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Die Tage vergingen zu schnell. Zu schnell um den Schmerz wegzusperren. Zu schnell um die Wahrheit zu erkennen. Zu schnell um sich vorzubereiten.

Die Wintersonne schien hell am Horizont doch im Hintergrund bildeten sich dunkle Wolken. Die Schüler saßen allesamt in der Mensa und hörten der Direktorin bei ihrer Rede zu.

“Liebe Schüler und Schülerinnen, vor wenigen Tagen ging Sven [Nachname] von uns durch einen tragischen Unfall in dem ein Feuer entzündet wurde. Er opferte sein Leben um einen anderen Schüler welcher ebenfalls verletzt wurde zu retten. Wir werden die Erinnerungen an ihn in Ehre halten. Sollte irgendeiner von euch Hilfe brauchen mit seinem Tot umzugehen habt keine Angst mit mir und den anderen Lehrern zu reden wir werden euch helfen. Möchte nun noch jemanden nach vorne kommen und etwas beitragen so solle er bitte die Hand heben.”

Kaum ein Schüler kannte den Schwarzhaarige wirklich. Natürlich waren sie in Schock doch sie würden drüber hinweg kommen.

Eine plötzlich Bewegung in der vordersten Reihe ließ alle aufmerksam werden. Maurice hatte seine Hand gehoben. Die Direktorin nickte ihm zu und trat von dem Mikrofon weg.

Mit zittrigen Beinen trat der Junge die Holzstuffen auf die improvisierte Bühne hoch. Allle Augen waren auf ihn gerichtet.

Blamiere dich bloß nicht!

“H-Hey, nun ja... Ich kannte Sven seit dem ersten Tag auf dieser Schule. Gerade einmal fünf Monate scheinen mir zu kurz um jemanden wieder zu verlieren doch dies ist passiert. Ich hätte reagieren können. Vielleicht würde er noch leben wäre ich nicht zu paralysiert gewesen um etwas zu tun. Ich weiss ich sollte mir wohl nicht die Schuld geben doch diese muss ich tragen da es nunmal meine ist. Niemand wird je die ganze Geschichte hinter dem Feuer kennen.
Der Grund weshalb ich mir die Schuld geben liegt darin dass ich die Feuerwehr früher hätte rufen können doch tat ich es nicht. Sven war eine tolle Person und ich muss mich bei ihm bedanken ebenso wie entschuldigen.”

Maurice legte eine Pause ein. Er konnte nicht die ganze Wahrheit erzählen. Mit seinem Ärmel wischt er sich die Tränen aus den Augenwinkel bevor er weiter sprach.

“Sven, wen du mich hörst. Danke. Danke dafür das ich dein Freund sein durfte und danke das du die wichtigste Person in meinem Leben gerettet hast. Hätte ich die Chance würde ich mein Leben mit deinem eintauschen doch diese Macht liegt mir leider nicht. Wenn es ein Leben nach dem Tot gibt hoffe ich das wir uns dort wiedersehen.”

Die heißen Tränen waren nahe daran wieder über die Wangen des Blonden zu rinen und ehe dieses passieren könnte hörte er lieber auf zu reden. Schnell stolperte Maurice die Stufen wieder hinunter. Als er wieder auf seinem Stuhl saß merkte er wie jemand einen Arm um ihn legte. Sachte blickte er neben sich. Micha saß etwas umständlich neben ihm und lächelte ihn aufmunternd an.

Der Braunhaarige war heil davon gekommen. Seine Schulter wurde genäht, verbunden und hing nun in einer Schlingel.
Vorsichtig legte Maurice seinen Kopf auf die gesunde Schulter seines Freundes und gemeinsam hörten sie der Direktorin bei ihrer Abschlussrede zu.

Der Abend kam und Micha ebenso wie Maurice traten gemeinsam mit der Direktorin nach draußen. Regen prasselte laut auf die Steine und die Kälte schnitt scharf in ihre Gesichter.

Der örtlichen Friedhof war nicht weit von der Schule und da die Eltern des Verstorbenen noch nicht angereist waren durften seine nächste Freunde die Beerdigung besuchen.

Das Wetter hatte sich der Stimmung der beiden Jungen angepasst. Schmerz war kein Vergleich zu dem Verlust den sie hinter sich hatten. Sie würden weiter machen und drüber hinweg kommen doch die Narben können nur verblassen nicht verschwinden.

Vorsichtig knieten sich die beiden Freunde nieder. Die Direktorin war wieder gegangen um den Schülern Platz zu geben.

Mit zittrigen Finger legte Micha einen Strauß von weißen Lilien vor den dunklen Grabstein. Ein leises knacken war über ihnen zu hören. Als sie aufsahen saßen Mexi, Alex und Fabian auf einem Baum. Sanfte sprang die drei herunter doch blieben sie im Schutz des Waldes. Die Zeit außerhalb des Waldes lief schneller als innerhalb.

Während Alex und Mexi still neben dem Trauerspiel standen verließen Maurice und Micha den Friedhof um auch ihnen ihre Zeit zu geben.

Fabian sah sehnsüchtig auf den kühlen Stein. Die Blumen vor ihm trugen leichte Wassertropfen welche langsam von den Blättern tropfen. Als würden die Pflanzen mit ihm weinen.

Niemand sagte etwas. Nach fast zwei Stunde drehten sich Mexi und Alex zu dem Elfen welcher sich inzwischen auf die matschige Erde gesetzt hatte. Sie machten sich Sorgen und wollten mit ihm eigentlich wieder nach Hause gehen doch wussten beide das der Blonde nur alleine bleiben wollte.

Fabian merkte wie seine Freunde zurück in den Wald liefen doch ignorierte er es. Um sich selber zu beruhigen legte er seine Arme um sich und schaukelte sich vor und zurück ähnlich wie es Sven gemacht hatte wenn er sich aufgeregt hatte.

Erst jetzt viel ihm wirklich auf welchen großen Teil seines Herzen dem Schwarzhaarigen gehörten. Jetzt wo es ihm entrissen wurde.

“Du hörst mich wahrscheinlich nicht dennoch... dennoch möchte ich dir sagen wie viel du mir bedeutest. Wir hätte uns nie treffen dürfen doch das Schicksal hatte wohl andere Pläne. Ich weiß nicht was nach dem Tot kommt. Niemand weiß das doch sollte es ein Leben nach dem Tot geben sehen wir uns dort wieder und wenn ich Jahre warten muss. Für mich ist es noch nicht vorbei und wenn das Universum so denkt werde ich weiter Leben für dich und für unsere Freunde. Die Welt vergisst zu schnell. Auch deine Geschichte wird verschlungen und vergessen werden doch hier draußen sind die wenigen die dich wirklich liebten. Wir werden nicht vergessen. Nun ja... Mein Vater ist davon gekommen. Falsche Ratte! Nie hätte ich ihm so etwas zugetraut. Da sieht man wie einfach man sich in Menschen täuschen kann. Er hat dennoch Recht ich bin Naiv!”

Schnell verstummte der Blonde als er merkte das seine Wut ihn leitete.

“ Ich... Es tut mir leid das ich dich amgeschrien habe. Verzeih mir. Nun- Nun sollte ich wohl gehen. Auf Wiedersehen Sven.”

Mit weichen Knien stand der Blonde auf. Sein Körper war kalt und der Regen hatte sich durch seine Kleidung gesogen. Ein leises krähen ließ ihn aufschrecken. Auf einem Ast über ihm saß ein Käuzchen. Das Gefieder war ein tiefes schwarz. Ungewöhnlich. Die Eule sah ihn aufmerksam zu. Und erst als der Elf sicher wieder bei seinen Freunden angekommen war flog er in den Nachthimmel.

~Don't trust the Forest~ |Wintersaft|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt