15. Da war ja nun wirklich nichts dabei.

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In Verteidigung war ich überhaupt nicht bei der Sache. Eigentlich mochte ich das Fach total, aber meine Gedanken flogen die ganze Zeit in eine andere Richtung. Der Unterricht würde nur noch 20 Minuten lang gehen und danach hatte ich das Date mit Shawn.

Shawn, über den ich nichts wusste, außer seinen Namen und sein Haus. Aber dafür waren Dates ja da, oder? Um sich Kennenzulernen. Nur was, wenn ich merkte, dass er doch nicht nett war und ihn unsympathisch fand? Oder, wenn wir nicht harmonierten und uns die ganze Zeit nur peinlich anschwiegen? Dann könnte ich immer noch gehen. Entspann dich, Roxy! Du musst ihn ja nicht gleich heiraten.

Trotzdem war ich die ganze Zeit über sehr nervös. Außerdem schlich sich immer wieder Zabini in meine Gedanken.

Ich hatte mich in ihn verguckt. Nicht in den Gefühle-verachtenden Arsch, als der er sich rausgestellt hatte, sondern in den Kyle, der mit mir Mensch-Ärger-Dich-Nicht gespielt hatte, der sich um mich gekümmert hatte, als ich besoffen gewesen war und der mit mir mitten in der Nacht eine Wasserschlacht im Vertrauensschülerbad veranstaltet hatte. Bei dem Gedanken wurden meine Augen sofort wieder glasig, doch ich hielt die Tränen zurück.

War es richtig, einen neuen Jungen kennenzulernen, wenn ich noch nicht über einen anderen hinweg war? Andererseits, wenn Zabini mit anderen Mädchen rumgemacht hatte, während zwischen uns etwas gelaufen war, dann konnte ich auch jetzt, wo zwischen uns definitiv nichts mehr lief, einen anderen kennenlernen. Kennenlernen, da war ja nun wirklich nichts dabei.

Als der Gong ertönte, zuckte ich erschrocken zusammen. Ich war so in meine Gedanken vertieft gewesen, dass ich überhaupt nicht mehr auf die Zeit geachtet hatte. Zum Glück konnte der Professor mich gut leiden, sonst hätte er mich bestimmt rangenommen, als ich nicht aufgepasst hatte. Ich würde nachher Rose fragen müssen, was wir für Aufgaben bekommen hatten. Jetzt musste ich allerdings erstmal zu Shawn. Etwas langsamer als sonst packte ich meine Sachen zusammen. Neben dem Ausgang warteten bereits Rose und Claire auf mich. Sie wollten unbedingt sehen, mit wem ich mich da traf.

„Ich glaub ich dreh gleich durch!", flüsterte ich den beiden zu. „Entspann dich! Wenn er blöd ist, kannst du ja einfach abhauen!", meinte Claire. „Du musst auch gar nicht gehen", warf Rose ein. Dafür bekam sie einen Hieb in die Seite von Claire. „Natürlich geht sie! Und jetzt zeig uns den mysteriösen Shawn endlich!" Ich atmete tief durch. „Also gut. Ich gehe einfach raus, er wollte ja vor der Tür auf mich warten, und ihr kommt mit etwas Abstand hinterher. Aber verhaltet euch nicht zu auffällig! Ich will mich nicht direkt blamieren." „Pff! Als ob wir dich blamieren würden..." Ich streckte Claire die Zunge raus, Rose tätschelte mir motivierend die Schulter und dann verließ ich den Klassenraum.

Shawn stand ein paar Meter weiter und lehnte lässig an der Wand. Genau wie ich trug er noch seine Uniform. Ich war sehr froh darüber, da es mir komisch vorgekommen wäre, mich für einen Kerl, den ich überhaupt nicht kannte, hübsch zu machen. Er hatte jedoch die Krawatte gelockert und die Ärmel hochgekrempelt. Ich strich mir noch schnell mit den Fingern durch die Haare, um sie etwas in Form zu bringen, dann lief ich auf ihn zu.

Sobald er mich erblickte, setzte er ein strahlendes Lächeln auf. „Roxanne, hi!" „Hi", erwiderte ich und blieb vor ihm stehen. Einen kurzen Moment standen wir unschlüssig voreinander. Dann flogen plötzlich zwei Geister über uns hinweg und rissen uns aus dem Moment.

„Freut mich, dass du zugesagt hast!", meinte Shawn. „Wollen wir?" „Gerne. Wo wollen wir denn hin?", fragte ich. Ich erwartete kein romantisches Picknick oder so, jedoch würden wir ja wohl nicht einfach im Gang rumstehen und uns unterhalten. Wir setzten uns in Bewegung und liefen los. „Ich dachte, wir könnten vielleicht rausgehen. Nur wenn du möchtest, natürlich!", schlug Shawn vor. Dabei sah er mich mit einem flüchtigen Lächeln von der Seite an. „Klar, Draußen klingt gut." „Super! Dann erzähl mal etwas über dich!", forderte er mich auf. Was sollte ich ihm denn darauf sagen? Hallo, ich bin Roxanne, ich gehe in die sechste Klasse und so weiter? Das wäre ja mal unangenehm.

Dieses Spiel zwischen unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt