Ons 2

199 11 5
                                    

Als ich mich am Nachmittag aus meinem Zimmer traute, saßen die vier im Wohnzimmer auf der Couch und redeten. Ganz super. Ich vermied den Blick weitergehen zu allen und huschte in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Etwas musste ich mich strecken, um an den hohen Schrank ran zu kommen, doch ich schaffte es und befühlte das Glas mit Leitungswasser. Als ich mich umdrehte, stand plötzlich Stegi vor mir. Ich zuckte leicht zusammen und verschüttete etwas von dem Wasser. „ Verdammt erschreck mich doch nicht so!", meinte ich vorwurfsvoll, stellte mein Glas weg und wischte mir einen Küchentuch schnell das Wasser weg. Danach beförderte ich das Tuch in den Müll und wand mich Stegi zu. „ Ist es ernsthaft so schlimm Tobi?", wollte Stegi wissen und stellte sich mir demonstrativ in den Weg, als ich abhauen wollte. Was sollte das den jetzt? Ich wollte über gestern Abend nicht mehr sprechen. Es war schon peinlich genug, dass er überhaupt davon wusste. Warum musste sowas nur mir passieren. „ Ja ist es. Ich hab mit einem von Tims besten Freunden geschlafen, kann mich im Gegensatz zu ihm an nichts mehr erinnern und jetzt sitzt der Typ einen Raum weiter und unterhält sich wie die Ruhe selbst mit euch. Denkst du nicht, dass das eventuell komisch ist?!", kam es genervt von mir und ich quetschte mich an Stegi vorbei. Nur um dann zu sehen, dass Tim um die Ecke stand und wohl gerade auf dem Weg in die Küche war, sprich er alles mitgehört hatte. Zumindest konnte ich das seinem Gesichtsausdruck entnehmen. Schöne scheiße auch. „ Sag mir bitte, dass das ein Scherz war.", meinte Tim fassungslos und schaute mir in die Augen. Mir kamen die ersten Tränen und ich senkte den Blick. Krampfhaft versuchte ich es zu unterdrücken, doch es dauerte nicht lange, bis meine Lippe anfing zu zittern und ein lautes Schluchzen über diese glitt. „ Ok wow. Zwei meiner besten Freunde treiben es miteinander. Will mir sonst noch wer was sagen?", wollte Tim gekränkt wissen. Ohne ihn noch mal an zu sehen, rannte ich in mein Zimmer und schloss mich darin ein. Schluchzend rutschte ich mit dem Rücken an der Tür nach unten. Die Beine angezogen, die Arme fest darum geschlungen und den Kopf dort abgelehnt ließ ich meinen Tränen freien lauf. Mein ganzer Körper bebte vor schluchzen. Wäre ich doch nur gestern Abend hier geblieben, oder zumindest mit Stegi mit, dann wäre das alles jetzt nicht passiert. Wenn es ganz schlecht lief, hatte ich mir damit die Freundschaft zu Tim und wahrscheinlich auch Stegi zerstört. Dieser würde, wenn's hart auf hart kam zu Tim halten, einfach weil sich die beiden viel länger kannten und sich auch näher standen. Ich hasste mich gerade selbst so sehr. Wieso musste ich mir das jetzt wieder durch so ne dumme Aktion kaputt machen? Zumal ich ja nicht mal mehr wusste, wie ich überhaupt in diese Situation gekommen war. Aber mittlerweile war mir das auch egal. Ich wusste nicht, wie lang ich hier saß und heulte, aber irgendwann klopfte es zaghaft an der Tür. „ Tobi machst du bitte auf, ich würde gerne mit dir reden.", bat jemand vorsichtig. Und nicht irgendjemand, sondern Tim. Mir stiegen noch mehr Tränen hoch und ich gab mir weinerlicher Stimme ein:„ Ich weiß auch so, dass ich alles kaputt gemacht hab.", zurück und zog leicht die Nase hoch. „ Nein hast du nicht. Es tut mir leid, dass ich so feindselig reagiert hab. Du konntest gar nicht wissen, dass Rafi mein Freund ist. Allein die Chance ist super gering. Aber du musst mich auch verstehen. Ihr seid zwei meiner besten Freund, es ist irgendwie komisch zu wissen, dass ihr gestern zusammen im Bett gelandet seid. Ich werde schon damit klar kommen. Brauchst du ne Umarmung?" Oh mein Gott war das süß. Langsam erhob ich mich, wischte mir noch mal über die Augen und schloss dann die Tür auf. Ohne große Umschweife nahm Tim mich in den Arm und auch ich schloss nach kurzem Zögern meine Arme um seinen Körper. Sanft strich Tim mir über den Rücken „ Nicht weinen, es ist alles gut. Irgendwo bin ich auch froh, dass ihr zusammen im Bett gelandet seid, und nicht er und jemand wild fremdes.", munterte Tim mich auf und drückte mich noch einmal ganz fest an sich, bevor er sich von mir löste. Vorsichtig wischte er mir über die Augen und beseitigte somit die letzten Tränen. Ich konnte nicht anders, als anzufangen zu lächeln. Mir viel so ein riesiger Stein vom Herzen. Ich war unendlich froh, dass er es mir nicht übel nahm. „ Am besten sprichst du dich jetzt noch mit Veni aus. Ihr wirkt distanziert und ein wenig verkrampft. Es wäre schön, wenn ihr euch auch gut verstehen würdet.", kam es ruhig von Tim und er klopfte mir noch mal aufmunternd auf die Schulter, bevor er in der Küche verschwand. Auf der Couch saß jetzt nur noch Rafael. Ich fasste mir ans Herz und sprach ihn an. „ Können wir noch mal reden, über gestern?", fragte ich zögerlich. Sofort hob er seinen Blick, sah mir einige Sekunden in die Augen und nickte dann. „ Können wir eventuell?" Ich brauchte nicht weiter zu sprechen, er verstand sofort, was ich meinte und stand auf. Wir setzten uns in meinem Zimmer aufs Bett. Unsicher schaute ich im Raum hin und her, vermied seinen Blick. Zwischen uns herrschte total die angespannte Atmosphäre. „ Ich gehe richtig in der Annahme, dass du wissen willst, was gestern passiert ist?", fing er an und ich nickte zaghaft. „ Meine Erinnerung steigt aus, wo du mich draußen angequatscht hattest. Und selbst da ist es schon schwammig. Du kannst so viele Details verwenden, an die du dich noch erinnern kannst." Auch wenn mir äußerst unwohl bei dem Gedanken war, ich wollte diese Gedächtnislücke füllen. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mich belügen würde. „ Also..."
Flashback
Stegi hatte es tatsächlich mal wieder geschafft, dass ich mitkommen musste. Na gut er hatte mich mitgeschleiften. Deswegen stand ich auch jetzt vor diesem Club. Wir waren ja gerade erst angekommen und könnten morgen noch alles machen, was wir geplant hatten. So Bastis Worte. Nachdem ich da immer noch nein gesagt hatte, kam dann Stegi. Ich war eigentlich nicht so der Mensch der gerne feiern ging. Nicht gerne war noch untertrieben. Ich hasste es. Meist war ich eher zurückgezogen, konnte nicht wirklich Spaß haben. Verkrampft war ich nicht unbedingt. Ich konnte mich in so einer großen Menge an Menschen einfach nicht zum Affen machen und so ausgelassen sein. Mir ging da zu viel durch den Kopf. Im kleinen Kreis war das dann anders. Gerade wenn alle schon ein bisschen was intus hatten, konnte ich mich auch langsam locker machen. Es war ok, ich zog mich meistens schon vorher bei solchen Events zurück und gut war. Ich brauchte sowas nicht unbedingt. Und verpassen tat ich auch nicht wirklich was. Wenn Stegi mich dann mal mit schliff, sowie auch gerade, blieb er meist auch nüchtern und machte eher auf ruhig. Ein wenig aus Solidarität, größtenteils aber, weil er selbst kaum trank. Ich fand es ganz nett. Manchmal wünschte ich mir wirklich, ich könnte mehr vertragen und mich noch im angemessenen Rahmen betrinken, um das aus zu halten. Die Musik dröhnte viel zu laut in meinen Ohren- gut war sie auch nicht- und es stank stark nach Alkohol, Rauch und Schweiß. Das ertrug man glaub nur mit nem hohen Alkoholpegel. Problem nur, dass ich nicht sonderlich viel vertrug. Und ich meinte wirklich wenig. Mir hatten zwei Shots Tequila gerecht, damit ich mich kaum noch an den Abend erinnern konnte. Der Grad zwischen betrunken genug, um es angenehm zu finden und total besoffen war da ziemlich schmal. Zwar hatte ich es noch nicht geschafft- abgesehen von diesem einen und ersten Mal-, mich so stark zu betrinken, dass ich am Morgen verkatert, oder mit Blackout aufgewacht war. Aber man hatte bei mir nach einem Mittelstark alkoholischen Drink sofort gemerkt, dass ich komisch wurde und nicht mehr ganz so schüchtern war. Damals hatte Basti mich gestoppt und nach Hause gebracht. Naja ich hatte selbst gesagt, ich krieg nichts mehr runter. Zumindest hatte er mir das am nächsten morgen gesagt und wage konnte ich mich selbst noch daran erinnern. Seitdem hatte ich nie mehr als was leicht alkoholisches getrunken. Mit der Zeit hatte ich auch gelernt, wie viel ich von was trinken konnte, ohne in diesen betrunkenen Zustand zu kommen. „ So du kommst erstmal mit Tobi. Sonst Ertrag ich dich den Abend nicht.", meinte Stegi und zog mich, ohne das ich protestieren konnte von der Couch auf der ich eben noch so friedlich gesessen hatte hoch und zur Bar. Eigentlich hatte ich keine Lust auf Alkohol, aber es war hier total unerträglich. Also wenigstens was mit ein bisschen Alkohol. „ Fruchtcocktail oder Bier?", fragte Stegi und warf mir einen kurzen Blick zu. Er lächelte, versuchte mich damit wohl auf zu muntern. Weder noch, aber sonst ertrug ich den Abend wahrscheinlich nicht. Auch wenn Stegi versuchen würde mich bei Laune zu halten. „ Frucht, aber schau bitte, dass die mir da nix mit all zu viel Alkohol rein kippen. Sonst haut's mich heut noch um." Ich hasste es so sehr, so penibel darauf achten zu müssen, was ein weiterer Grund war, warum ich nie mitging. Dann machte es auch kein Spaß mehr. Konnte ich nur hoffen, dass Stegi mich hier nicht alleine ließ. „ Keine sorge, mittlerweile weiß ich, wie viel du verträgst. Entschuldigung könnte ich bitte zwei Shots mit Tequila haben, ne Flasche Wasser, n Osaft und einen Fruchtcocktail mit sehr wenig niedrig prozentigen Alkohol.", bestellte Stegi. Ich war froh, dass er bestellte, da ich mich damit wenig bis gar nicht auskannte. Mit dem Standard kannte ich mich schon noch aus, dann war es aber auch schon vorbei. „ Was ist wenig?", wollte der Barkeeper wissen und schaute fragend zwischen uns beiden hin und her. Als wolle er herausfinden, mit wem er hier ausdiskutieren musste, wie viel den nun. „ Nicht mehr als ein Shotglas von egal was.", erwiderte ich daher sofort. Man kam sich dabei wirklich total dumm vor. Hey ich geh in nen Club trink was, vertrag aber fast nichts. Können sie mir da was zusammen mischen. Klang total bescheuert. Ein weiterer Grund, warum ich nicht trank. Im Normalfall. „ Gut ich werd dir schon was halbwegs alkoholfreies basteln. Du sollst ja auch ein bisschen Spaß haben.", meinte der Barkeeper und kippte in zwei kleine Shotgläser Tequila rein und steckte noch eine angeschnittene Limettenscheibe an den Rand. Dann nahm er zwei Longdrinkgläser zur Hand und füllte etwas Eis hinein. In eines kippte er nur zu einem Viertel O-Saft rein, das andere füllte er voll. Ich beobachtete genau, was der Mann hinter der Bar tat, damit er mir nicht doch noch was rein mischte. Doch er zeigte mir jede einzelne Flasche- was eigentlich hauptsächlich Säfte waren- und auch wie viel Alkohol er rein kippte- ich meine, dass es Prosecco oder sowas in der Art war.- Fragend schaute er dabei in unsere Richtung und ich nickte sofort. Das war vollkommen ok. Es war ja auch nicht all zu viel. Maximal ein Shotglas, mit dem er auch abgemessen hatte. Zum Schluss steckte er noch einen Strohhalm rein. Als er fertig war bezahlte Stegi und schob mir sein Glas und meinen Cocktail hin. Stegi nahm den Rest und wir bahnten uns einen Weg durch die Menge zurück zu den anderen, die sich scheinbar unterhielten. Der blonde stellte den beiden jeweils ein Glas vor die Nase und setzte sich dann neben mich. „ Vielen dank Stegi.", erwiderten die beiden aus einem Mund. Das würde ein heiterer Abend werden. Zur Not konnte ich mir immer noch nen Schlüssel geben lassen und nach Hause gehen. Irgendwie würde ich den Abend schon überleben. „ Gerne doch. Trinken wir auf drei?", fragte Stegi an uns gewandt. Der Rest gab einen zustimmenden Laut von sich, daher nickte ich auch. Wir stießen alle an und die zwei kippten ihren Shot runter. Ich nippte nur vorsichtig an meinem Getränk. Es schmeckte nicht schlecht und den Alkohol schmeckte ich gar nicht. Aber mir verging jetzt schon die Lust daran. Auch wenn's eigentlich fast nur Saft war. Ich setzte das Glas wieder ab und schob es ein wenig von mir weg. Fragend sah Stegi mich an. Nach dem Motto schmeckt es dir nicht. Unbedeutend zuckte ich mit den Schultern, woraufhin Stegi mein Glas zu sich zog und einen kleinen Schluck davon nahm. Schließlich wollte er nüchtern bleiben. „ Ach komm so schlecht schmeckt der nicht mal.", meinte Stegi und schob mir das Glas wieder zu. Der Auffassung war ich auch, aber ich war einfach nicht für sowas geschaffen. Auf meinem Bett mit meinem Laptop würde ich mich viel wohler fühlen. „ Das ist es nicht. Du weißt, dass ich kein Mensch für sowas bin.", giftete ich etwas zu launisch zurück. Mit mir konnte man echt nicht feiern gehen. Nächstes Mal blieb ich einfach gleich daheim. „ Komm schon, mach dich mal ein bisschen locker. Du kennst hier keinen und wir machen selbst genug Blödsinn. Wir kennen uns doch mittlerweile gut genug.", versuchte Basti mich davon zu überzeugen, dass das ganze doch ein cooler Abend werden würde. Abgewinnen konnte ich dem hier nur leider nichts. Hier drin war es eh viel zu stickig. Vielleicht würde frische Luft meine Laune ein bisschen heben. Was Basti gesagt hatte umging ich völlig und nahm noch einen großen Schluck aus meinem Glas, ehe ich mich erhob. „ Ich bin kurz an der frischenden Luft." Ohne eine Antwort ab zu warten, stand ich auf und quetschte mich an ein paar am Rand stehenden Menschen vorbei nach draußen. Erleichtert atmete ich durch, als die kalte klare Nachtluft in meine Lungen strömte. Meine Augen schlossen sich und ich lehnte mich ein Stück nach hinten an die Fassade des Hauses, einen Fuß daran abgestützt. Was fanden Leute nur daran? Sich betrinken zu wollen, oder irgendwen für eine Nacht aufreißen zu wollen. Ich verstand es nicht. Wahrscheinlich war ich einfach nur zu verklemmt. Mir war es aber egal, was die anderen dachten, schließlich musste ich mich auch wohlfühlen und das tat ich da drin einfach nicht. „ Hey alleine hier?", sprach mich jemand an, weshalb ich meine Augen öffnete. Vor mir stand ein Junge, mein Alter und vielleicht ein bisschen jünger. Braune, etwas längere Haare, hellbraune Augen und von der Statur her, etwas größer und breiter gebaut als ich. Er trug ein schlichtes schwarzes Shirt mit V-Ausschnitt und dazu eine blaue Jeans und schwarze Chucks. Schlecht sah er ja nicht aus. Aber ich ließ mich grundsätzlich nicht von Fremden einfach so anquatschen. Schon gar nicht in Clubs. Meist waren diese Leute doch eh nur hier um sich entweder zu betrinken, oder für ein one nights stand. Dafür war ich kein Typ. „ Nope mit Freunden.", erwiderte ich so desinteressiert wie möglich, um ihn möglichst schnell ab zu wimmeln. Ich fand diese plumpen Sprüche zum kotzen. Fehlte nur noch, dass er mir jetzt ein Kompliment macht. „ Magst du tanzen?", probierte er es weiter. Wir waren draußen und hatten hier nicht mal Musik. Wie wollte er da mit mir tanzen? Der Typ war echt komisch. Wie wurde ich den bloß los. Merkte der den nicht, dass ich kein Interesse hatte. „ Äh sorry, aber nein. Ich lass mich nicht gerne auf Fremde ein. Außerdem sollte ich eh mal meine Freunde suchen. Ich bin schon viel zu lange hier draußen.", versuchte ich noch mal ihn los zu werden und einfach zu gehen, doch er ließ mich nicht so schnell gehen. Hartnäckiger Typ, dass musste ich ihm lassen. „ Ok ich sehe schon, an dich kommt man nicht so leicht ran. Darf ich dir, wenn du deine Freunde gefunden hast dann wenigstens n Drink spendieren?", probierte er es weiter. Ich merkte wieder mal, wie fehlen am Platz ich hier doch war. Wie ging man mit sowas um, ohne unhöflich oder laut zu werden. Stegi hilf mir doch, du hast mich hier schließlich auch rein gebracht. Jetzt sieh zu, wie ich wieder rauskomme. „ Danke, aber ich trink nicht.", wank ich freundlich ab und ging wieder nach drinnen. Wenn ich erstmal bei meinen Freunden war, würde er sicher von mir ablassen. Andernfalls würden die drei schon dafür sorgen. „ Besonders leicht machst du's einem ja nicht. Du kriegst auch ne Cola, oder so. Such dir einfach was aus. Dafür bleibst du aber wenigstens ein paar Minuten da.", versuchte er es noch mal. Ich seufzte und gab nach. Sonst würde ich den Typen nie wieder los werden. Und das er so hartnäckig blieb, war ja auch ein Beweis dafür, dass er nicht einfach den erst besten aufreißen wollte. Er war ja schon ganz süß und der leichte Dialekt, machte ihn noch mal niedlicher. Auf einen Drink in Anführungsstrichen konnte ich mich ja mal einlassen. Man musste auch mal neues probieren, wenn ich eh schon hier war. „ Gut. Ne Cola. Aber wehe du mischst da irgendwas rein. Ich Vertrag nichts.", warnte ich ihn vor. Der Alkohol aus dem halben Cocktail reichte mir sowas von für den Abend. Mehr und ich hätte wahrscheinlich n Blackout, würde morgen mit Kater aufwachen und mich den ganzen Tag übergeben. Keine besonders tolle Aussicht. Das eine Mal hatte mir voll und ganz gereicht. „ Machen wir es doch ganz einfach. Du bestellst und ich zahl.", schlug er mir vor. Darauf ließ ich mich dann auch ein. So konnte er mir definitiv nichts unter mischen und der Barkeeper sicher auch nicht. Normal war ich ja echt niemand, der sich einfach so anquatschen ließ. Aber bei seiner charmanten Art konnte ich nicht viel machen. Und er war ja auch ganz nett. Ich ließ mich an die Bar führen und bestellte mir eine Cola. Tatsächlich zahlte er diese auch. „ So mein hübscher. Gehen wir wo hin, wo es ein wenig ruhiger ist und unterhalten uns ein wenig?" Auf sein Kompliment hin wurde ich knall rot und starrte auf den Boden. Damit konnte ich noch nie gut umgehen. Um erstmal nicht antworten zu müssen nahm ich einen Schluck von der Cola, die gleichzeitig kühlend auf mich wirkte. „ Kann nicht weg. Ich hab keinen Schlüssel und bin auf die anderen angewiesen. Wir können uns aber gerne an einen der Tische setzen. Da ist die Musik vielleicht auch ein wenig leiser.", bot ich an und deutete auf einen der Tische weiter hinten mit Sitzgarnitur, möglichst weit weg von den anderen. Die waren im Moment egal. So wohl würde ich mich da eh nicht fühlen. Sie waren einfach so viel lockerer, worum ich sie auch ein wenig beneidete. Wir setzten uns auf eine Couch nebeneinander, weil es doch noch sehr laut war und wir nicht über den Tisch schreien wollten. Meine Cola stellte ich vor mir auf den Tisch und sah ihn dann an. „ So darf ich fragen, wer mir meinen Drink spendiert?" Das ich ihn immer noch nicht nach seinem Namen gefragt hatte, wunderte mich. Wurde aller höchste Zeit das zu ändern. Wenn er schon so freundlich war und mir was spendierte. „ Rafael, aber Rafi reicht völlig.", stellte er sich vor. Schöner Name. „ Tobi.", gab ich knapp von mir, als er mich fragend ansah. Ich hatte mich ja auch nicht vorgestellt. Wahnsinn, wie schnell er mich aus dem Konzept gebracht hatte. Aber es war irgendwie schön und nicht so gezwungen. Es wirkte nicht wie eine Feier, mehr wie ein Treffen unter Freunden. In lauter Umgebung, ok ein bisschen merkte ich es immer noch. „ Was machst du eigentlich in nem Club, wenn du weder trinkst, noch versuchst wen kennen zu lernen?", fragte er berechtigter Weise nach. Eigentlich nichts, aber Stegi musste mir ja nen strich durch die Rechnung machen. Genauso gut könnte ich jetzt entspannt in der Badewanne liegen und den Urlaub genießen. Aber nein. Andererseits war ich froh, überhaupt hier zu sein und die drei mal wieder zu sehen. Ich hatte sie doch schon vermisst in meiner Auslandszeit. Auch wenn wir regelmäßig telefoniert, geskyped oder im Ts gechillt hatten. Es war nicht das selbe. „ Gewisse Freunde haben mich mit geschliffen.", antwortete ich ihm. Stegi war manchmal ein echter Sturkopf. „ Ah ja." „ Und weswegen bist du hier?", klaute ich einfach mal seine Frage, um das Gespräch am laufen zu halten. Interessieren tat es mich natürlich auch irgendwo. Sonst hätte ich mich allgemein nicht auf ihn eingelassen. „ Semesterferien genießen und abschalten. Hier trifft man ab und zu mal ganz nette Leute und auch ein paar Kumpels von mir." Stimmt hier waren ja auch Semesterferien. Sonst könnten wir Tims Kumpel ja gar nicht besuchen kommen, ohne das er ständig in der Uni hing. „ Was studierst du den so?" Bei ihm konnte ich mir gut was in Richtung Informatik vorstellen. Oder was, wo man viel mit Menschen zu tun hatte. „ Also zusammengefasst so alles was mit Computern, Webdesign zu tun hat." Lag ich ja mal gar nicht so weit entfernt mit meiner ersten Idee. Aber ich konnte Menschen schon immer ganz gut einschätzen. „ Klingt interessant. Und du?" Ja, das war jetzt ein bisschen schwierig. Den auch wenn ich zwanzig war, studierte ich noch nicht und machte auch keine Ausbildung oder etwas dergleichen. Bis jetzt war ich nur arbeiten in Minijobs, um mich über Wasser zu halten und zu reisen. Wirklich wissen, was ich studieren wollte, tat ich nämlich nicht. Das war auch das Ziel des ganzen. Herausfinden, was ich wollte. Nur war das schwerer, als gedacht. „ Weiß noch nicht so recht. Eigentlich wollte ich erst ein Auslandsjahr machen, aber das hat nicht geklappt und jetzt ist daraus so ein mix aus Work and Travel und daheim wohnen geworden. Danach weiß ich hoffentlich, was ich will." Mittlerweile hatte ich zumindest mal eine grobe Richtung und wusste, was ich definitiv nicht werden wollte. War ein Fortschritt zu Beginn dieser Reise. Ich hatte ja auch unglaublich viel Erfahrungen gesammelt, nicht nur im Bezug auf die Arbeitswelt. Langsam wollte ich aber auch mal wieder zurück nach Hause. Ein großer Stopp stand da aber noch an. Zum jetzigen Semester wäre es mir eh zu kurz. „ Klingt sehr interessant. Wo warst du den schon überall.", fragte er hoch interessiert. Puh das war ne schwere Frage. Ich hatte schon viel gesehen. Einzelne Städte in denen ich gearbeitete hatte, auf der Durchreise, oder wenn ich mal nen Trip wohin gemacht hatte. Das würde ich nicht mehr alles zusammen bekommen. „ Sehr viel in Deutschland, aber auch schon in England, Spanien, Japan und Island. Die Städte kann ich dir nicht alle aufzählen. In Island hat's mir besonders gefallen. Was noch ganz oben auf meiner Agenda steht ist Afrika. Danach wollte ich eigentlich anfangen zu studieren. Also nächstes Semester. Sind ja jetzt schon zwei Jahre." Zwei Jahre die extrem schnell um waren. Gefühlt war ich gerade erst los und jetzt war schon wieder alles fast vorbei. Aber ich konnte immer noch reisen, wenn ich groß war. Afrika wurde aber noch vor der Uni erledigt. Da wollte ich wirklich unbedingt noch hin. „ Muss bestimmt schön dort gewesen sein." Oh ja und wie. Ich merkte, dass er schon ein wenig neidisch auf mich war. Viele wollten nach der Schule direkt an die Uni anknüpfen. Aber hier draußen lernte man so viel mehr und man fand sich selbst. Wenn mich jemand fragen würde, ob ich das in einem anderen Leben noch mal genau so machen würde, wäre meine Antwort ja. Ich liebte es. „ Ist es auch.", schwärmte ich. Diese Idee mit Work and Travel gefiel mir anfangs ja nicht sonderlich, aber es war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich hatte so viele coole Orte gesehen und so viel Neues dazu gelernt. Diese Erfahrungen wollte ich nicht missen. Ich hatte einfach die unterschiedlichsten Menschen und Kulturen kennengelernt und auch viel von ihnen gelernt. Auf dieser Reise waren so unendlich viele schöne Fotos und Erinnerung er standen. Jedes Jahr zum Geburtstag hatte ich von meinen Eltern Speicherkarten für die Kamera bekommen, weil meine einfach ständig voll waren. Danach kamen wir irgendwie auf das Thema YouTube und so redeten und redeten wir einfach weiter.

Venation OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt