13. Mumbai

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„Das ist also Mumbai?" ich warf einen Blick aus dem Fenster des Taxis. Volle Straßen, meterhohe Wolkenkratzer grenzten an herunter gekommenen Slums. Die Grenzen zwischen Arm und Reich, waren hier mehr als deutlich zu sehen. So viele Menschen. Das Charlwood unnachgiebig mit ihrem Bein wippte, das gegen meins stieß half auch nicht sehr dabei ruhig zu bleiben. Laut Charlwoods Handy befand sich Alex hier ganz in der Nähe, aber es sah Charlwood nicht ähnlich Nervosität oder Anspannung zu zeigen, die sie durchs Beinwippen auf mich übertrug.

Ich legte meine Hand auf ihren Oberschenkel. „Charlie!" zischte ich leise.

Sie hielt in der Bewegung inne. Selbst durch die Sonnenbrille wusste ich, dass ihre Augen unnachgiebig hin und her sahen, um die Umgebung abzuschecken.

Ihr Blick glitt nach vorne zum Taxifahrer. Dieser sah durch den Rückspiegel auf meine Hand, die immer noch auf Charlwoods Oberschenkel lag, der sich nun noch heftiger Anspannte als sowie so schon.

Sie rief dem Taxifahrer etwas zu, was ich nicht verstand. Es klang jedoch nach einer Art Befehl. Der Taxifahrer wandte eilig den Blick ab und konzentrierte sich wieder auf die Straße.

„Was hast du gesagt?"

„Wo er hin soll." sie knirschte mit den Zähnen.

„Welche Sprache war das? In Indien spricht man immerhin sehr viele Sprachen."

Ich hoffte das diese Ablenkung wirkte.

„Marathi, die Amtssprache Mumbais, aber hier sprechen auch viele Hindi, Urdu und Gujarati." sagte sie.

„Kannst du alle Sprachen?"

„Im Laufe der Jahre habe ich mir alle bis auf Urdu beigebracht. Urdu ist jedoch nahe mit Hindi verwandt, so dass ich oft erraten kann, was derjenige gesagt hat."

„Respekt." ich nickte und merkte den Göttern sei Dank das sich ihr Oberschenkel unter meiner Hand entspannte.

„Hm." sie sah wieder nach draußen. Wir fuhren jetzt auf einer etwas abgelegenen Straße. Müll lag auf den Seiten. „Wir fahren zur Grenze der Mittelschicht. Ich muss dort etwas erledigen, danach können wir uns in einem Hotel woanders unterbringen, um Alex ausfindig zu machen."

„Was hast du vor?"

Die Art wie sich ihre Kiefermuskeln anspannten, verrieten mir, dass sie es nicht sagen würde. Mittlerweile war ich gut darin sie zu lesen, beziehungsweise ihre Gesten zu entziffern.

„Abwarten." sagte sie nur knapp.

Ich biss also die Zähne zusammen und sah der vorbeiziehenden Stadt zu, bis der Fahrer auf einer Art heruntergekommenen Markt anhielt. Charlwood reichte ihm etwas der indischen Währung und stieg Wortlos aus. Ich beschloss, dass es sicherer war ihr zu folgen, als hier sitzen zu bleiben.

Der Geruch nach stickiger, stehender Luft schlug uns entgegen. Es stank.

„Ich hoffe du hast keine Wertsachen mitgenommen." sagte Charlwood. „Da wo wir hingehen, solltest du aufpassen."

„Wir gehen in die Slums?"

Ich wusste, dass der Wirtschaftswachstum Indiens in den letzten 30 Jahren in denen ich im Eis gefangen gewesen war, sich nicht gesteigert hatte. Ganz im Gegenteil. Das Land war dabei zu Grunde zu gehen. Der Machthaber des Landes interessierte seine Bevölkerung nicht viel und Hilfe von anderen Staaten nahm er nicht an. Sterbliche... ich schüttelte den Kopf. Warum taten sie sich so etwas an?

„Sterbliche haben in den vergangenen Jahrhunderten öfters keine guten Entscheidungen getroffen, Rae." sagte Charlwood. „Aber wie man gesehen hat, treffen Götter auch nicht immer gute Entscheidungen."

Die Kriegerin der FreiheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt