Kapitel 28

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Maélys Sicht
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„Allein die Vorstellung, Dimitri könnte auch nur in die Nähe meines Körpers kommen, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.

"Ähh... Nein", erwiderte ich, wobei ich den plötzlich aufkommenden Würgereiz unterdrücken musste. "Ich weiß ja nicht, wovon du Nachts träumst. Aber du und ich... Never Ever!"

Für einen kurzen Augenblick schloss ich meine Augen um meinen Magen wieder zu beruhigen. Als ich sie wieder öffnete, holte Dimitri den Schlüsselbund hervor und schloss die Tür auf. Quietschend gewährte sie ihm eintritt. "Weißt du, ich habe schon immer eine Schwäche für vorlaute Mädchen wie du es bist", meinte er, bevor er mir seine Finger rechts und links in die Wangen drückte. "Schade ist nur, dass ich nichts mehr hasse, als euch Hexengesindel. Daher werde ich in der ersten Reihe sitzen, wenn euch das Feuer langsam aber sicher in einen Haufen Asche verwandelt und euch der Wind in alle möglichen Richtungen der Erde verteilt."

Er grinste breit und wenn ich nicht gefesselt gewesen wäre, hätte ich ihm eine runter gehauen. "Du bist einfach nur widerlich. Ich hasse dich", flüsterte ich ihm entgegen, was sein Grinsen nur noch breiter werden ließ.

"Na, na, na... da hat aber jemand in der Schule nicht gut aufgepasst. Weißt du nicht, dass der Hass ohne die Liebe nicht existieren kann?", klärte er mich auf, während er sich mit der linken Hand an der Wand abstützte und meinem Gesicht gefährlich nah kam. Ich hielt seinem Blick für einen kurzen Moment stand, damit sich ein Plan in meinem Hirn bilden konnte. Auch wenn ich mit den gefesselten Händen nicht wirklich viele Möglichkeiten hatte. Es war wie bei dem Einhändigen Banditen, wo sich die Felder drehen und Bilder in eine Reihenfolge brachten. Sekunden vergingen und plötzlich knackte ich den Jackpot.

"Weißt du was, Dimitri?", brachte ich schließlich hervor und zwang ihn den Griff um meinen Mund etwas zu lockern. "Fahr zur Hölle!"

Ich holte aus und trat ihm dahin, wo es einem Mann verdammt wehtat. Allerdings wandte er sich daraufhin nicht wie ein Wurm auf dem Steinboden. Vielmehr sah er einen kurzen Moment überrascht drein, bevor er mein Gesicht losließ und zu einer Ohrfeige ausholte. Kaum berührte sein Handrücken mein Gesicht, fuhr mein Kopf zehn Runden Karussell auf höchster Stufe. Schlagartig wurde mir Speiübel, als der metallische Geschmack sich in meinem Mund verteilte. Ich spuckte den ersten Schwall auf den Boden und fixierte einen Punkt in Dimitris Gesicht, damit sich der Schwindel legte. "Versuch das noch einmal und ich schwöre dir, du wirst mich nach dem Scheiterhaufen anbetteln, Hexe!", hörte ich ihn durch ein monotones Piepsen in meinen Ohren sagen. Doch auch wenn meine Wange höllisch schmerzte und mein Kopf kurz vor der Explosion stand, lächelte ich ihn an. Was Dimitri anscheinend noch mehr zur Weißglut brachte.

"Was gibt es da zu Grinsen?", fragte er mich. Doch meine Antwort war ein immer lauter werdendes Lachen. "Jetzt wird sie verrückt...", hörte ich Mara sagen. "Sei still!", blaffte Dimitri sie an, bevor er sich wieder mir zuwandte. "Sag mir sofort, was so witzig ist! Anscheinend habe ich den Witz verpasst."

Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich beruhigt hatte. Doch dann wurde ich ernst, sah Dimitri direkt an und schüttelte kurz den Kopf. Die aufsteigende Übelkeit dabei ignorierte ich. "Wer hat dir denn die Verletzung an deinen Fingern zugezogen, Dimitri? Das muss doch verdammt weh tun?", wollte ich von ihm wissen, woraufhin er seine Hand hob.

"Anscheinend ist die Wunde aufgeplatzt, als du mich gerade geschlagen hast. Weist du was das bedeutet, Jägerabschaum?", fragte ich ihn und musste mir das Lachen verkneifen, als jede Farbe aus seinem Gesicht wich. "Nein...", hauchte er, während er anfing seinen Kopf zu schütteln.

"Das kannst du nicht... das wagst du nicht...!"

"Oh, ich denke allerdings schon das ich es wagen werde", sagte ich und räusperte mich kurz. "Zauber, der du verschließt meine Magie. Gib frei was scheint mein zu sein!"

Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, flammten die Fackeln nach oben. Die Luft vibrierte kurz, bevor an den Gitterstäben ein transparenter, hellblauer Vorhang zu Boden fiel und wie Glas zersprang.

„Das ist...“, „... unmöglich?“, brachte ich den Satz für Dimitri zu Ende, bevor die Fesseln klickend aufsprangen und meine Arme freigaben. „Wie du siehst ist es doch möglich. Unterschätze niemals die Macht von Blut! Vor allem nicht, wenn eine Hexe anwesend ist“, klärte ich ihn diesmal auf, während ich mir die Handgelenke rieb und zusah, wie meine Arme wieder zartrose wurden. Und wieder bestätigte sich die Tatsache, dass ich die Magie liebte. Denn der Schwindel, sowie die Schmerzen in meinem Gesicht waren verschwunden.

Kurz streckte ich mich in alle Richtungen, bevor ich mich an Dimitri wandte. Er stand mittlerweile mit dem Rücken an den Gitterstäben und starrte mich entsetzt an. Das dieser massive Schrank von Mann Angst vor einer 1, 70 m großen Hexe wie mir hatte, war mir ein Rätsel.

„Mach den Mund zu, sonst zieht es“, meinte ich, woraufhin er ihn schloss und sich nun seinerseits räusperte. „Mir ist vollkommen egal wie du das gemacht hast. Aber ich kann dich unmöglich einfach hier raus spazieren lassen. Das ist dir bewusst oder?“, meinte er und ich zuckte gelangweilt mit den Schultern.

„Ja, ja... das weiß ich. Also wirst du mich ohne Widerrede zu deinem Meister bringen“, stellte ich die Situation klar. Daraufhin fing er an zu lachen „Mut hast du ja, das muss ich dir lassen. Aber das werde ich auf keinen Fall tun.“

Da war er wieder, der eiskalte und unberechenbare Jäger des Ordens der sieben Drachen.

„Dann haben wir ein Problem, Dimitri!“, ich verschränkte die Arme und legte den Kopf leicht schräg. „Wie lösen wir es?“

„Da gibt es nichts zu lösen, Hexe! Ich werde dir sagen, wie das hier läuft. Ich werde jetzt dieses Verlies verlassen, dich einsperren und davon gehen.“,

„Tzz, tzz, tzz... Du vergisst dabei die Tatsache, dass ich mich einfach hier raus zaubern könnte. Also ist es nicht nötig, die Tür zu verschließen. Aber meinetwegen, geh ruhig!“, während ich das sagte, drehte ich mich um und ließ mich auf die Pritsche fallen. Einen kurzen Augenblick starrte er mich, wie sollte es auch anders sein, verwirrt an, bevor er kopfschüttelnd aus meinem Verlies und die Stufen nach oben ging.

„Ich ziehe den Hut vor dir“, hörte ich Hannah sagen, die das ganze auch noch mit der entsprechenden Bewegung unterstrich. „Das war beeindruckend! Aber wie hast du das geschafft, Maélys?“

Lächelnd stand ich auf und ging zu dem kleinen Tisch, auf dem das Brot und Wasser stand.

„Das Blut Macht hat, wisst ihr?“, „Ja, wissen wir!“, meinten die Beiden aus einem Munde. „Gut, spare ich mir die Erklärungen darüber. Es ist eigentlich recht simpel, da Dimitri den Zauber über das Verlies gelegt hat, war nur sein Blut nötig um ihn wieder aufzulösen. Dumm nur, dass ihm die kleine Bergstein – Hexe zwei Fingerkuppen gekostet hat. Die Wunde war noch nicht ganz verheilt und da er mich geschlagen hat, ist sie wieder aufgeplatzt“, erklärte ich den Beiden, während ich das Brot in zwei Teile brach und das Wasser in die Becher verteilte.

„Ja, recht intelligent waren Jäger noch nie!“, meinte Hannah, als sie dankend das Stück Brot und den Becher nahm.

„Was ist mit dir, Maélys? Isst und trinkst du nichts?“, wollte Mara von mir wissen, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Dankeschön! Aber mir ist immer noch etwas mulmig in der Magendgegend. Außerdem werde ich mich etwas umsehen.“

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging ich die Stufen nach oben und war nicht überrascht, dass die Tür offen stand. Ich ging hindurch und wurde von Jemandem am Handgelenk gepackt und an die kalte Steinmauer gedrückt.

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