The Hell Trip

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Es war ein warmer Sommertag, ich saß im Auto auf der Rückbank, während vorne meine Eltern über den Stau diskutierten, in dem wir nun schon seit über einer Stunde standen.

„Leo, Schatz, hast du Hunger?", fragte mich meine Mutter auf einmal. Sie drehte sich um, sah mich lächelnd an und hielt mir einen Müsliriegel hin. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Mom, danke." Ihr Lächeln verschwand. Nun sah man eine besorgte Mine auf ihrem Gesicht. „Leo, du musst was essen, denk dran was der Arzt gesagt hat. Bitte iss.", sagte sie und legte mit den Worten mir den Müsliriegel auf den Schoß.

Ich seufzte. Wäre ich doch bloß nicht so doof gewesen, dann wäre ich jetzt vielleicht nicht hier in einem Auto auf dem Weg nach Hawkins. Alle meine Freunde hatten mich super traurig verabschiedet und ich hab jetzt natürlich gar keine Freunde mehr. Wenn ich dort Freunde finden sollte, dann.. dann fress ich einen Besen.

Ich kicherte beim dem Gedanken daran, einen Besen zu fressen. Ekelhaft.

Vom Lachen wurde mir schwindelig. Oh, bitte nicht wieder, dachte ich. Vor meinen Augen wurde es schwarz. Ich befand mich nun wieder dort. Hier war es kalt. Überall flogen Flocken rum und ich war alleine. Mutterseelenallein. Das Auto fuhr nicht mehr. Meine Eltern waren wie immer weg.

Ich hörte ein Geräusch. Es war ein langgezogenes, ohrenbetäubendes jaulen. Ich sah aus dem Fenster. Nicht weit von dem Auto stand eine Gestalt, die ich noch ne zuvor gesehen hatte. Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Die Gestalt sah aus wie ein Hund, ein schleimiger Hund. Er drehte seinen ekelhaften Kopf in meine Richtung und ich erwartete eine verschmutzte Schnauze zu sehen, aber- da war nichts. Es hatte keine Schnauze. Wie Blütenblätter waren fünf  Stück davon um seinen Kopf gewachsen. Im inneren waren messerscharfe Zähne die mich zurückschrecken ließen.

Ich kauerte mich in den Autositz rein und schloss meine Augen so fest ich konnte. Mein Kopf tat weh, ich versuchte mich zu befreien, aus dieser Welt. Dieser Unterwelt, die unserer aufs kleinste Detail glich und doch so anders war.

Auf einmal war da wieder der Geruch vom Kaffee und „Yesterday" von the beatles durchströmte beruhigend meinen Körper. Der Müsliriegel lag immer noch auf meinem Schoß, es gab keine Anzeichen dafür, dass ich weg war.

Mom und Dad waren am diskutieren darüber, wie lange wir noch in dem Stau stehen würden. Ich lächelte. Wenigstens sie hatten keine Probleme. Auch wenn ich ihnen vielleicht von meinen regelmäßigen Besuchen in der Unterwelt erzählen sollte. Immerhin ist daran bloß diese Hirnoperation schuld.

Ich sah aus dem Fenster. Der Himmel war blau. Fast keine Wolken waren zu sehen und wenn waren sie klein, weiß und sahen so wunderbar flauschig aus. Wattewölkchen, würde meine beste Freundin Hailey sagen. Ich vermisse sie sehr. Unsere traditionellen Übernachtungspartys waren eine Legende. Sie fanden immer am ersten Wochenende im Monat statt. Das machen wir schon so lange, dass ich mich gar nicht mehr dran erinnern kann, wie es überhaupt zustande gekommen ist. Ich meine, das haben wir gemacht.

Ich seufzte. „Leo, ist alles ok?", fragte meine Mom besorgt. Sie hatte das schlimme Bedürfnis alle fünf Minuten zu fragen, ob mit mir alles ok sei. Ich weiß sie meint es nur gut, aber es nervt.

„Ja, Mom, ich vermisse Hailey.", sagte ich traurig. Tröstend legte sie mir umständlich eine Hand auf das Knie und schaute mir in die Augen. „Ach, Leo, du wirst schon neue Freunde finden."

„Aber was ist wenn niemand mit mir Übernachtungen veranstaltet?", entgegnete ich trotz.

Mom mochte meine Übernachtungen mit Hailey nicht, dennoch hat sie nie nein gesagt. Sie wusste es hat mir viel bedeutet. „Dann macht ihr eben was anderes, Süße. Und nun ist gut.", damit drehte sie sich wieder auf ihren Platz nach vorne.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte aus dem Fenster. „Ich wollte nie nach Hawkins. Ich wollte nie auch nur weg von zuhause.", sagte ich beleidigt.

„Darüber haben wir schonmal geredet. Es ist nur zu deinem Besten." Na toll, jetzt mischt sich auch noch Dad ein. Wenn man einmal eine Diskussion mit ihm anfängt, ist er nicht zu bremsen. Aber ich ging das Risiko ein, mir war gerade sehr nach diskutieren und ich konnte in diesem dämlichen Stau eh nichts anderes machen, also legte ich es drauf an: „Das ist eure Schuld."

Dad schaute mit einer hochgezogen Augenbraue durch den Rückspiegel zur Rückbank. Man sah wie genervt er war. Normalerweise gehe ich einer Diskussion mit Dad aus dem Weg. „Leonora, du weißt wie es ist. Es tut uns leid, dass Hailey dort bleiben muss, aber es geht nicht anders. Versteh doch, dass es so kommen musste." Immer wenn Dad meinen vollen Namen benutzt, weiß ich das es ernst ist.

„Pah", sagte ich frech. „ich verstehe überhaupt nichts mehr. Ich hätte in San Francisco genauso wieder werden können wir früher!" ich schauderte. Das stimmte nicht. Als ich zum ersten Mal, einen Anfall hatte lebten wir noch in San Francisco. Ich war gerade draußen mit meinen Eltern in der Krankenhaus- Parkanlage, als mir schwarz wurde und.. naja dann war ich eben da. Man kann es sich nicht vorstellen, aber das Krankenhaus sah echt gruselig aus in der Unterwelt. Schwarz, verlassen und bestimmt voller Leichen.

„Leo! Jetzt ist aber mal gut! Du weißt genau, dass es nicht anders ging! Dr. Brenner hat gesagt, dass es besser ist wenn wir weg ziehen. Er hat uns vorgeschlagen nach Hawkins zu ziehen, weil es ein schönes, kleines, ruhiges Städtchen in Indiana ist. Ich weiß, es war ein langer Weg von San Francisco bis erstmal nur zur Grenze von Indiana, aber glaub mir, wir haben es bald geschafft.", mit einem Blick auf die vielen Autos vor uns fügte Mom hinzu: „Jedenfalls, wenn wir hier aus dem Stau raus sind. Die nächste Abfahrt ist nämlich unsere."

„Aha", sagte ich kurz, während ich mich wieder gemütlich in den Autositz pflanzte. Frage mich nur, was dieser Brenner so toll an Hawkins findet, während wir auch woanders hätten hinziehen können. Nach Minnesota, zum Beispiel.

Ich atmete geräuschvoll aus. Das konnte ja spaßig werden, wenn ich dann in Hawkins den lieben langen Tag zuhause sitze und fern schaue. Mom hat erzählt, dort sind gerade Sommerferien.

Eine andere Welt || Stranger ThingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt