31-Isi

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Kurz hatte sie mit dem Gedanken gespielt ihm einfach die Tür vor der Nase zu zuschlagen, doch er gab einen so erbärmlichen Eindruck ab, dass sie es schlicht nicht übers Herz brachte. Noch immer stand er, leicht schwankend vor ihrer Tür und starrte die kleine, dunkelrote Pfütze an, die halb auf den Stufen zum Haus, halb auf seinen nackten Füßen gelandet war. Auch sie starrte die Pfütze an. Wieso war seine Kotze rot? War das Blut? Panik schoss in ihr auf. Er würde sterben! Sie spürte wie ihr Fluchtinstinkt in ihr hoch kam. Weg hier! Hilfe holen! Doch noch bevor sie sich auch nur einen Millimeter bewegt hatte drang eine ruhige, fast gleichgültige Stimme, von hinten an ihr Ohr. "Blut?" "Rotwein...und Cola... vermutlich", ihr Vater war unbemerkt hinter sie getreten, das Klingeln musste ihn geweckt haben, ebenso wie sie. Sanft schob er sie jetzt zur Seite, noch immer war sie wie erstarrt. Dann zog er Momo mit sich ins Haus. "Wisch das auf", rief er ihr noch zu, freundlich aber bestimmt. Dann bugsierte er Momo ind Bad.

"Hab ihn unter die Dusche gestellt, ich hoff mal das bekommt er hin", sie saßen sich gegenüber am Küchentisch. Alles war dunkel, bis auf die warme, schwache Lampe direkt über ihnen. Isi umklammerte eine Tasse mit Tee, ihr Vater sah sie schweigend an. "Danke", flüsterte sie. Er atmete tief durch, als müsse er sich erst beruhigen bevor er antwortete "Isi ich hab wirklich kein Problem damit mit wem du dich wann triffst aber ich will nicht nochmal einem fremden Jungen um vier Uhr morgens beim ausziehen helfen. Ich muss in zwei Stunden zur Arbeit man". Sie bebte, sie wollte ihm sagen, dass sie ihn nicht hergebeten hatte, dass es nicht ihre Schuld war und dass er ihr Herz gebrochen hatte, doch das einzige was über ihre Lippen kam war ein wimmerndes "Es tut mir leid", dann rannen Tränen über ihre Wangen. Ihr Vater seufzte, nahm ihre Hand in die seine und strich langsam über ihren Handrücken. "Is nich deine Schuld. Hörst du? Es passiert nicht nochmal", sie nickte und versuchte sich zu beruhigen. "Wer is das überhaupt?" "Momo", ihrr Stimme war noch immer zittrig "Er hat ein Drang für nächtliche Besuche oder?", Er grinste, auch sie musste lachen "ja", hustete sie heraus, in einer Mischung aus Lachen und Tränen. "Naja, ich seh Mal nach ihm. Geh wieder ins Bett, ich leg ihn auf die Couch", sie umarmte ihren Vater fest bevor sie nach oben ging, nur noch vereinzelt liefen ihre Tränen ihr Gesicht herunter und die Panik war fast weg.
Als ihr Kopf das weiche Kissen ihres Bettes berührte und sie unter ihre, noch warme Decke schlüpfte, schien es als würde ihr Bett sie umarmen. Noch nie war sie so schnell eingeschlafen.

Als sie aufwachte schien es hell von draußen herein. Der Himmel war so einheitlich grau, dass es schien als wäre er gar nicht wirklich da. Ihre Augen waren noch leicht verheult und ihre Wangen waren trocken und spröde von den getrockneten Tränen und trotzdem fühlte sie sich um einiges besser als noch vor ein paar Stunden. Sie schrieb Mina was passiert war und Mina lud sie umgehend auf einen Kakao in einem kleinen Café ein.
Als sie die Treppe hinunter lief erblickte sie ihn, er lag auf der Couch, regungslos, neben ihm stand ein Eimer, den ihr Vater wohl in weiser Voraussicht dort platziert hatte, ob er ihn gebraucht hatte konnte sie nicht sehen. Etwas in ihr wollte zu ihm gehen, ihn richtig zudecken, ihm die Haare aus dem Gesicht streichen, etwas anderes in ihr wollte ihm ein Messer in die Brust rammen. Sie entschied sich für keins von beidem sondern verschwand einfach durch die Haustür, in der Hoffnung, wenn sie zurück kommen würde, würde sie nichts mehr, auch nur im entferntesten mehr an ihn erinnern. Er sollte ebenso spurlos verschwinden wie der tiefrote Fleck Kotze, den sie gestern mit wasser und Seife entfernt hatte.

Alles GuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt