Leben lang lebte.

„Gut... dann erst hoch. Aber du bis Schuld, wenn wir Bloodhunter begegnen."

„Der ist tot und Geister gibt es nicht, oder?", fragte er. So ganz überzeugend klang er dabei nicht, aber als meine beste Freundin, war es doch irgendwie mein Job dem zuzustimmen und ihn zu beruhigen. Daher nickte ich bloß und griff nach seiner Hand. Langsam ging ich die Stufen hinauf. Schritt für Schritt. Dabei achtete ich eher auf den Flur oben und weniger auf die Treppen. Auf einmal spürte ich ein Ziehen an meiner Hand und warf einen genervten Blick nach hinten. „Was?!"

„Willst du runterfallen?", fragte Kieran unschuldig und zeigte auf die Stufe vor mir. Ich verstand nichts, aber als ich nach vorne schaute, ging mir ein Licht auf. Hier fehlte doch tatsächlich eine Stufe. Wie das ging, wusste ich nicht, aber sie fehlte und das war merkwürdig. Ich schluckte und machte schließlich einen großen Schritt, während ich die Daumen drückte, dass die Treppe unter meinem Gewicht nicht zusammen brach. Kieran folgte.

Erst als wir oben waren, atmete ich tief durch und war erleichtert. Wir waren oben und lebten noch. In einer verlassenen Psychiatrie war das doch ein gutes Zeichen, oder? Der Schwarzhaarige stieß mich frech in die Seite. „Na los. Ich will unbedingt das Zimmer von Bloodhunter sehen."

Bloodhunter? Er? Ich ließ seine Hand los und drehte mich verwirrt zu ihm um. Diese Wortwahl klang so gar nicht nach Kieran und in diesem Umfeld machte es mir sogar ein wenig Angst. Ganz zu schweigen von seinem breitem, frechem Grinsen, wo er doch eben noch so ne Angst hatte.

„Wer bist du? Und was hast du mit meinem bestem Freund gemacht?", scherzte ich, grinste aber.

Still musterte er mich, seine Mundwinkel zogen sich noch höher, so hoch, dass es unnatürlich wirkte, ich schluckte und einen Schritt zurückwich. Sicher war sicher.

„Die Minute vor Mitternacht, C", murmelte er und lachte auf. Es klang so düster und beinahe dämonisch. Normalerweise hatte er ein helles Lachen und musste sich immer irgendwo anlehnen. Diesmal aber nicht.

„Wer in der Minute vor Mitternacht die leere Stufe zwischen acht und zehn übergrenzt öffnet das Höllentor."

„Kieran, dass ist nicht mehr witzig. Ehrlich, lass den Scheiß", zischte ich ihm leise entgegen. Jedoch schüttelte er bloß lächelnd seinen Kopf. „Tyler", murmelte er heiser. „Nur für den Fall, dass du nach meinem Namen fragst."

Was? Ich blinzelte irritiert. Kieran, Tyler... Wer auch immer. Für mich gab es nur die einzig logische Erklärung dafür, die ich aus supernatural abgeschaut hatte. Seltsames Verhalten, anderer Name. Laut Dean Winchester wäre mein Kieran besessen. Inzwischen glaubte ich das auch, weswegen ich mich an ihm vorgedrängte und nur noch hier raus wollte. Kieran war nicht der Typ für solche Streiche, er war ein echter Angsthase, das passte einfach nicht zusammen. Schritt für Schritt ging ich wieder hinunter. Langsam, obwohl ich am liebsten rennen würde. Aber ich wollte Kieran, Tyler nicht aufscheuchen.

Plötzlich griff etwas nach meinem Arm und ich krachte auf die Stufen. Mein Rücken schmerzte und auch war ein stechender Schmerz in meinem Knöchel. „Was soll das?! Lass mich doch gehen", zischte ich ihm wütend entgegen und starrte ängstlich in das Gesicht von Kieran, welches so verzerrt war, dass nichts mehr von den kindlichen, liebevollen Gesichtszügen erkennbar war. Er sagte nichts. Aber er half mir auch nicht wieder auf die Beine, sondern zog mich über die harten Kanten und den harten Boden. Ich war mir sicher, wenn ich das hier überlebte, dann hatte ich einen roten Rücken, einen ausgekugelten Arm und einen gebrochenen Fuß. „Lass mich", kreischte ich auf und versuchte, mich loszureißen. Ich wollte nur noch hier weg, meinen besten Freund wieder und nie wieder in die Nähe der Psychiatrie.

An meiner Hand spürte ich, dass er verharrte und schluckte. Dann aber fuhr er erbarmungslos fort, bis die Tür unten laut aufgestoßen wurde. Kieran hatte diese doch vorhin aufgelassen. Offenbar spuckte es hier doch. „Hilfe", schrie ich. Gerade rechtzeitig kamen zwei uniformierte Männer die Treppe raus mit Taschenlampen und Waffen in der Hand.

„Jedes Jahr dasselbe", grummelte der Glatzköpfige. „Unbefugtes Eindringen, du", sagte er an mich gerichtet, dann wandte er sich an Kieran, Tyler. „Und du. Lass das Mädchen los!"

Keine Reaktion. Ich zappelte, aber Kieran, Tyler verstärkte bloß seinen Griff und zog mich weiter. „Ich töte sie", drohte er und hatte mich innerhalb einer Sekunde auf die Beine gezogen. Schief und auf einem Bein hielt er mich vor sich, als Schutz. Plötzlich knallte es. Ich verstand gar nichts, als ich auf den Boden fiel und Kieran, Tyler schmerzhaft aufkeuchte. „Was habt ihr getan?! Er ist mein bester Freund!"

„Du solltest deine Freundschaften mal überdenken", sagte der eine locker und half mir auf die Beine. Während der Andere Kieran, Tyler Handschellen anlegte. „Du kommst mit aufs Revier. Und dein bester Freund wird sich für Entführung, unbefugtes Eindringen und Körperverletzung verantworten müssen. Kommen bestimmt fünf Jahre zusammen", murmelte er gelangweilt und dann führte er uns hinaus.

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