19. Juli 2053

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Was tat man einem Mutanten an, den nichts verletzen konnte? Was tat man einem Mutanten an, der nicht einmal einen Kratzer davon trug, wenn er im Kugelhagel eines Maschinengewehrs stand? Wie wollte man so jemanden, der in seinem Leben nur Schmerz und Leid gekannt hatte, noch quälen?

Kieran hatte geglaubt, das wäre gar nicht möglich. Wie sehr er sich doch geirrt hatte. Er war zu selbstsicher gewesen. Hatte geglaubt, dass der Mann ihm nichts anhaben können würde. War hochnäsig gewesen, zu stolz. Er hatte sich getäuscht.

Nur weil sein Körper unzerstörbar war, bedeutete das noch lange nicht, dass sein Geist es auch war. Sein Körper konnte nicht bluten. Sein Geist aber sehr wohl.

Im Ambrosia Institut hatte er geglaubt, gefoltert worden zu sein. Er hatte geglaubt, es aushalten zu können. Aber das Institut war nichts im Vergleich zu Offizier Preston und seine Methoden. Auszuhalten war eine Aufgabe der Unmöglichkeit geworden.

Seinem Körper war nichts von der Folter anzusehen. Von außen wirkte er unversehrt. Doch der Schein trog. War eine Lüge, die in die Irre führte.

Offizier Preston hatte es geschafft, dass Kieran sich wieder fühlte, als sei er drei oder vier Jahre alt. Als sei er wieder zurück in seiner Anfangszeit im Institut. Man hatte ihn in der Zeit zurückkatapultiert. Hatte sein Innerstes aufgerissen und nach außen gekehrt.

Gnadenlos war Preston in Kierans Geist eingedrungen, hatte ihn brutal auseinandergerissen und verstümmelt. Die Schmerzen waren ungeheuerlich. Von innen verätzten ihn seine eigenen Gedanken, führten Prestons Arbeit gewissenhaft fort.

Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte der Mutant sich geschworen, jeden zu vernichten, der ihm seine Freiheit nehmen wollte. Er hatte geschworen, sich niemals mehr hilflos fühlen zu müssen. Doch nun war sein eigener Kopf gegen ihn. Bekämpfte ihn mit all seinen Mitteln. Ohne Gnade. Als habe er in Kieran einen Feind erkannt.

Kieran schrie erfüllt von Qual und Leid, obwohl er schwieg. Er schlug wie ihm Wahn um sich, obwohl er sich nicht bewegen konnte. Seine Schmerzen schienen ihn zu zerreißen, obwohl sein Körper keinerlei Wunden aufwies. Es war schlimmer als jede Folter, die er bereits erlebt hatte.

Seine Seele hing in Fetzen.

Dann schlief Kieran Roth endlich ein und Nummer Neununddreißig wachte auf. 

Entstehungsgeschichte einer BestieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt