Eisblaue Augen

198 13 6
                                    

Zweiter Teil von Wer bist du?
Einige wenige Stunden später waren wir wieder daheim. Es war mitten in der Nacht und meine Familie war schon ins Bett gegangen. Nur ich war noch wach und ich kannte da zwei, die es sicher auch noch waren. Kaum war der Pc hochgefahren und der Ts geöffnet, sah ich schon, dass die beiden zusammen in nem Chatroom waren. Oder eher drei. Da keiner der beiden um diese Uhrzeit noch aufnahm, ging ich einfach auf den Ts. Sofort wurde ich von den beiden begrüßt. „ Der verlorene Junge ist aus dem Campingurlaub zurück. Erzähl wie war's.", wollte Stegi sofort wissen und schnitt damit den anderen beiden das Wort ab. Manchmal konnte der Typ echt ununterbrochen reden und das war doch sehr nervig. Trotz allem war Stegi einer meiner besten Freunde. Die beiden waren echt ok und ich war froh, sie so lange zu kennen. Mit den beiden verbrachte ich fast jeden Tag mehrere Stunden. Sie waren aus meinem Alltag fast nicht mehr weg zu denken. „ Mach mal halblang. Darf ich erstmal Tim und den anderen begrüßen?", fragte ich lachend. Mich interessierte ja schon, wer der neue war. Im Ts hatte ich ihn noch nie gesehen und auch sonst, wenn einer der beiden aufgenommen hatte, war er nie da. Es war, als wäre er aus dem nichts aufgetaucht. Fast so wie der Junge am See. Hör auf an ihn zu denken, er ist Geschichte, redete mir mein Unterbewusstsein ein. Wirklich wahrnehmen tat ich das allerdings nicht. Mehr war da ein dumpfes Gefühl tief in meinem Bewusstsein vergraben. „ Alles gut. Der hier noch mit im Ts chillt ist Tobias, ein alter Schulfreund von Stegi. Macht kein YouTube, daher kennst du ihn auch nicht.", erklärte mir Tim. Damit sank meine Laune gleich wieder auf null. Der Name erinnerte mich sofort an Tobi. Mir wurde schmerzlich bewusst, wie sehr ich ihn vermisse, obwohl ich ihn gar nicht kannte. Genauso wie ich mir wieder bewusst wurde, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Warum zog mich das jetzt wieder so runter, es sollte nicht so sein. „ Joar äh hallo. Kannst mich gern Tobi nennen. Ist kürzer.", meinte dieser. Ein weiterer Stich mitten ins Herz. Wie konnte man für Leute empfinden, die man so kurz kannte. Über ihn wusste ich nichts, was über das äußerliche hinaus ging und ab und zu sein Verhalten. Wie hatte ich mich da verlieben können. Naja ein paar schöne Momente hatten wir ja schon gehabt. Bei Mondschein im Dunklen am See und die Sterne beobachten hatte schon etwas romantisches an sich gehabt. Trotzdem hatte ich mich wahrscheinlich eher in sein Aussehen und dieses mysteriöse verliebt, als in seine Persönlichkeit, obwohl ich immer gedacht hatte, mir würde sowas nicht passieren. „ Ja. Wie dem auch sei, so schlimm war es letzten Endes doch nicht. Hab jemand sehr netten kennengelernt. Zumindest glaub ich, dass er nett war. Er hat nicht gesprochen. Aber es kann sein, dass ich mich trotzdem ein klein wenig in ihn verliebt hab.", erzählte ich niedergeschlagen, was in der Woche passiert war. In meiner Stimme schwang deutlich der Unmut und die Trauer mit. Von dem Thema sollte ich ganz schnell weg kommen, sonst würde ich noch anfangen zu heulen. Was anderes konnte ich aber auch nicht erzählen. Außer Basketball, schwimmen und vor Hitze krepieren hatte ich nicht viel gemacht. Und so wie ich die beiden kannte, würden sie mich erstmal ausquetschen und ein riesen Thema draus machen. „ Naw das ist total süß.", erwiderten Stegi und Tim im Chor. Gruselig. Manchmal könnte ich die beide echt für solche Kommentare schlagen. Sie wussten genau, dass ich sowas nicht mochte. Und nur weil sie zusammen waren, mussten sie nicht, weil sie wussten, dass ich auch auf Jungs stand, alles was ich tat als süß betiteln. Nerven tat es nicht, aber ich mochte es einfach nicht. „ Nix ist süß. Hab keine Nummer von ihm. Das war's also. Mir bleibt nur sein Name.", murmelte ich niedergeschlagen und hoffte, dass dieses Thema jetzt vom Tisch war. Ein dummer Kommentar würde dem mindestens noch folgen, da war ich mir sicher. Schließlich wussten sie, dass ich sehr vorsichtig und zurückhaltend mit dem Thema umging. Das wäre immerhin nicht meine erste Beziehung. Aber die erste, in der ich vielleicht nicht ausgenutzt und missbraucht wurde. „ Mensch Rafi, muss man dir den alles erklären? Wenn man jemanden nett findet, dann fragt man nach seiner Nummer. Du hattest eine Woche Zeit.", tadelte Stegi. Schon klar, aber immer wenn ich ihn hätte fragen können, war er weg. Und sprechen tat er ja sowieso nicht, genau wie ich, wenn wir zusammen waren. Die meiste Zeit hatte ich seine Nähe genossen und mir um nichts Gedanken gemacht. Ich hatte immer gedacht, ich hab noch Zeit ihn zu fragen und dann war die Woche doch schon um gewesen und er nach unserem Kuss spurlos verschwunden. Es war einfach kompliziert. Hätte das nicht jemand anderem passieren können? Musste ausgerechnet ich mich in den Stummen jungen verlieben. „ Ich ach, ich weiß doch auch nicht, warum ich es nicht getan hab. Es war, er, irgendwie war es, * tiefes seufzen ach keine Ahnung. Es war kompliziert und ich zu abgelenkt. Aber er war auch so mysteriös, ich hatte nicht mal die Chance ihn wo anders als am Wasser zu sehen.", rechtfertigte ich mich, um den Vorwurf Stegis von mir zu weisen. Auch wenn ich es nicht mal bräuchte. Ich fühlte mich schon ein wenig unwohl dabei, dass mein 'Liebesleben' jetzt so im Vordergrund stand. Gerade vor dem neuen, den ich kein Stück kannte. Es war total unangenehm. „ Ok da braucht jemand Aufmunterung. Such dir n Spiel raus. Zu müde bist du sicher noch nicht. Dafür kennen wir dich zu gut."

Venation OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt