Ausbruch aus der Pandemie

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Ich hab es endlich mal geschafft diesen Oneshot zu schreiben. Heißt ich hab wieder mehr als eine Stunde zum Schreiben. Diese Idee für dieses Oneshot stammt aus meiner Community. Danke an neitsyt für die tolle Idee.

Zum wiederholten Mal in dem letzten drei Minuten schaltete ich das Programm um. Ich hatte einmal einen Film im Fernseher schauen wollen. Doch im Moment strahlte jeder dritte Sender, der keine Werbung hatte Nachrichten aus. Und egal welcher Sender, es ging nur um Corona. Pandemie hier, Fallzahlen da, schlimme Zustände in den Krankenhäusern dort. Ich konnte es nicht mehr hören. Natürlich war es schlimm und ich hatte in gewisser Hinsicht Mitleid mit denjenigen, die einen geliebten Menschen verloren oder ihre Existenzgrundlage aufgrund der Langzeitfolgen. Doch ich konnte es nicht mehr hören. Es gab nur noch dieses Thema und das nervte mich so dermaßen. Selbst die Werbung war voll von Warnungen und Debatten über Impfungen. Es nervte. Gott wie ich es satt hatte. Nachdem selbst in einer Sendung das Wort Corona fiel, schaltete ich den Fernseher aus. Genervt warf ich die Fernbedienung auf die Couch und starrte an die Decke. Ich fühlte mich gefangen. Gefangen in meiner eigenen Wohnung wegen eines Virus, wie ein Tier. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in mir breit. Ich brauchte frische Luft, doch es herrschte Ausgangssperre. Doch plötzlich fühlte es sich an, als würden diese Wände sich immer weiter zuziehen und mir die Luft zum Atmen nehmen. Blind stolperte ich durch den Flur und riss meine Haustür auf. Benommen griff ich nach meinem Schlüssel und stolperte nach draußen. Endlich auf offener Straße sank ich auf den Boden und atmete tief durch. Frischer Sauerstoff füllte meine Lungen, ließ mich atmen. Mit den Hände stützte ich mich ab, um nicht auf dem Boden zu landen. Meine Atmung ging immer noch hastig und schnell, doch ich hatte mich langsam im Griff. Ich fühlte mich frei, unbeschwert und endlich wieder menschlich. Leider hatte mein Ausbruch Folgen, die mir noch zu schaffen machen würden. Jemand sprach mich an. Nicht persönlich, sondern höflich und formell. Doch was gesagt wurde, tat mir keinen Gefallen. „ Sie dürfen eigentlich nicht hier draußen sein, dessen sind Sie sich bewusst oder? Ich muss Ihnen nicht erklären, dass das mit einer Strafe geahndet wird." Ich wusste, dass eine Polizistin mich ansprach, als mir ihre Worte klar wurden. Natürlich war immer noch Ausgangssperre und ich hockte hier am Boden, weil ich es drinnen nicht mehr ausgehalten hatte. Trotz ihrer Worte war ich nicht bereit wieder rein zu gehen. „ Geht es Ihnen gut?", fragte sie im Näherkommen. Meine Atmung wurde wieder heftiger, bei dem Gedanken zurück in meine Wohnung zu müssen. Ich konnte da nicht mehr rein. Die junge Frau, die wohl nicht älter als dreiundzwanzig Jahre alt war, kniete sich zu mir runter und sah mich prüfend an. „ Was ist los? Können Sie mir mir reden? Brauchen Sie einen Arzt?", fragte sie weiter. Ich schüttelte hastig den Kopf, versuchte weiter zu atmen. „ Beruhigen Sie sich. Ich bringe Sie zu einem Arzt." Nein. Kein Arzt. Kein weiteres kleines Zimmer, wo man mich festhalten konnte. Ohne mich. Ich brauchte einfach nur Luft. Als man versuchte mir unter die Arme zu greifen, wehrte ich mich. „ Ich brauch einfach nur frische Luft. Ich halt das nicht mehr aus.", krächzte ich, immer noch mach Luft schnappend. „ In Ordnung. Wohnen sie in diesem Block?", wollte die Polizistin wissen und deutete auf das Gebäude hinter mir. Benommen nickte ich. Ich brauchte noch etwas Luft. „ Kommen Sie, ich bringe sie etwas näher zur Haustür. Dort vorne steht eine Bank, da können Sie sich setzen und noch etwas Luft holen. Ich kann gut verstehen, wie Sie sich fühlen. Bleiben sie dort sitzen gehen bald wieder rein. Solange Sie sich nicht von diesem Grundstück entfernen, müssen Sie keine Strafe erwarten." Ich wurde unter den Armen gepackt und vorsichtig auf meine Beine gezogen. Gemeinsam taumelte ich bis zu der Bank und ließ mich dort sinken. Kurz versicherte sie sich, dass ich nicht gleich umkippte, bevor sie einen Schritt zurück trat und mich dann alleine ließ. Erleichtert draußen sitzen bleiben zu dürfen, stützte ich den Kopf in die Handflächen und atmete weiter tief durch. Und das tat gut. Ich wollte die Nacht hier verbringen. Doch es war deutlich zu kalt, um sonderlich lange hier sitzen zu bleiben. So musste ich zwingend irgendwann wieder rein. Doch zu diesem Zeitpunkt ging es mir besser und die Wände schienen mich nicht mehr erdrücken zu wollen. Ich begab mich ins Schlafzimmer, wo ich nicht anders konnte, als ein Fenster sperrangelweit aufzureißen, um Luft zu bekommen. Ohne mich umzuziehen legte ich mich unter die Decke und versuchte zu schlafen. Gelingen tat mir das nicht. Immer noch fühlte ich mich eingesperrt, daran konnte auch ein offenes Fenster nichts ändern. Ich fühlte mich immer noch eingeengt. Egal was passierte, ich musste hier raus. Am liebsten jetzt, besser aber morgen. Sonst bekam ich wirklich noch Probleme. Zumal in der Nacht eh keine Züge mehr fuhren. Ausgangssperre bedeutete nunmal Ausgangssperre. Ausnahmen bildeten Arbeitsgruppen, die bis mitten in die Nacht arbeiten würden. Gleich morgen würde ich mich in den Zug setzen, um wegzufahren. Egal wo hin. Vielleicht schaffte ich es bis ins Ausland, wo es weniger von diesen Regelungen gab. Wo man nachts vielleicht raus konnte. Wo man nicht eingesperrt wurde, wie ein Tier in einem Käfig. Verdammt ich hielt es hier nicht mehr aus. Wo ich hin konnte, wusste ich noch nicht, aber überall war es besser, als hier in dieser Wohnung. Über den Gedanken, wo ich hin wollte, schlief ich ein. Tief und fest.

Venation OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt