87. Türchen 5: Philipp x Haberer

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Still schweigend beobachtete er wie sich die Tropfen von dem Halm lösten und der Flüssigkeit zustießen. Es geschah im Sekunden Takt. Mit jeder Sekunde floss noch ein Tropfen in den Beutel. Er wusste es. Er hatte es gezählt.

Die Beine an seinen Körper gewinkelt hockte er auf dem unbequemen Stuhl, die Hände um die Beine geklammert und den Kopf auf den Knien abgelegt. Er beobachtete die Tropfen.  Mit einem müden, leerem Blick wanderte er mit seinen Augen herunter.

Dort lag er. Weiß wie Kreide, an unzählige Geräte angeschlossen und einen Tubus im Mund. Die Wunden waren mittlerweile verheilt. Erinnerte er doch gar nicht mehr an ein Lebewesen, ähnelte er mehr einer Maschine. Der Jüngere beobachtete wie sich die Brust seines Freundes gleich mäßig beim Atem erhob, wusste er doch, dass dies dem Tubus zu verdanken war. Alleine würde Mili nicht atmen können, dass hatte ihm der zuständige Arzt mitgeteilt.

Doch war es trotzdem eines der wenigen Zeichen von Leben in dessen Körper, eines der wenigen Zeichen, welches bewies, dass sie logen. Sie, die ganze Welt.

Seit Monaten schon versuchten sie Janik einzureden mit Maximilian abzuschließen, neu anzufangen, ihn zu vergessen. Ihm zu verdeutlichen, dass sich der Fußballer schon längst aus der Welt der lebenden zurück gezogen hatte, sich verabschiedet hatte. Er dies nun auch tun sollte.

Doch schenkte der Deutsche dem keinen Glauben, wie konnte er auch? Mili war stark, hatte so vieles geschafft, so vieles wobei andere zusammen gebrochen wären. So würde er auch dies schaffen. Der festen Überzeugung war Janik.

Sein Partner bräuchte nur etwas Genesungszeit, deshalb lag er im künstlichen Koma. Er bräuchte nur Zeit, Zeit zum genesen. Er würde aufwachen, ganz bald.

Oftmals hatte sich der Verbliebene diese Worte vor Augen geführt, dem Blinden und auch sich selbst Mut zugesprochen, Hoffnung, doch mit den Monaten verblassten die Worte. Immer mehr schenkte er seinen Glauben an die Meinung der Jungs.

Doch dann sah er den Monitor, der die Herzfrequenz anzeigte, ganz gleichmäßig und dann wagte er wieder zu Gauben, an eine gemeinsame Zukunft. Und dann, dann verabschiedete er sich nicht, sondern sagte ,Hallo'.

Seit geschlagenen sechs Monaten führte er schon diese Prozedur, hatte es letztes Jahr im November begonnen.

Die Straßen waren nass, zu viel hatte es in den vergangenen Tagen geregnet. Die Medien warnten vor Rutschgeschwindigkeit, doch hatte es Mili damals eilig gehabt. Zu einem Mannschaftsabend war er gerufen worden. War deutlich über dem Grenzwert über die Bahn gerast und damit sämtliche Autos zu dieser frühen Stunde überholt, war von der linken Spur in die rechte und andersrum.  Doch dann geschah es, ein Lastwagen fuhr vor ihm auf die Straße, Maximilian zog, gerade noch rechtzeitig, die Notbremse, geriet dadurch ins Schleudern und krachte gegen die Leitplanke. Er war sofort am Unfallsort ohnmächtig geworden, hatte der Airback doch seinen Geist aufgegeben.

Janik, zu diesem Zeitpunkt in Freiburg war., hatte einen hysterischen Anruf von Marco entgegen genommen, die ihm vom Geschehen berichtete. War er doch anfangs erleichtert, als man ihm bei der Ankunft von einem lebenden Max erzählte. Doch seither waren auch schon runde sechs Monate vergangen und Max verblasste immer mehr und mehr.

In Gedanken versunken bemerkte der Fußballer gar nicht wie sich die Tür langsam öffnete und die Seele des Hauses das Zimmer betrat. Es war Schwester Rose oder Rosie wie sie alle nannten, sie hatte schon einige Jahre hinter sich und Erfahrung, war sie es doch, die Janik immer wieder Mut zusprach, sie doch die noch an ein Leben mit Max zu glauben vermochte. Sie war die stützende Hand für einen zerbrochenen Menschen, wie Janik es doch einer nun einmal war.

,,Hat sich etwas getan?", fragte sie sogleich mit  sanfter Stimme und überprüfte die angeschlossenen Geräte, der Fußballer schreckte sogleich auf, doch schüttelte niedergeschlagen den Kopf.

,,Nichts", nuschelte er in seinen warmen Pulli und wendete sich zur Schwester. Ein leises murmeln entzog er ihr, bevor sie den Tubus überprüfte: ,, Er braucht einfach nur Zeit!"

,,Zeit, er braucht immer nur Zeit, seine Zeit ist langsam aufgebraucht!", erhob der Mittelfeldspieler die Stimme, machte es ihn doch wütend, dass Mili so viel Genesungszeit brauchte, so egoistisch war und ihn alleine zurück ließ.  Wütend sprang er von seinem Sessel auf und machte eine unüberlegte Handlung, dessen Folgen er noch zu spüren bekommen würde.

Im Bann des Zorns griff er mit beiden Händen an den Schultern des Patienten und rüttelte an ihm, als würde es kein Morgen mehr geben. Dabei blendete er die schreienden Rufe der Krankenschwester völlig aus, er war nicht mehr Herr seiner selbst.

Erst der feste Griff eines Arztes der ihn ruckartig von Max löste ihn aus seinem Bann, doch da war es schon zu spät. Schrill ertönte der Notfallalarm, der einen Herzstillstand signalisierte.

Sofort wurde Janik durch die Schwester aus dem Zimmer geschleust und er da, erst da begann er zu verstehen, zu verstehen was er gerade getan hatte.

,,MAX!!!!!!!", schrie er mit einem weinerlichen Ton und machte sich schon daran dieses verfluchte Zimmer zu stürmen, doch Rose hinderte ihn, mit festen Griffen hielt sie den weinend schreienden Fußballer zurück. Versuchte auf ihn einzureden, mit beruhigenden Worten, doch vergeblich, denn er, er wollte bloß zu Mili, zu seinem Mili.

;,Max!, lassen sie mich, ich will zu Max!", schniefte der Fußballer, bevor sich die Kraft aus seinen Beinen verabschiedete, zerbrochen sackte er zusammen, knickte ein und fiel auf den Boden. Schluchzend kniete er sich hin und legte seinen Kopf in die Hände seines gleichen, immer wieder verließ eben geschriener Name seine Lippen. auf der Zunge schmeckte er schon den salzigen Geschmack von Tränen, die ihm in heißen Strömen über die Wangen liefen.

Und plötzlich spielte sich alles wie ein Schauspiel vor seinen Augen ab, hektisch eilten Ärzte ins Krankenzimmer, lautes Gerufe und verschiedenste Stimmen waren im Raum zu hören, hektische Stimmen. Manch eine eilte hinaus und kam sogleich wieder, manch einer verschwand für immer, manch einer kam überhaupt nicht raus.

Auf einmal wurde es ganz Still, Totenstill! Janik wagte es erst gar nicht einen Atemzug zu nehmen, zu groß war die Angst vor der Ursache der Stille.

Zwei Ärzte traten aus dem Zimmer, in weißem Klischeehaften Kittel schritten sie auf zusammen gebrochenen zu. Sie schienen ermüdet, gehetzt, gestresst.

,,Sind sie Janik Harberer?", fragte der Größere der beiden.

Mit wackligen Beinen erhob sich gefragte Person vom Boden und stütze sich an der breiten Schulter von Rosie, bevor er ängstlich nickte. Was würde nun kommen? Eine Todesnachricht? würde er nun die Leiche identifizieren müssen?

,,Ihr Partner hatte gerade einen Herzstillstand, wir mussten ihn wiederbeleben, es hat erst nicht geklappt...", ohne den Kleineren aussprechen zulassen schnappte Janik nach Luft. Sie hatten es nicht geschafft?

,,Is..ist....Tod?", stammelte eben genannter und blickte mit wässrigen Augen in die seines Gegenübers, welcher lächelnd den Kopf schüttelte.

,,Im Gegenteil, wir können es uns nicht erklären, allerdings hat der Herzstillstand ihn dazu veranlasst aufzuwachen. Er ist uns gerade eben auf dem Tisch aus dem Koma erwacht...", wieder konnte er den Satz nicht beenden, da war Janik schon in Richtung Zimmer. Sofort stieß er die Türe auf und stockte als er die offenen Augen von Maximilian erblickte. Ihm stiegen erneut die Tränen zu Augen, doch diesmal waren es Freudentränen. Er konnte es nicht glauben.

,,H..hey", flüsterte er leise.

,,Hi", flüsterte dieser mit müder heiserner Stimme.

A/N: Ich glaube dieses Couple würde sich am meisten gewünscht😂. Ich bin jz kein Fan, aber hoffe der OS ist trotzdem gut.
Kommis gern gesehen

Fußball One Shots (1) || boyxboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt