achtzehn

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Der Sommer war hereingebrochen. Mein Training war so gut wie beendet. Cappu nannte mich nun immer eine „tötliche Waffe" und wenn ich in den Spiegel sah, glaubte ich es ihm. Meine Schultern waren breiter geworden und stahlharte Muskeln zierten nun meinen Bauch, meine Brust und meine Arme. Meine Haare waren wieder kurz, lagen in krauseligen Locken eng an meinem Kopf an und nun, da wir täglich in der Sonne lagen, waren meine Wangen geziert von kleinen Sommersprossen.

Der Matsch um unsere Halle hatte sich zu großem Teil in Wiese verwandelt. Chase lag neben mir in dem grünen Meer aus Blumen. Er hatte sich seine Haare kurz geschoren, nur ein paar Millimeter standen noch auf seinem Kopf. In einem leichten Hemd und einer Shorts bekleidet streckte er mit geschlossenen Augen sein Gesicht der Sonne entgegen. Ich saß im Schneidersitz dicht an seinem Kopf, kraulte diesen sanft. Zero lag neben Chase, die Kappe ins Gesicht gezogen. Auf ihm lag Puma, alle vier Gliedmaßen von sich gestreckt und fest am schlafen.

Mit meiner altbekannten Ungeduld versuchte ich aus den Gänseblümchen, einen Kranz zu basteln. Doch diese Tätigkeit gab ich schnell wieder auf, legte meinen Kopf neben Chases und schloss seufztend die Augen:"Wieviele Tage haben wir noch", fragte ich Zero, der dösend Puma durch die Haare strich. Er hob den Kopf kurz:"3", sagte er dann und schloss die Augen wieder.

3 Tage. 3 Tage, bis wir Arrows Lager angreifen und all die befreien würden, die nicht entkommen konnten wie wir. Ich blinzelte gegen die Sonne, blockte sie mit meiner Hand und betrachtete meinen Ringfinger. Anstelle des Verlobungsrings war ein dezenter, silberner Ring getreten. Wie wir erfahren hatten, reichte ein einfaches Online Seminar dazu aus, um Menschen zu verheiraten. Als Ginger davon erfuhr, begann er sofort unsere Hochzeit zu planen und vor einer Woche hatten Chase und ich, mitten im Wald, geheiratet.

Erneut hob ich meinen Kopf, blickte zu meinem Mann, der ruhig döste und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Leicht brummend huschte ein Lächeln über seine Lippen und er öffnete die Augen. Vorsichtig legte ich meine Hand über seine Augen, damit sie Sonne ihn nicht blendete und er legte seine Hand auf meine, lächelte wieder und schüttelte dann den Kopf:"Schau dich an, Charles", er strich mir über die Wange, als ich meine Hand langsam wegnahm:"Du bringst bestimmt fast so viel Muskelmasse auf die Skala, wie Tom Holland", sagte er und stach mir neckend in die Seite.

Kurz überlegte ich:"Ist das nicht dieser Spiderman Lauch?", fragte ich verwirrt und lachend hielt sich Chase den Bauch. Beleidigt grinsend haute ich ihm auf den Arm. An Chases Körperbau würde ich wohl nie rankommen. Von Zeros ganz zu schweigen.

Seufzend stand ich auf, streckte mich und hielt Chase dann die Hand entgegen:"Komm, wir gehen noch ein bisschen spazieren", sagte ich und deutete auf den Wald. Chase brummte, sah mich dann kopfschüttelnd an:"Lass mal, Zeros Training hat mich heute Morgen schon genug ausgepowered". Schulterzuckend nickte ich:"Okay, dann gehe ich eben alleine. Wir sehen uns später", ich lächelte sanft, beugte mich zu meinem Mann und drückte ich einen Kuss auf die Lippen. Als ich aufstehen wollte legte Chase die Arme um mich, drückte den Kopf an meine Brust:"Pass auf dich auf, Charlie", sagte er und küsste sanft meine Wange. „Immer doch", erwiderte ich und lief in den Wald.

———

Der Waldboden knirschte unter meinen Schuhen und ich hatte meine Hände in die Taschen gesteckt. Wir waren schon so oft den gleichen Weg durch den Wald gelaufen, dass sich ein kleiner Trampelpfad gebildet hatte, den wir nun als unsere Spazierrunde betitelten. Doch etwas war anders als sonst. Schon lange war keiner von uns mehr hier gewesen, doch die Blumen, die sich durch die gehärtete Erde kämpften, waren platt getreten.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen ging ich in die Hocke, fuhr mit dem Finger über den Fußabdruck, der in den Matsch getreten war. Wer außer uns würde hier lang laufen?

Als ich meinen Blick wieder nach vorne wendete, zuckte ich heftig zusammen, stolperte einen Schritt zurück. Ein Mann stand vor mir, etwa so groß wie ich, dunkle Haare und Augen, deren Blick sich in mich bohrte. „Wer bist du?", fragte ich sofort mit fester Stimme:"Was machst du hier?"

„Wir sind gekommen, um dich abzuholen, Charlie", eine Stimme hinter mir kam mir immer näher und ich drehte mich um, sah dem zweiten Mann ins Gesicht, der etwa zwei Meter von mir stand. Ich wich etwas nach rechts aus, um beiden Männer im Blick zu haben und ballte meine Hände zu Fäusten. Damals wäre ich vielleicht weg gerannt, hätte mich nicht wehren können. Doch jetzt war das anders. Ich war nicht mehr so schwach wie früher.

Mit einem Sprung versetzte ich einem der Männer einen Tritt in den Bauch und sofort ging er zu Boden. Der andere griff mich sofort von hinten mit seinem Arm um den Hals. Ich packte ihn an den Schultern, schleuderte ihn vor mich auf den Boden und versetzte ihm einen Tritt in die Brust. Der erste, der breites wieder stand, schlug mir mit der Faust ins Gesicht und ich taumelte etwas zurück, griff mir an die Lippe, die er getroffen hatte. Wütend knurrend schlug ich ihm ebenfalls ins Gesicht, traf seine Schläge zwei mal und er ging zu Boden. Mit einem Tritt gegen den Kopf legte ich ihn k.O.

Hinter mir hörte ich, wie der zweite Mann aufstand und als ich mich umdrehte war eine Waffe auf mich gerichtet:"Hände hoch", schrie der Kerl, der die Waffe entschlossen vor sich hielt. *Einfallsreich*, dachte ich, tat aber was er sagte und hob sich Hände. „Umdrehen", befahl er mir und als ich ihm den Rücken zuwendete, hörte ich, wie er mir näher kam. Als er nah genug war, trat ich ihm, indem ich meinen Oberkörper nach vorne beugte und mein Bein hoch schnellen ließ, die Waffe aus der Hand, drehte mich zu ihm um. Perplex schlug er einfach zu, traf meine Nase, die sofort zu bluten begann, doch ich zog ihm ein Bein weg, verpasste ihm im Fall einen Schlag und auch er blieb bewusstlos liegen.

Ich schnappte mir die Waffe, die auf dem Boden lag und rannte einfach los, Richtung Halle. Die Bäume schossen an mir vorbei, Äste schlugen mir ins Gesicht, doch das merkte ich kaum. Als ich aus dem Wald kam und die Halle sah, rannte ich nur noch schneller. Die Wiese, auf der Chase, Puma und Zero gelegen hatte , war menschenleer. Sofort sprintete ich zu der Tür, riss sie auf.

Chase saß auf der Couch, tippte irgendwas am Computer, Zero und Sushi kamen gerade aus der Küche. Alle drei sahen zu mir, als ich die Tür aufriss und Chase stand sofort auf:"Was ist passiert?", er blickte zu dem Blut an meinen Händen, musterte kurz die Waffe und kam dann auf mich zu, strich mit dem Finger über meine Lippe:"Charlie du blutest". Ich wich zurück, sah ihn außer Atem an:"Sie kommen. Sie sind hier. Puma muss hier weg".

Perplex schüttelte Chase den Kopf:"Was? Wovon redest du?", er zog die Augenbrauen zusammen. Ich drückte ihm die Waffe in die Hand, deutete auf das eingravierte A:"Sie wollten mich mitnehmen. Sie wissen wo wir sind". Chase verstand sofort, drehte sich zu Zero:"Ginger und Sushi nehmen Puma und verschwinden von hier. Hol Cappu und Venom, wir müssen die Halle verbarrikadieren", er gab mir die Waffe zurück. Sushi lief sofort nach oben, Zero ihm hinterher.

Schwer atmend stützte ich mich auf den Tisch:"Scheiße. Darauf waren wir nicht vorbereitet". Chase nahm mich an der Hand, zog mich an sich und legte die Arme fest um mich. Er kniff die Augen zusammen, drückte seinen Kopf an meinen:"Ich hoffe nur, dass dir nichts geschieht.". Auch ich legte die Arme um ihn, schloss kurz die Augen.

Meine Angst, Chase zu verlieren, stieg ins Unermessliche und ich wusste, dass auch Chase in diesem Moment an nichts anderes dachte, als an die Gefahr, dass ich sterben könnte.

Doch an diesem Tag begann der Krieg, auf den wir uns vorbereitet hatten. Und er sollte viel länger dauern, als wir gedacht hätten.

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Be kind :)

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