Kapitel 29

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Maélys Sicht

X

Und wieder stand ich mit dem Rücken an die Steinmauer gepresst. Anscheinend war das Neuerdings mein Ding. Der Wachmann jedenfalls schien es zu genießen, mir den Arm auf meinen Hals zu drücken. Er grinste breit und schien nicht einmal zu bemerken, dass sich meine Fingernägel durch seine Jacke in seine Haut bohrten.

"Wo wollen wir denn hin?", fragte er, wobei er mir seinen nach Eiern riechenden Atem ins Gesicht pustete. Was mir die  Tränen in die Augen steigen ließ.

"Noch nie was von Pfefferminzbonbons gehört?", brachte ich mehr röchelnd als flüsternd heraus. Er zuckte nur mit den Schultern.

"Wie hast du es eigentlich geschafft aus der Zelle auszubrechen? Ich dachte, Dimitri hatte einen Zauber darüber gelegt?", meinte er, wobei er mir immer weiter die Luft abschnürte.

So war ich keineswegs in der Lage einen vernünftigen Zauber zu sprechen, also gab es nur einen Ausweg. Dir Verwandlung in eine Katze. Was mit einem immer langsamer werdenden Puls eine richtige Herausforderung dastellte. Denn eigentlich musste  er dafür durch die Decke rasen.

Verdammt! Dieser riesen  Arsch von Jäger! Warum hatte er mich erst frei gelassen, um mich dann seinem Lakaien in die Arme laufen zu lassen? Der anscheinend die Wörter "Badewanne", "Wasser" und "Duschgel" noch nie gehört hatte. Idiot!

Plötzlich veränderte sich der Gesichtsausdruck des Mannes und ich merkte, wie sich mein Körper langsam zusammenzog. Meine Knochen schrumpften und die Sinne schärften  sich. Was nicht wirklich prickelnd war, denn jetzt nahm ich den Gestank des Kerls vor mir noch viel mehr war. Meine Wirbelsäule verlängerte sich und wuchs zu einem stattlichen, mit pechschwarzem Fell bedeckten Schwanz heran, meine Ohren wurden grösser, spitzer und wanderten auf die Oberseite meines Schädels und meine Fingernägel entwickelten sich in kürzester Zeit zu messerscharfen Krallen.

Schließlich streckte ich meinen Katzenkörper einmal durch, fauchte und lief den Gang entlang. Wobei der Wachmann versuchte mich zu erwischen. Doch er fasste ins Leere. "Hey, bleib sofort stehen!", hörte ich den Wachmann hinter mir rufen, doch der Abstand wurde immer größer.

Ich blieb erst stehen, als ich mir sicher war, dass er mich nicht mehr verfolgte.

Nachdem ich mich kurz orientiert hatte, was nebenbei bemerkt nicht so einfach war, da alle Wände gleich aussahen, hörte ich zwei Stimmen. Sie unterhielten sich nicht weit von mir und so lief ich in ihre Richtung. Bis ich an eine angelehnte Tür kam.

"... das wird nicht einfach werden", hörte ich Dimitri gerade sagen, als ich einen Blick in den Raum warf. Es war ein großer Raum, der einst als Thronsaal genutzt worden war. Denn auf dem alten Thron saß der Mann mit der goldenen Maske und der Kapuze.

"Ich habe vollstes Vertrauen zu dir, Dimtri! Außerdem gibt es keinen besseren Zeitpunkt als jetzt zuzuschlagen. Denn die kleine Bergstein-Hexe wird dir nicht in die Quere kommen können", meinte der Kapuzenmann und ich hätte alles darauf gewettet, dass er unter der Maske lächelte.

"Meister, habt ihr keine Angst, dass sie euch besiegen könnte?", "Darüber mache ich mir jetzt noch keinerlei Gedanken. Allerdings muss ich gestehen, dass ich gespannt bin, wie groß ihre Macht seien wird. Sie ist die letzte Bedrohung der Familie Bergstein und wenn ihr Blut erst über den Boden dieses Schlosses fließt, ist meiner Macht keinerlei  Grenzen gesetzt. Und dann werden auch die letzten vier Hexenzirkel vor mir auf die Knie fallen", meinte er und ein finsteres Lachen ließ die Luft erzittern. Mir jagte es einen kalten Schauer durch das schwarze Fell. "Das Drachengift in ihrem Körper dürfte sie zu gegebener Zeit so sehr Schwächen, dass es ein leichtes für euch sein dürfte, sie zu töten", sagte Dimitri, was ihn kurze Zeit später verstummen und auf die Knie fallen lies. Dabei röchelte er nach Luft.

"Du verdammter Narr! Ihr Blut muss rein sein, sonst ist es nutzlos!", "Bitte verzeiht mir, Meister", kam es von dem Jäger, bevor sich dieser langsam auf die Beine zurück kämpfte und dabei hustete. "Als Wiedergutmachung werde ich Euch den reudigen  Wolf hochstpersönlich ausliefern."

Er klopfte sich mit der rechten Faust zweimal auf die linke Brust und ging dann zur Tür, hinter der ich stand. Schnell versteckte ich mich im Schatten und wartete, bis Dimitri hindurch gegangen war.

Auf Samtpfoten  folgte ich ihm durch die Gänge des Schlosses. Als er um eine Ecke bog, musste  ich mich beeilen. Doch als ich in dem Gang stand, war er verschwunden. "Dachte ich mir doch, dass ich nicht lange auf dich warten muss und das du mich auf diese Art verfolgst", hörte ich plötzlich seine Stimme hinter mir und drehte mich un. Er stand mit verschränkten Armen an der Mauer und lächelte mich belustigt an. "Na komm schon, Maélys! So können  wir uns nicht wirklich unterhalten und du weißt, dass ich gegen Katzen allergisch bin."

Genau deshalb kam ich schnurrend  auf ihn zu uns strich in einer Acht an seinen Beinen entlang. Woraufhin  Dimitri  anfing zu niesen.

Einen Moment genoss ich es, ihn leiden zu sehen, bevor ich darauf konzentrierte meinen Puls zu verlangsamen. Ich stellte mir einen Strand vor. Wie meine Zehen und Finger durch den Sand glitten und die Sonne auf meine Haut brannte.

Da spürte ich auch schon, wie sich meine Wirbelsäule Stück für Stück aufrichtete. Wie die Knochen anfingen sich zu strecken und meine Ohren zurück an ihren Platz wanderten.

"Musstest du mir unbedingt an meinen Beinen entlang schleifen?", zischte er, während er sich die Augen rieb, die inzwischen rot angelaufen waren. "Ach hör schon auf rumzuheulen, Dimitri! Bist du nun ein Jäger des Ordens der sieben Drachen oder bist du ne Memme?", wollte ich von ihm wissen, wobei ich mir das Lachen wirklich verkneifen musste. "Du führst dich gerade...", "Schon gut, schon gut!", unterbrach er mich und ich ging auf ihn zu. Als ich vor ihm stand, legte ich ihm meine Hand auf die Wange und sah ihn mitfühlend an.

"Es tut mir leid, Dim. Aber das war die Rache für den Schlag unten im Verließ", meinte ich und gab ihm einen sanften Kuss auf das Kinn.

"Ich hätte  vielleicht nicht so fest zuschlagen sollen. Aber du wolltest es so realistisch wie möglich haben."

"Ja ich weiß  und ich denke, die beiden dummen Neuhexen haben mir die Show auf wirklich abgekauft."

"Du bist aber auch eine hervorragende Schauspielerin, Kleines", flüsterte Dimitri, bevor er mich zu sich heran zog und küsste. Schnell wurde ein leidenschaftlicher Kuss daraus, der das Feuer in mir auflodern ließ. "Du hast mir so gefehlt", hauchte ich zwischen den Küssen und musste mich beherrschen nicht hier und jetzt über ihn herzufallen.  Doch viel zu schnell bremste er mich aus.

"Halt, meine Schöne, halt! Ich muss einen Auftrag erledigen...", "Lass mich dich begleiten. Ich könnte dir bestimmt nützlich sein? Meinst du nicht auch?", sanft strich ich ihm mit einem Finger über seine feste Brust und er lächelte.

"Eine Hexe könnte mir wirklich von nützen sein!"

Nachtwandler I - HexentanzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt