2. Letzte Nacht

269 7 0
                                    




Noch bevor ich richtig wach war, spürte ich die pochenden Kopfschmerzen. Langsam entglitt ich dem Land der Träume und nahm wahr, dass es schon hell war. Komisch, die dicken roten Samtvorhänge hielten mein Bett eigentlich immer relativ dunkel. Mein Kopf pochte weiter und ich wollte zurück in meinen Traum. Was hatte ich überhaupt geträumt? Ich konnte mich schon nicht mehr daran erinnern, doch der Traum hatte ein schönes Gefühl zurückgelassen. Jedoch entglitt mir auch dieses langsam. Stöhnend katapultierte ich mich in die Realität.
Es dauerte einen Moment, bis ich meine Augen öffnen konnte und mich an die Helligkeit gewöhnt hatte, doch dann konnte ich etwas feststellen, dass mir gar nicht gefiel. Noch schlimmer als aufzuwachen und einen Kater zu haben, war aufzuwachen, Kater zu haben und nicht in seinem eigenen Bett zu sein. Ich befand mich auch nicht in meinem Schlafsaal, nicht mal irgendwo in den Gryffindor-Räumlichkeiten.
Das, was ich hier sah, waren eindeutig die kühlen Kerkerwände, dekoriert mit grünen Wandteppichen, auf denen sich Unmengen von silbernen Schlangen tummelten. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass ich mich in einem Slytherin-Schlafsaal befand und ein vorsichtiger Blick nach rechts bestätigte auch meine Vermutung, in wessen Bett ich mich befand.
Was zum Henker war gestern Abend passiert?

Flashback
Roxanne bewegte ihre Hüften im Takt der Musik, die Arme euphorisch in die Luft gehoben und sang mit geschlossenen Augen das Lied mit. Es war eines ihrer Lieblingslieder und sie konnte den Text auswendig.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie in ein paar braune Augen. Sie waren ungewöhnlich dunkel, ja fast schon schwarz. Die Augen gehörten zu einem markanten Gesicht, mit dunkelbraunen, kurzen, lockigen Haaren und dieses Gesicht gehörte zu einem sehr gut gebauten Körper, der sich ebenfalls im Takt der Musik bewegte und Roxanne immer näher zu kommen schien. Starke Hände legten sich auf ihre Hüften und zogen sie noch näher an den gut gebauten Körper. Roxanne legte die Arme um seine Schultern und ließ sich von ihm führen. Es machte ihr Spaß zu tanzen und obwohl sie festgehalten wurde, fühlte sie sich unfassbar frei.
Flashback Ende

Um Merlins Willen, ich hatte mit Zabini getanzt! Wie war es denn dazu gekommen?
Doch es wollte mir beim besten Willen nicht einfallen.

Flashback
Lachend lief Roxanne den Gang entlang und zog ihn mit sich. Plötzlich hielt er sie jedoch zurück. Innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde wurde sie herumgewirbelt, an die Wand geschoben und hatte seinen Finger auf den Lippen. „Psst! Nicht, dass uns noch jemand erwischt..." Doch Roxanne konnte ihr Kichern einfach nicht unterdrücken. „Komm schon, Weasley, ich kenn mich hier oben nicht aus. Wo hängt die Fette Dame? Du musst schon mithelfen!" Ja, die Fette Dame, die kannte Roxanne. Aber wo hing sie? Wo war Roxanne überhaupt? Es war ja egal, wo irgendeine Dame hing. Viel wichtiger war dieser unfassbar heiße Kerl, der sie gerade mit seinem Körper an die Wand presste. Vielleicht sollte sie einfach...
Flashback Ende

Wie betrunken war ich bitte gewesen, dass ich mich nicht mal daran erinnert hatte, wo es zu meinem Gemeinschaftsraum ging? Apropos Gemeinschaftsraum, da sollte ich jetzt zwingend hin, bevor Zabini oder einer seiner Freunde aufwachen und mich hier sehen würden. Das würde das Ganze nur noch peinlicher machen. Ich hob vorsichtig die Decke an und schlüpfte aus dem Bett. Dabei bemerkte ich, dass das, was ich anhatte, definitiv nicht mein Kleid vom Vorabend war. Ich trug ein dunkelgrünes, viel zu großes T-Shirt.

Flashback
Roxannes Lippen bewegten sich mit seinen. Er war ein unglaublich guter Küsser und seine Lippen waren unfassbar weich und angenehm. Langsam löste er sich von ihr und sie wollte sich schon beschweren, doch da begann er, sich entlang ihres Halses nach unten zu küssen und hinterließ dabei eine heiße Spur auf Roxannes erhitzter Haut. Wohlig seufzte sie auf und genoss seine Berührungen, während er vorsichtig den Träger ihres Kleides zur Seite schob.
Flashback Ende

Schlimmer konnte es ja wohl nicht werden, oder? Innerlich schüttelte ich den Kopf über mich selbst. Ich hatte mich tatsächlich abfüllen und rumkriegen lassen und das Schlimmste war, dass ich es gewusst und genossen hatte. Eigentlich wollte ich mich gar nicht daran erinnern, was noch alles passiert war. Trotzdem checkte ich sicherheitshalber, was ich unter dem T-Shirt trug.
Merlin sei Dank! Ich hatte nach wie vor Unterwäsche und die kurze enge Sporthose an, die ich vorsichtshalber immer unter Kleidern trug, falls diese mal hochrutschten. Ich blickte mich um und entdeckte mein Kleid neben dem Bett auf dem Boden liegen.
Schnell und leise stand ich auf, tauschte das T-Shirt wieder gegen mein Kleid und schlich mich aus dem Raum. Ich wollte wirklich nicht mehr hier sein, wenn jemand der Jungs aufwachte.
Die Jungs! Bei Merlins Bart, das hier war ja auch Albus Schlafsaal! Ich schickte ein kleines Stoßgebet gen Himmel, dass mein Cousin letzte Nacht betrunken genug gewesen war, um mich nicht zu bemerken.

Es war anscheinend noch sehr früh am Morgen, denn auf meinem Weg zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum lief mir niemand über den Weg.
Außerdem lagen im Gemeinschaftsraum einige Schüler auf den Sofas und Sesseln und schliefen ihren Rausch aus. Anscheinend hatten sie es letzte Nacht nicht mal bis in ihre Schlafsäle geschafft. Ich ja scheinbar auch nicht...
Als ich in meinem Schlafsaal ankam, musste ich jedoch leider feststellen, dass ich doch nicht so ganz unbemerkt blieb. Natürlich war Rose schon wach.
„Roxy!", rief sie im Flüsterton aus, sobald ich die Tür geöffnet hatte. Vor Schreck zuckte ich so zusammen, dass ich die Tür fast wieder zugeknallt hätte. „Rose!", flüster-schrie ich zurück. „Musst du mich so zu Tode erschrecken?" Leise schloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich dann daran. Meine Cousine sah mich vom Schreibtisch aus mit einem Vorwurfsvollen Blick an. „Wo warst du die ganze Nacht?" Natürlich musste diese Frage kommen, dachte ich resigniert. „Ähm nirgends? Bei Fred!", verbesserte ich mich, da sie schon die Augenbrauen anhob. Ich stieß mich wieder von der Tür ab, legte meine Highheels ab und ging ins Bad, um Rose etwas auszuweichen.
Leider war dieser Versuch erfolgreich, denn sie stand auf und folgte mir. „Das glaubst du dir ja selbst nicht. Fred würde niemals ohne ein Mädchen von seiner eigenen Party kommen", flüsterte sie vorwurfsvoll, während ich begann, mein Make-up zu entfernen, meine Haare zu bändigen und mich generell etwas frisch zu machen. „Ach vergiss es einfach! Ich hab Kopfschmerzen, Rosie", versuchte ich es auf die Mitleids-Tour. Mit verschränkten Armen lehnte sie im Türrahmen und sah mich mit diesem strengen Blick an, den sie eindeutig von ihrer Mom hatte. „Roxanne Weasley! Ich werde das ganz sicher nicht vergessen. Als deine Lieblingscousine habe ich ja wohl das Recht zu erfahren, wo du dich die ganze Nacht rumgetrieben hast. Ich hab mir immerhin Sorgen um dich gemacht."
Plötzlich ertönte ein lautes Gähnen, gefolgt von dem Knarzen eines der Betten. „Psst!", zischte ich. Musste ja nicht gleich jeder mitbekommen, was wir hier besprachen. Doch das erledigte sich, denn es stellte sich heraus, dass Claire diejenige war, die aufgewacht war. „Rose? Mit wem redest du da? Ist Roxy zurück?" „Ja und sie wollte uns gerade verraten, wo sie die Nacht verbracht hat. Nicht war Roxy?" Auffordernd sah meine Cousine mich an. „Na schön", seufzte ich. „Ich hab ja eh keine Chance gegen euch." Von ihrer Neugierde angetrieben, kam Claire aus ihrem Bett geschlüpft und gesellte sich zu uns. „Ganz genau!" Obwohl es noch früh am Morgen war, leuchteten ihre blaue Augen fröhlich.
„Ihr glaubt echt nicht, wie viel Überwindung es mich kostet, das zuzugeben, aber ich hab die Nacht bei einem Kerl verbracht." Da das so etwas normalerweise keine große Sache für mich war, ahnte Claire direkt Böses. Mit großen Augen unterbrach sie mich: „Du warst doch nicht etwa bei Caleb oder?"
Caleb Hayden war mein Ex-Freund, ungefähr der gutmütigste Mensch, den ich kannte und super clever, er war schließlich nicht umsonst in Ravenclaw. Wir waren für ein halbes Jahr zusammen gewesen, doch es hatte einfach nicht funktioniert zwischen uns, da ich viel mehr Freiraum brauchte, als er mir gegeben hatte. Deshalb hatte ich mich dann auch vor ein paar Monaten von ihm getrennt.
„Quatsch, wo denkst du denn hin? Es ist sogar noch viel schlimmer." „Schlimmer als der Ex?" Claires Augen wurden immer größer. „Oh oh, ich ahne Böses...", murmelte Rose. „Lass mich raten! Es ist Zabini." Volltreffer. Warum kannte sie mich nur so gut? „100 Punkte für die Kandidatin", seufzte ich resigniert. Claire schlug sich die Hände vor den Mund. „Zabini? Du und... Zabini? Ich dachte du kannst ihn nicht ausstehen, seit... Naja du weißt schon." „Seit er sich in der Dritten vor der ganzen Klasse darüber lustig gemacht hat, dass ich Logan süß fand und dann Susan Fox gefragt hat, ob sie seine Freundin sein will, so wie das „echt coole Jungs" eben machen, genau. Wäre jetzt jemand von euch so freundlich mir Katertrank zu geben?" „Na klar, Süße, warte kurz!", meinte Claire gütiger Weise. Rose hingegen war noch nicht mit mir fertig. „Du hast uns noch nicht gesagt, wie es dazu kam." Sie versperrte mir den Ausgang vom Bad, als ob es eine Art Verhörzimmer war, das ich noch nicht verlassen durfte. „Stimmt! Und, was überhaupt passiert ist. Habt ihr euch geküsst?" Stimmte Claire ihr zu, die mit dem Medizinfläschchen in der Hand wiederkam. „Ich werde euch alles erzählen, aber erst wenn ich keine Kopfschmerzen mehr hab."

Dieses Spiel zwischen unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt