No. 17

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Im Schneidersitz sitze ich vor meinem Wohnzimmertisch auf dem Boden und halte eine der sechs Schneekugel, die im gestrigen Päckchen waren, in der Hand. Ich habe sie gestern Abend ausgepackt und wieder in die Kiste zurück gelegt, als ich schon wieder kein Name gefunden habe.

Ich seufze und drehe eines meiner Geschenke in meiner Hand.

Paris. London. New York. Sydney. Berlin. Bangkok.

Wieder bin ich ein wenig verwundert. Es gab eine Zeit, da habe ich Schneekugel aus verschiedenen Städten tatsächlich gesammelt, mittlerweile sind alle in eine Kiste unten im Keller und verstauben. Wieso ich damit aufgehört habe, weiß ich nicht.

Ich weiß nicht was ich von der ganzen Sache halten Päckchen soll, von Mal zu Mal wird mir klar das der Fremde mir doch viel näher sein muss als gedacht - denn ein völlig fremder wird sicherlich nichts von meiner ehemaligen Sammelleidenschaft wissen.

Ich beiße mir auf die Lippen. Irgendwie werde ich diese Neugierde, wissen zu wollen wer dahinter steckt absolut nicht los. Im Gegenteil, mittlerweile, will ich nichts lieber - allerdings habe ich noch immer kein einzigen Hinweis gefunden.

Gestern habe ich überlegt, mir einfach Mal die Handschrift anzuschauen, vielleicht wäre sie mir ja irgendwie bekannt vor gekommen oder ich hätte sie in der nächsten Zeit Mal irgendwo gesehen, allerdings ist der Adresseaufkleber, wenn er den drauf ist elektronisch geschrieben und auch bei der Karte ist es zu neunzig Prozent drauf gedruckt.

Es ist so, wie Niall es erst die Tage erwähnt hat, dieser Typ will einfach unter jeden Umständenverhindern, dass ich heraus bekomme, wer er ist.

Wieso gibt sich jemand so viel Mühe und gibt sich dann nicht zu erkennen? Wieso soll er absolut kein Dank von mir? Wieso macht er es so klam heimlich? Er erhält ja absolut keine Reaktion von mir. Er weiß nicht ob ich mich drüber Freue, ob ich es schrecklich finde oder noch immer geteilter Meinung bin.

Vielleicht interessieren ihm meine Gefühle aber auch überhaupt nicht. Vielleicht liege ich gänzlich falsch und dieser Typ kennt mich überhaupt nicht.

Eine ganze Weile schaue ich mir sowohl erneut alle Schneekugel, das Paket und auch die Karte an. Ich hole ebenfalls die anderen Karten, die in den vergangen Tagen immer und immer wieder in den Päckchen waren und die immer dem selben Satz beinhaltet haben und finde erneut keinen einzigen Hinweis.

Ein wenig verzweifelt rufe ich meine beste Freundin an. "Vielleicht bist du wirklich einfach zu neugierig. Vielleicht solltest du die letzten Tage einfach noch genießen und dich auf andere Sachen konzentrieren.", schlägt sie vor. Ich grummel ein wenig vor mir hin. "Du warst doch auch immer neugierig darauf, wer er ist. Wieso auf einmal nicht mehr?", will ich von ihr wissen. "Na vielleicht, weil ich heute der Meinung bin, dass du dich viel zu sehr drauf fokussierst und das andere um dich herum ganz einfach gerade außer acht lässt.", kommentiert meine beste Freundin.

Ich schließe die Augen und weiß genau worauf sie gerade hinaus will. Seit Sonntag gehe ich meinem Nachbarn gekonnt aus dem Weg und würde tatsächlich behaupten das er es mir gleich tut.

Wir haben schon so viele Nachmittage, Abende und ganze Tage miteinander verbracht. Es wurde definitiv schon, vor allem in der letzten Zeit, etwas komisch zwischen uns, aber bisher haben wir immer die Kurve bekommen.

Bisher hat ein Abend auch noch nie mit ein Kuss geendet...

Wir haben den restlichen Tag am Sonntag bei Niall auf der Couch verbracht, irgendwie hat er es geschafft eine Sitzposition zu finden, welche ihn nicht so viele schmerzen bereitet. Es war nicht das erste Mal, dass wir so nah nebeneinander saßen, dass kaum ein Blatt zwischen uns gepasst hätte, diesmal allerdings, ist es dann doch anders geendet.

Gestern als ich es Penny erzählt habe und auch jetzt, vier Tage später, kann ich schon gar nicht mehr sagen, von wem das ganze ausgingen. Fakt ist aber, dass es keiner von uns unterbrochen hat. Als wir uns doch irgendwann voneinander gelöst haben, wurde es um so komischer zwischen uns, woraufhin ich die Flucht ergriffen habe. Seither meiden wir uns irgendwie.

Es ist ziemlich komisch so wenig von ihm zu hören und kaum Zeit mit ihm zu verbringen.

"Es ist ein wenig kompliziert." Sie gibt sich in grummeln von sich und ich bin mir sicher, dass sie jetzt gerade die Augen verdreht. "Hast du gestern Mal mit Niall gesprochen?", will sie von mir wissen. Ich schüttle den Kopf und gebe ein ganz leises Nein von mir, als mir bewusst wird, dass sie meine Kopf Bewegung überhaupt nicht mit bekommt.

"Hast du ihm in den letzten Tagen Gebäck außem Café mitgebracht?", will sie von mir wissen. "Ja natürlich. Montag habe ich es einfach vor seine Tür abgestellt ohne zu klopfen und ohne ihm zu schreiben - so wie ich es schon des öfteren gemacht habe. Dienstag weiß ich, dass er erst später aus dem Studio raus gekommen ist u...." - "Woher weißt du das?", unterbricht sie mich. Ich verdrehe die Augen. "Weil er es mir schon am Sonntag Mittag erzählt hat und auch am Dienstag eine Nachricht geschriebene hat." "Dann sag du noch Mal ihr seid nicht wie ein altes Ehepaar.", bemerkt sie wiederholt. Schon gestern hatten wir das Thema.

"Sind wir auch nicht.", halte ich dagegen und bekomme erneut zu hören, dass sie sich bei ihrem Nachbarn allerdings nicht anmeldet. "Ihr seid auch nicht befreundet.", erinnere ich sie erneut. "Du behauptest also immer noch, einfach nur mit ihm befreundet zu sein?", will sie von mir wissen. "Keine Ahnung.", gebe ich zu. Wenn ich in den letzten Wochen schon Mal gedacht habe, ein wenig verwirrt zu sein, was meine Gefühle dem Iren gegenüber angeht, ist es nun noch viel wirrender. "Ich mag Niall. Sehr sogar", setzte ich nach.

"Dann lass diesem Typ einfach weiterhin Päckchen schicken, alt so viele können es ja eh nicht mehr werden, immerhin ist bald Weihnachten und seh zu das du die Sache mit Niall vernünftig geregelt bekommst.", fordert sie von mir. Kurz schließe ich die Augen. Schon gestern meinte Penny, ich würde mich aktuell viel zu sehr auf den fremden Typen konzentrieren, um mich der Sache mit Niall nicht stellen zu müssen und ja vielleicht hat meine beste Freundin in diesen Punkt Mal wieder Recht.

"Und wie stellst du dir das vor? Soll ich rüber gehen und sagen Hey Niall lass uns über den Kuss reden?", will ich von ihr wissen. "Ja klar wieso nicht." "Klar wieso nicht? Spinnst du?", hake ich nach. "Wieso?", stellt Penny die Gegenfrage. "Weil es total irrsinnig ist." "Du hast also vor, darüber zu schweigen. Ihm weiter aus dem Weg zu gehen und mir in ein paar Tagen noch weiter die Ohren voll zu jammern, dass du ihm ja so sehr vermisst? Das ist irrsinnig und auch die tatsache, dass ihr dann weiter umeinander herum schleicht.", höre ich sie meckern. "Niall und ich schleichen nicht umeinander herum." "Wie nennst du es dann?"

Ich seufze und habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Bisher habe ich alles an Gefühlen gekonnt ignoriert, was über Freundschaft hinaus ging - und bin doch eigentlich ziemlich gut damit gefahren. Wieso also soll es zukünftig nicht genauso laufen? "Sollten wir uns das nächste Mal sehen, rede ich mit ihm.", gebe ich von mir und setzte gedanklich ein vielleicht hinterher. "Du bist ein kleiner Angsthase. Er wohnt nur ein paar Schritte entfernt.", lässt sie mich wissen, da ich nicht Wiedersprechen kann, schweige ich.

"Oh man Finja." "Ich weiß. Irgendwie wünsche ich mir, dieser Kuss wäre nie geschehen. Dann wäre alles über...." - "Stopp. Es ist überhaupt nicht kompliziert zwischen euch beiden. Ihr müsst lediglich miteinander reden und dann bin ich mir sicher, regelt sich alles von allein.", fällt sie mit uns Wort, da wir gestern bereits diese Diskussion geführt haben.

"Glaubst du denn, wir können jemals wieder normal miteinander umgehen?" Ich höre sie laut seufzen. "Ja, solange ihr endlich den Mut findet und miteinander redet, ohne irgendwas herunter zu spielen.", antwortet sie mir. "Ja, vielleicht hast du Recht. Vielleicht sollte ich einfach rüber gehen.", sage ich und stehe tatsächlich auf.

"Ja auf jeden Fall und zwar sofort, bevor du es dir anders überlegst.", stimmt sie mir zu.
Wahrend ich mir ausnahmsweise meine Hausschuhe anziehe, spricht meine beste Freundin mir Mut zu.

Als ich die Türe öffnen, wird gerade ein neues Päckchen vor meiner Tür gelegt. "Du?"

Christmas? No, thanks!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt