23-Isi

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Als sie am nächsten Morgen durch ihren Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde war Momo verschwunden. Kurz überlegte sie ob das ganze doch nur ein Traum gewesen war, doch ihr Spiegelbild und ein kleiner Zettel, mit einer Notiz von Momo, belehrten sie eines besseren. Schläfrig trat sie vor den großen spiegel. Ihre Haare waren zerzaust und ihre Locken standen wild in alle Richtungen ab. Ihre Augen glitzerten und an ihrem Schlüsselbein war ein einziger, kleiner Knutschfleck. Sie seufzte, zog sich an und brachte mit einer Bürste und viel Kraftaufwand ihre Haare wieder in Ordnung. Sie lächelte, die Nacht war wunderschön gewesen. Sie wollte die Schuldgefühle und das schlechte Gewissen so lange wie möglich zurück halten und lieber noch ein wenig den Moment genießen. Ihr Handy klingelte. Mina. "Guten Morgen! Na? Gut geschlafen?", Mina klang wie immer fröhlich. "Kann man so sagen, ja", erwiderte sie und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. "Aha?", Minas Stimme sprudelte nur so vor Neugierde "Was soll dass denn heißen?" "Das sag ich dir später. Du holst mich ab, wie immer oder?", versuchte sie sie zu beschwichtigen. "Jap. In zwanzig Minuten bin ich da", dann legte sie auf. Noch immer lächelnd betrat sie die Küche und setze sich zu ihrem Vater an den Tisch. "Will der junge Mann nicht auch etwas essen?", fragte dieser, den Blick in der Zeitung. Isi erstarrte in ihrer Bewegung. "Was...was meinst du?", ihre Stimme zitterte. Ihr Vater legte die Zeitung beiseite und sah sie musternd an. "Ich hab ihn gestern Nacht ankommen sehen und, verzeih mir das sagen zu müssen aber, gehört hab ich euch auch", Isi spürte wie ihr Gesicht sofort die Farbe einer reifen Tomate annahm. Sie wollte etwas sagen doch da fing ihr Vater an zu lachen und winkte ab. "Is doch alles gut. Du bist alt genug um sowas selber zu entscheiden. Das nächste Mal könnte er nur vielleicht etwas früher als um halb eins kommen ja?", erleichtert nickte sie und stimmte in das Lachen mit ein.

"Du hast was?!", sie hätte zugegebenermaßen nicht damit gerechnet dass Minas Reaktion schlimmer als die ihres Vaters werden würde. "Schrei nich so" hektisch sah sie sich um, ob jemand in Hörweite war "Es war nich geplant okay? Was is schon dabei?" "Nichts aber...", Mina fuchtelte mit den Armen herum als würden ihr die Worte, die sie scheinbar so verzweifelt suchte, dadurch leichter einfallen "Aber warum?" "Ich weiß nich", sagte sie verlegen und eine kurze Pause entstand. "Naja", brach Mina schließlich die Stille und zuckte die Shultern "wars denn wenigstens gut?" grinsend boxte sie ihr in die Seite und nickte dann. Nur die Schulklingel ersparte ihr weitere Fragen von Mina, die bei dem schrillen Ton kurz zusammen zuckte und sich dann in Richtung der Sporthalle machte. Sie selbst hatte jetzt Englisch, nicht wirklich ihr Lieblingsfach aber es gab schlimmeres.
Als sie das Zimmer betrat suchten ihre Augen den Raum ganz automatisch nach Momo ab. Sie hatte ihn schnell gefunden, eine Traube von Menschen standen um ihn herum, er schien etwas zu erzählen denn seine Hände gestikulierten wild durch die Luft. Sie konnte die Leute um ihn herum immer mal wieder lachen hören, doch was er erzählte verstand sie nicht. Sie setzte sich neben Nicho, wie immer. Er hatte seine Kopfhörer auf und den Kopf auf dem Tisch abgelegt, auch wie immer. Ihr Lehrer war noch nicht da und so beschloss sie ebenfalls noch Musik zu hören um die Anwesenheit der anderen nicht mitbekommen zu müssen. Sie hatte schnell festgestellt dass es kaum Idioten in dieser Klasse gab, anders als in ihrer alten Klasse. Trotzdem tat sie es Nicho gleich und reduzierte ihre Kontakte auf ein Minimum. "Honey's just twenty-two
And she doesn't know what to do
So I tell her "don't cry, can't worry 'bout time" sie summte leise mit, als eine hecktische Bewegung neben ihr sie aus ihren Gedanken riss. Michelle. Eine der wenigen aus der Klasse die sie immer mal wieder ansprach. Sie wusste nicht warum aber irgendwie konnte sie sie nicht leiden. Jetzt hatte Michelle ihre große Tasche auf Momos Platz abgestellt und war gerade dabei sich zu setzen als genau dieser seine Erzählung unterbrach und sie anschaute. "Ey! Das is mein Platz!", rief er in ihre Richtung und wand sich erneut den anderen zu. Genervt verdrehte sie die Augen und ließ sich stattdessen neben Isi fallen. "Man. Der soll mal kein Drama machen. Is doch nur n Platz", entnervt nahm Isi ihre Kopfhörer vom Kopf. Das wars jetzt wohl mit ihrer Ruhe. Michelle war kein Mensch der gerne still war. "Wenn es nur ein Platz ist. Dann sollte es dich ja ebenso wenig stören nicht dort sitzen zu können", entgegnete sie. Michelle verharrte kurz in der Bewegung, dann lachte sie "Maaann. Du weißt was ich meine." Und noch bevor Isi etwas entgegnen konnte begann Michelle ihr von allen möglichen Dingen zu erzählen die sie getan hatte und die sie gerne tun würde und überhaupt schien sie einfach jeden einzelnen Gedanken den sie hatte auszusprechen. Vielleicht platzte sie ja wenn sie das nicht tat, das wäre die einzige Erklärung die Isi hatte, um einen solchen Redebedarf zu rechtfertigen. Zum Glück erschien wenig später ihr Lehrer und Michelle konnte nur noch flüsternd weiter reden, was Isi, sehr viel besser ausblenden konnte.

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