ich liebe dich

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Es war Abend. Ich dachte an Stuttgart. Das kam nicht oft vor und ich verabscheute eigentlich auch jeglichen Gedanken daran, aber heute wollte mir eine Sache nicht mehr aus dem Kopf gehen. Und zwar die Sache mit dem Schminken. Mama hatte mich ja mal geschminkt und sagte mir dann, dass das Markus sicher gefallen würde. Mein erster Gedanke war, dass das doch alles Quatsch sei. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto unsicherer wurde ich. Vielleicht würde es Markus ja gefallen, wenn ich mich schminken würde. Vielleicht hätte er gerne eine etwas 'weiblichere' Freundin, anstatt mich. Ich meine, ich war ein wilder Kerl. Und das bedeutete, dass ich kein mädchenhaftes Mädchen war. Was ist, wenn sich Markus eigentlich sogar für mich schämte?

Verdammt, das würde er mir doch sagen. Trotzdem wollte ich auf Nummer sicher gehen.

Ich ging zu Raban und Joschka.

«Sagt mal, habt ihr irgendwas Schwarzes und Rotes, mit was man färben kann?», fragte ich sie.

«Für was willst du das denn?», fragte Joschka grinsend. «Willst du dir deine Kleider färben?»

«Das funktioniert nicht bei schwarzen Kleidern», sagte Raban ebenfalls grinsend.

«Nein, das nicht. Aber habt ihr oder nicht?»

«Warte mal.» Raban verschwand im Essenszelt und kam mit einem schwarzen und roten Filzstift heraus.

«Danke», sagte ich knapp, schnappte mir die Filzstifte und ging wieder.

Ich ging zu meinem Motorrad und nahm es etwas weiter in den Wald hinein. Es mussten ja nicht gleich alle sehen, was ich vorhatte. Das Cross brauchte ich wegen dem Rückspiegel, damit ich sah, was ich genau tat. Ich kniete mich so hin, dass ich mich gut durch den Rückspiegel sah. Dann zückte ich den schwarzen Stift und zog erstmals vorsichtig eine Linie über meinen Augen. Es sah grauenhaft aus. Ich zitterte ein wenig und so war die Spur nicht gerade. Aber es wurde von mir ja auch nicht verlangt, dass ich mich selbst schminken konnte, oder?

Dann nahm ich mir den roten Filzstift und zog damit meine Lippen nach. Das gelang mir schon ein wenig besser, aber es war ja auch nicht so schwierig wie bei den Augen.

'Verdammt, was ist, wenn ich das ganze Zeugs nicht mehr von mir runter bringe?', schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Egal, war ja eh schon zu spät. Ich band mir noch meine Haare mit einem Stück Stoff zusammen. Dann lief ich wieder zu unserem Camp zurück. Hinter den Bäumen schlich ich mich vorsichtig, so dass mich ja niemand sah, zu Markus, welcher gerade bei seinem Motorrad die Taschen nach etwas durchsuchte. Zu meinem Glück war niemand in der Nähe.

«Markus?», fragte ich also leise. Markus hob den Kopf und schaute um sich herum.

«Sam?», fragte er nach.

«Hier bin ich. Kommst du kurz?», fragte ich. Markus schaute in meine Richtung und kam dann auf mich zugelaufen. Ich war nervös. Was würde er sagen? Wie würde er reagieren? Ich atmete tief durch. Als Markus freie Sicht auf mich hatte, blieb er schockiert stehen.

«Sam?», fragte er und kam noch etwas weiter auf mich zu. Etwa drei Meter vor mir bleib er stehen. «Was... Also, ich meine...»

«Mama hat mich mal geschminkt in Stuttgart und meinte, es würde dir gefallen», sagte ich nur und schaute auf den Boden. «Und ich dachte, wenn das so ist, und du eigentlich gar keinen Wilden Kerl, der die ganze Zeit nur schwarze Kleider trägt und sich überhaupt nicht mädchenhaft benimmt, als Freundin haben willst... Naja... Dann sollte ich mich vielleicht mädchenhafter benehmen.»

Ich hob den Blick ein wenig. Markus starrte mich immer noch an.

«Ich will nicht, dass du dich wegen mir schämst oder so. Nur weil ich es hasse, wie manche Mädchen sich aufführen und ich mich selbst überhaupt nicht mädchenhaft benehme. Ich will nicht, dass du das eigentlich doof findest und lieber eine mädchenhafte Freundin willst», sagte ich und merkte, wie mir Tränen in die Augen liefen.

Nun setzte sich Markus in Bewegung, kam schnellen Schrittes auf mich zu und schloss mich in seine Arme.

«Mann Sam, das will ich doch gar nicht», sagte er. «Mir ist es doch egal, was andere über uns als Paar denken. Du bist mir nicht peinlich. Wie kommst du nur darauf? Ich will nicht, dass du dich extra wegen mir verändern musst. Das einzige, was ich will, bist du. Du als Person.» Markus löste sich ein wenig von mir und schaute mich an. «Weisst du, ich finde, du bist wunderschön. Da braucht es keine Schminke, keine Schönheitsoperation, gar nichts. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, frage ich mich, wie ich dich überhaupt verdient habe. Du bist in meinen Augen einfach das schönste, süsseste und wundervollste Mädchen der Welt.»

Markus strich mit seinen Daumen die Tränen, die immer mehr geworden waren, von meinen Wagen.

«Ich liebe dich, so wie du bist. Ich liebe die Sam, die mich immer aufheitert, wenn ich traurig bin, Die immer für mich da ist. Die mich mit ihren Sprüchen schon oft beinahe sprachlos gemacht hat. Die sich jeden Abend an mich kuschelt. Ich liebe meine Freundin. Und das bist du, ob's dir gefällt oder nicht.» Markus lächelte mich sanft an. Ich lächelte zurück, schlang meine Arme um ihn und schmiegte mich an ihn.

«Danke», nuschelte ich.

«Für meine Prinzessin doch immer», sagte Markus leise. «Und ausserdem hab ich nur die Wahrheit gesagt.»

«Ich liebe dich.»

«Ich liebe dich auch. Und dafür leg ich meine beiden Beine ins Feuer.»

"Meine Beine, meine Seele und mein ganzes Herz. Das Herz welches eh schon dir gehört.", sagte ich und grinste Markus an. Markus grinste zurück und zog mich nochmal in seine Arme.

Die Wilden Kerle, die Könige der HöhlenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt