7-Isi

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Draußen war es schon dunkel und Regentropfen liefen über die zerkratzen Plastikscheiben der Bahnfenster. Sie saßen sich in einem Vierer-Platz gegenüber und starrten beide stumm aus dem Fenster. Der Wagon war nur spärlich besetzt und so war es fast komplett still, nur das rattern des Zuges war zu hören. Isi mochte Stille nicht sonderlich, normalerweise hätte sie jetzt Musik gehört, doch es erschien ihr unhöflich, auch wenn ihr auffiel dass Momo einen Kopfhörer im Ohr hatte, während er gedankenverloren mit dem anderen herumspielte. Ihr fielen seine Hände auf, sie waren dünn und knochig, aus irgendeinem Grund fand sie es jedoch sehr attraktiv. Ihr fiel auf dass seine Hände voller Narben waren, kleine rosa Kreise, einer neben dem anderen, teilweise überlappen sie sich. Als der Stoff seines Pullovers verrutschte kamen zwei Brandblasen zum Vorschein, in gleicher Größe, perfekte Kreise. "Eklig oder?", fragte er, er war wohl ihrem Blick gefolgt und sah nun ebenfalls seine Hände an. Sie spürte wie sie rot wurde "Eh..ehm...nein", druckste sie herum. Er lachte kurz auf. "Schon gut", dann kramte er in seiner Jackentasche, zog einen Schlüssel heraus und kratzte damit die Blasen auf. Eine klare Flüssigkeit floss heraus, die er, mit ausdrucksloser Miene an seiner Jacke abwischte. "So sehen sie viel schöner aus, nicht?", sagte er dann, fast schon träumerisch. Noch bevor sie etwas antworten konnte versteinerte seine Miene wieder "Tschuldigung, ich bin manchmal ein bisschen komisch", sein Tonfall klang locker, sarkastisch, doch sie meinte auch eine Spur von Reue und Besorgnis hören zu können. Die Bahn hielt und Momo symbolisierte ihr dass sie aussteigen mussten. Draußen war es kalt und windig, der Regen peitschte in feinen Fäden auf sie herab. Isi schlang ihre Jacke fester um sich. Sie liefen zum Glück nur etwa fünf Minuten, dann hielt Momo vor einem unscheinbarem Einfamilienhaus und klingelte. Sie konnte schon dumpf die Bass-lastige Musik von drinnen hören. Nicho öffnete schwungvoll die Tür. Er war wie ausgewechselt, während er sie in der Schule größtenteils ignorierte und auch sonst kaum Reaktion auf etwas zeigte, war er jetzt schwungvoll und schien durch und durch glücklich zu sein "Momoo", Nicho umarmte Momo hecktisch und auch sie drückte er. Sie konnte den gewohnten Geruch von kaltem Rauch wahrnehmen. Sie tragen ein, Momo warf seine Jacke achtlos in eine Ecke und sie tat es ihm nach. Es waren nicht viele da, vielleicht 15 oder 20 Leute maximal, ihr war das ganz recht denn das Wohnzimmer war nicht besonders groß und der Raum war fast komplett voll. Nicho saß inzwischen auf dem Sofa, in beiden Händen einen Becher, aus denen er abwechselnd trank. Sie lächelte Momo an und, er lächelte zurück.

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