Kapitel 18

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Was zuletzt geschah:

Unter dem anhaltenden Motto ‚Erste Male', erleben Erik und Marco in der zweiten Hälfte ihres Dates jenes vielzitierte. Es läuft nicht perfekt – definitiv anders als sich Erik zuvor ausgemalt hatte – und strenggenommen stellt es für keinen der beiden das wirklich erste Mal dar, aber ... ist das relevant? Am Ende kommen sie sich auf eine neue Art näher und Erik macht einen weiteren Schritt auf sein Wunsch-Ich zu. Jenem Ich, das seine Grenzen wahrt und dennoch Intimität zulassen kann. Das verdankt er zum einen der steten Arbeit an sich selbst, zum anderen Marcos Verständnis und Geduld, die dieser ihm entgegenbringt, ohne auf Antworten zu drängen.

Kapitel 18

Marco fröstelte. Eisige Finger gruben sich in seine Seiten, klammer Atem wehte über sein Schlüsselbein und tonnenschweres Gewicht drohte seine Brust einzudrücken. Gänsehaut überzog seinen Körper. Schnaufend schob er Erik von sich.

Selbst mit Abstand zu dieser menschlichen Gefriertruhe, fand Marco nicht zurück in den Schlaf. Dafür sendete seine Blase eine zu deutliche Botschaft an sein Gehirn, das Bad aufzusuchen, und zwar bitte bald. Trotzdem nahm er sich zuvor einen Moment, seinen schlafenden Freund im warmen Morgenlicht zu mustern.

Die zartrosa Lippen einen Spalt geöffnet, die Stirn faltenfrei, lag Erik mehr zwischen als auf den Kissen. Seine Finger zuckten im Rhythmus eines Traumes und seine Lider flatterten, ohne sich zu öffnen. Er sah friedlich aus; offen und zugänglich, keine Spur von den zahlreichen Schutzwällen, mit denen er sich tagsüber umgab. Seiner menschlichen Wärmequelle beraubt, zog er die Knie an seinen Körper, bis er einem verschlungenen Knäuel glich.

Behutsam breitete Marco die am Fußende liegende Bettdecke über Erik aus, ging sicher, ihn dabei nicht geweckt zu haben und tapste ins Badezimmer. Vom Blasendruck erleichtert, unter einem lauwarmen Wasserstrahl, der sich in einen Geysir verwandelte, wann immer ein Nachbar das bedauerliche Timing besaß, die Klospülung zu betätigen, ließ er den vergangenen Abend Revue passieren.

Erregung belebte bisher müde Körperteile, doch Marco zwang sich, einen klaren Kopf zu bewahren. Selten hatte sich Erik ihm gegenüber so verletzlich gezeigt und er fürchtete, dieses Vertrauen mit einem einzigen falschen Schritt auf Nimmerwiedersehen zu zerstören. Bevor er seinem körperlichen Verlangen nachgab, wollte er sicherstellen, dass Erik sexuelle Avancen genoss und nicht in erster Linie emotionale Nähe suchte.

Ein Handtuch um die Hüften geschlungen, kehrte Marco in sein Wohn-Schrägstrich-Schlaf-Schrägstrich-Esszimmer zurück, wo er abrupt stoppte. Wenige Meter entfernt, in seinem direkten Blickfeld, reckte sich ein von engen Boxershorts umschmeichelter Po in die Höhe. „Will ich wissen, was du da treibst?"

„Den herabschauenden Hund." Als spürte Erik Marcos verständnislosen Blick in seinem Rücken, stellte er klar: „Yoga. Mache ich jeden Morgen."

„Warum?" Marco umrundete Erik, während dieser versuchte, mithilfe seines Körpers und des Bodens ein gleichschenkliges Dreieck zu bilden.

„Weil es mich entspannt."

Das Wort ‚entspannt' lag eher nicht auf Marcos Zunge, als Erik in einer fließenden Bewegung sein Gewicht auf die Oberarme verlagerte, bäuchlings auf die Matte sank und den Rücken durch streckte, bis seine Haltung einer Kobra glich, die sich zum Biss bereitmachte. „Was willst du zum Frühstück?"

„Hm?" Erik kehrte zurück in den runterguckenden Köter. „Ich frühstücke eigentlich nie."

„Nah, das gibt's bei mir nicht. Eier? Toast? Arme Ritter?"

Bei letzterem ruckte Eriks Kopf nach oben. „Würdest du Waffeln machen?"

„Dazu fehlt mir das Waffeleisen", antwortete Marco geknickt. Gerne hätte er Erik an ihrem ersten gemeinsamen Morgen das perfekte Frühstück zubereitet.

Wolken mit TomatensoßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt