Kapitel 13

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Was zuletzt geschah:
Erik lernt Marcos Wohnung, Kochkünste und kleine Schwester kennen. Letztere sprengt einen Abend, der auch ohne ihren Spontanbesuch ausreichend Herausforderungen bietet, denn noch immer hadert Erik mit der Frage, wie viele seiner Komplexe er Marco zumuten kann und muss. Wenigstens rückt er vor dem verfrühten Ende seines Besuchs mit dem Grund heraus, weshalb er zum Boxen geht, anstatt in sein geliebtes Schwimmbad. Prompt lädt Marco ihn zu einer samstäglichen Schwimmrunde ein.

Kapitel 13
Als Marco Erik auf sich zukommen sah, fragte er sich, was ihn geritten hatte, diesen Ausflug vorzuschlagen. Nicht, dass Erik unwillig wirkte. Oder nervös. Im Gegenteil, er zeigte keinerlei Emotionen, hatte denselben schützenden Vorhang über sich geworfen wie bei ihren ersten Begegnungen.

Deshalb griff Marco zu einem eingeübten Trick, den er immer dann anwandte, wenn er nicht wusste, wie er mit seinem Gegenüber umgehen sollte. Er setzte sein charmantestes Lächeln auf. „Na, einigermaßen fit?"

Erik zuckte mit den Schultern. „Passt schon, schätze ich."

Ein Lächeln allein reichte also schonmal nicht aus, ihn aus seinem Schneckenhaus zu locken. In diesem Fall musste Marco den Einsatz erhöhen. Er breitete die Arme aus und lud Erik damit wortlos ein, sich an ihn zu schmiegen. Und tatsächlich, keine zwei Sekunden später umschloss er dessen schlaksigen Körper, fühlte die vor Anspannung versteiften Muskeln. „Nervös?"

„Nein ... doch." Erik seufzte. „Ziemlich."

Marco schob ihn weit genug von sich, um ihm in die Augen zu sehen. „Es wird absolut nichts passieren, okay? Außerdem bin ich ja auch noch da. Ich schwimme wie eine Bleiente. Wenn heute jemand Aufmerksamkeit auf sich zieht, dann ganz sicher ich."

Überrascht hob Erik die Brauen. „Du kannst nicht schwimmen?"

„Klaro kann ich schwimmen. Immerhin habe ich diesen, äh, wie nennt man das doch gleich ..."

„Freischwimmer?"

„Nah, das andere. Niedlicher. Ähm ... Schildkröte?"

„Meinst du das Seepferdchen?" Erik runzelte die Stirn. „Wann warst du das letzte Mal im Wasser? Also so richtig, nicht nur Planschen in der Badewanne", nahm er Marcos Witz vorweg.

„In der Grundschule." Marco gab sich große Mühe weniger verlegen auszusehen, als er sich fühlte. Immerhin lenkte sein Geständnis Erik von dessen Nervosität ab und er nutzte die Gelegenheit, ihn in den – abgesehen von der Kassiererin – menschenleeren Eingangsbereich zu manövrieren. Mit ein wenig Glück beugte er damit zugleich weiteren unangenehmen Fragen vor.

Keine zwei Minuten später standen sie bei den Umkleiden. Erik holte hörbar Luft, murmelte ‚Bis gleich' und zog sich in eine der Einzelkabinen zurück. Marco belegte die Kabine neben ihm und kramte in seiner Sporttasche nach der vor weniger als einer Stunde erstandenen Badehose. Während er noch mit dem Gummizug kämpfte, der eine Spur enger ausfiel als er bei dieser Größe sollte, klickte das Türschloss neben ihm und nackte Füße platschten über Fliesen.

Eilig stopfte Marco seine Straßenklamotten in seine Tasche, um sich Erik anzuschließen. „Na dann mal l–" Der Laut erstarb auf seiner Zunge. Erik stand barfuß vor ihm, seinen Rucksack über die linke Schulter geschlungen, mit nichts als einer dunkelblauen Badehose bekleidet, die deutlich körpernäher ausfiel als Marcos Modell. In diesem Augenblick erkannte Marco zwei Dinge.

Zum einen sah er Erik das erste Mal nahezu unbekleidet. Zum anderen gaukelten dessen übliche Schlabberklamotten einen schlaksigeren Körperbau vor, als es der Realität entsprach.

Sehnige Muskelstränge verliefen wie Draht unter Eriks Haut, spannten über seine Arme und formten auf seinem Bauch die Ansätze eines Sixpacks. Kein Härchen bedeckte seine Brust, doch der goldene Pfad, der vom Nabel bis zum Bund seiner Badehose führte, lud dazu ein, ihm zu folgen. Unvermittelt verdeckte ein Handtuch die reizvolle Aussicht.

Wolken mit TomatensoßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt