37-Momo

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die Dunkelheit wurde nur von leiser Musik und einem gleichmäßigem Surren unterbrochen. Den Schmerz unter seiner Haut ignorierte er so gut es ging, während die schwarze Tinte durch seine Haut drang, die Linien waren wacklig, unregelmäßig. Eigentlich war er immer recht gut darin gewesen Tattoos zu stechen, doch sein vernebelter Kopf ließ es nicht zu, dass er die Nadel still hielt. Egal. Alles war egal, war war schon von Dauer? Er setzte ab, legte die Maschine neben sich auf sein Bett und griff sich das Glas. Von der Spülmaschine verbleibt waren blasse Fische auf das Glas gedruckt. Lila Sprite war im Inneren, er trank einen weiteren Schluck. Dann schaltete er das Summen wieder an. Codein in seinem Kopf und Farbe in deinem Arm, eine ungünstige Mischung doch nach wenigen weiteren Minuten war er fertig. Er legte die Maschine auf den Boden, schüttete irgendein Desinfektionsmittel über die, leicht blutende Stelle und betrachtete das Ergebnis kurz. 'feels like hell here' stand, leicht schief auf seinem Handgelenk. Er ließ sich zurück fallen und schloss die Augen. Sie nahm vorsichtig seinen Arm und betrachtete ebenfalls das Ergebnis. "Is schön", sagte sie sanft bevor sie sich neben ihn legte, nicht bevor sie selbst noch einen Schluck nahm. Sanft strich er ihr durch die dunklen Haare. "Wirklich?", Bea nickte leicht, antworte aber nicht. Ihre Haare lagen wie Bindfäden über seinem nackten Oberkörper und wie die Tinte schienen sie durch seine Haut zu dringen, schmerzhaft und doch schön. Hatten sie sich wieder vertragen? Hatten sie überhaupt je Streit gehabt? Er wusste es nicht, Bea war wie eine Wundertüte, jedes Mal wenn sie Kontakt hatten war anders, mal schien es als wäre sie wütend, mal als wäre alles gut, ausgesprochen hatten sie sich nie. "Was hast du heute gemacht?", fragte sie nach einer Weile. "Ich war in der Stadt" "im Buchladen?", ihre Worte waren schneidend. Woher wusste sie überhaupt davon? Doch diese Frage lohnte sich nicht gestellt zu werden, Bea wusste immer alles. Er schüttelte den Kopf. "nein, da war ich nicht mehr seit Montag" "wie geht es ihr?" "Sie hat mir gesagt, dass sie mich liebt", schweigen. Langes schweigen, Beas Haare schienen sich in seinen Körper hinein zu ätzen, als sei sie giftig, als würde sie ihn langsam und qualvoll zersetzen. "Ich hab mit ihr geschlafen", wieder antwortete sie nicht. Er konnte es ihr nicht verübeln, er wusste wie sich dieser Satz anfühlte, was er in einem auslöste, zumindest wusste er was es bei ihm ausgelöst hatte. "ich weiß", sagte sie schließlich und richtete sich auf. "Du weißt?", wiederholte er, ehrlich verwirrt. "Ich weiß immer alles Momo. Du kannst nichts tun ohne dass ich davon erfahre. Ich weiß alles über dich", er schaute ihr lange in die Augen. Er wusste, dass sie die Wahrheit sagte, sie war wie eine Spinne in dem Spinnennetz seines Lebens, in dem er scheinbar nur eine Fliege war. Er wollte sich entschuldigen, sich rechtfertigen, ihr vorwerfen, dass das nie passiert wäre wenn sie zuvor nicht das selbe getan hätte, doch nicht von alle dem kam über seine Lippen. Beas Blick war so unfassbar neutral, dass es unheimlich war, als wäre sie gar kein Mensch. Schließlich legte er sich wieder hin, trank das Glas leer und wartete. Alles konnte jetzt passieren, alles über Wut, Tränen, Sex oder rein gar nichts. Bea schien zu überlegen, schließlich setzte sie sich auf sein Becken und lehnte sich über ihn. "Ich weiß immer alles über dich Momo, also überleg dir beim nächsten Mal ob du wirklich all das aufs Spiel setzen willst was ich für dich bin", sie sprach sanft, ganz nah an seinem Gesicht, er konnte ihren Atem spüren, ihre Hände die an seiner Brust lagen. Sie küsste ihn sanft und kurz, fast liebevoll. Dann richtete sie sich langsam auf.
Sekunden später zerschellte das Glas Zentimeter neben seinem Kopf an der Wand, die lachenden, bunten Fische waren nur noch trübe Splitter ihrer selbst, er spürte Scherben in seinem Gesicht, seinem Haaren "du bist erbärmlich", spuckte sie ihm noch entgegen, dann war sie aus seinem Zimmer verschwunden.
Er sah ihr eine Weile nach, eine warme, nasse Flüssigkeit rann über sein Gesicht. Er wusste nicht ob es Tränen oder Blut waren, doch es interessierte ihn auch nicht. Emotionslos stand er auf, zog sich etwas über und verabredete sich mit Jamie zum Skaten.

Alles GuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt