Was zuletzt geschah:
Zuerst nagt das schlechte Gewissen an Marco, dann der Zweifel. Eine wenig erfreuliche Begegnung mit Erik und dessen auffallender Angewohnheit, mit dem Umziehen zu warten bis Marco außer Sichtweite verschwindet, ist ein weiterer Tropfen auf einem an diesem Tag bereits sehr vollen Fass. Auf der Suche nach Trost und gutem Essen besucht Marco das Café, in dem er einen nicht unwesentlichen Teil seiner Jugend verbracht hat und findet offene Ohren, aber auch klare Worte, die ihm den Kopf wieder zurechtrücken.Kapitel 4
Er hatte doch noch fünfzehn Minuten Zeit. Frustriert stöhnend legte Erik seine Uhr zurück auf den Nachttisch. Sein Wecker klingelte erst in fünfzehn Minuten und das war für seinen Geschmack noch drei Stunden zu früh. Warum zur Hölle klopfte schon jetzt jemand gegen seine Zimmertür?„Was ist?"
Dankbarerweise nahm die halb über sein Gesicht gezogene Bettdecke etwas Wucht aus seiner Stimme, denn von der anderen Seite der Tür antwortete nicht Charlotte, der er den Bruch seiner vor-zehn-Uhr-bin-ich-nicht-ansprechbar-Regel durchaus zutraute, sondern Aisha. „Telefon für dich!"
Grummelnd wälzte sich Erik aus dem Bett, schwor wie beinahe jeden Morgen, seine eigene Wohnung mit Teppich auszulegen, um dem kalten Fußboden zu entkommen und schlüpfte Aisha zuliebe in Jogginghose und Pullover, bevor er ihr öffnete. „Wer ...?" Aishas hochgezogene Brauen lieferten die wortlose Antwort und Erik unterdrückte ein Seufzen, als er ihr den Hörer aus der Hand nahm. „Hallo, Tante Susanne."
„Guten Morgen, Erik."
Dieser verzog das Gesicht. Wie üblich schaffte es seine Tante, gleichermaßen erstaunt wie enttäuscht darüber zu klingen, dass er den Anruf angenommen hatte. „Was willst–" Er räusperte sich. Es mochte zu früh für höfliches Geplänkel sein, aber deshalb musste er sich noch lange nicht wie ein Höhlenmensch anhören. „Was gibt es denn?"
„Wie geht's dir?" Offenbar scheute sich Susanne davor, sofort zum Punkt zu kommen. Kein gutes Zeichen.
„Ah, ganz gut, danke. Und euch?"
„Blendend!" Erik konnte das falsche Lächeln hinter den Worten hören. „Sophia hat nach dir gefragt. Sie geht nächste Woche mit ein paar Freundinnen Schlittschuhlaufen und möchte, dass du mitkommst. Ist wohl cooler als von Mama begleitet zu werden." Ein kurzes Zögern. „Denkst du, du ..."
„Ich komme gerne mit", versicherte Erik, ohne dafür lügen zu müssen. „Solange ich rechtzeitig Bescheid weiß und meine eigenen Termine planen kann–"
„–wenn dir das zu viel ist–"
„–ist es nicht. Wie gesagt, ich mach's gerne."
„Das wäre lieb. Aber wirklich nur, wenn du das schaffst. Ich weiß ja, dass du viel Stress in der Schule hast."
‚Stress in der Schule' klang aus Susannes Mund verdächtig nach ‚Ich halte dich für labil und fürchte, du könntest dir oder anderen wehtun, wenn du gezwungen bist ein paar Stunden auf deine Cousine aufzupassen. Eigentlich möchte ich auch gar nicht, dass Sophia so viel Zeit mit dir verbringt'.
Erik bemühte sich, diesen unwillkommenen Gedanken abzuschütteln, aber so wirklich wollte ihm das nicht gelingen. „Es ist wirklich kein Problem", versicherte er nochmal. Ein Blick auf seine Uhr rückte das erlösende Ende dieses Gesprächs in greifbare Nähe. „Du, ich bin gleich mit einem Bekannten verabredet und muss mich allmählich fertig machen. Gibt es noch etwas Wichtiges?"
„Ach so, ja. Ich war gestern am Grab."
Das billige Plastik des Telefonhörers knackte unter Eriks Griff. Es gab eine Menge Themen, mit denen er sich an einem Samstagmorgen nicht beschäftigen wollte und der Tod seiner Eltern stand ganz oben auf dieser Liste. „Und?"

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Wolken mit Tomatensoße
Roman d'amourMarcos Leben läuft prächtig. Er hat einen Job, Freunde und eine Ersatzfamilie. Zugegeben, sein Liebesleben liegt derzeit ziemlich brach und dann ist da noch die Sache mit seiner richtigen Familie. Und warum hat eigentlich der Neuling im Boxstudio st...