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Nächsten Freitag verabreden sich Luther und Arina erneut und diesmal schafft es Arina nicht eher als Daniel zur Tür, der sich irgendwie darüber freut, dass Arina nicht schneller war als er und ihn auch nicht zur Seite drängt, weil er die Tür nicht aufmachen will.

„Hallo“, sagt Luther mit einer Tasche in der rechten Hand höflich und Daniel lächelt nur emotionslos und lässt ihn herein.

„Arina ist sicherlich gleich unten“, nuschelt er noch, bevor er wieder die Treppe herauf hüpft und dabei summt.

Hüpft?

Summt?

Arina hat Recht: Depressionen hat der Junge nicht.

Vielleicht ist er verliebt. Vielleicht ja in jemanden, den er nicht haben kann. In die erste Cheerleaderin. Vielleicht ein Mädchen, dass keiner außer ihm wahrnimmt? Das macht keinen Sinn. Wieso sollte er sich dann so verhalten? Aber irgendetwas muss doch mit ihm los sein!

Luther hat Daniel in der Schule beobachtet. Er spricht mit Clara und Annie. Er scheint fast alles nicht mitzubekommen, sehr unsicher zu sein und etwas scheint ihm gewaltig im Magen zu liegen. Nur zu gerne wüsste Luther, was das ist.

„Da bist du ja, mein Schatz!“, lacht Arina heiter und poltert die Treppe herunter. Sie springt Luther um den Hals. Er lacht.

Die beiden gehen nach oben in ihr Zimmer und Arina macht die Matratze, auf der Luther schlafen soll, bereit. Sie legt sie vor ihr Bett, bespannt die Matratze, während Luther den „Proviant“, den er für die Übernachtung mitgebracht hat, auf Arinas Bett ausbreitet und begutachtet.

Die Tür schwingt auf mit den Worten: „Hast du meine...“ Daniel stockt. „Scheiße nicht schon wieder!“, murmelt er wütend zu sich selbst.

Luther und Arina schauen ihn beide fragend an.

„Was suchst du diesmal?“, fragt Arina liebevoll.

„Nichts, nichts. Schon gut.“ Er knallt die Tür zu und man hört noch, wie Daniel auf dem Flur flucht: „Scheiße, ich Depp!“

Der Abend nimmt seinen Lauf. Luther und Arina gucken die ersten drei Harry Potter Filme, essen die Sachen, die Luther mitgebracht hat und Luther sagt, dass sie sich auch bei ihm treffen können, sobald das Haus fertig eingerichtet ist. Außerdem merkt er an, dass es bei Arina einfach gemütlich sei.

Schließlich liegen beide eingekuschelt in ihren Betten. Luther starrt an die Decke und er sieht es zwar nicht, aber Arina tut das Gleiche. Eigentlich haben sie sich schon eine gute Nacht gewünscht, aber es hängt noch ein Thema in der Luft.

„Arina? Bist du noch wach?“, fragt Luther leise.

Ein bestätigendes Murmeln kommt aus der Richtung von Arinas Bett und sie dreht sich zur Seite. Schließlich starrt sie nach unten auf Luther herab, ihren Kopf auf eine Hand gestützt, das Schlafshirt leicht zerknittert. „Was ist denn?“

„Ich musste nur gerade über deinen Bruder nachdenken...“

„Ach ja?“, fragt sie nach und rückt näher zur Bettkante, um Luther deutlicher sehen zu können.

„Ja und ich habe mich gefragt... Macht er denn eigentlich was Bestimmtes in seinem Zimmer? Du meintest, er wäre da oft allein... Aber er muss sich doch irgendwie beschäftigen, oder?“

Arina zieht die Mundwinkel zu einer Seite und überlegt, dann sieht sie wieder auf Luther. „Vielleicht wäre da was, was du wissen solltest.“

„Und das wäre?“

Im Laufe der Woche hatten Arina und Luther immer wieder über Daniel geredet und Arina hatte Luther so viel über ihren Bruder erzählt wie möglich, um mit seiner Hilfe heraus zu finden, was Daniel hat. Sie sehen es mittlerweile schon fast als zu lösenden Kriminalfall.

„Wenn er allein ist, guckt er Filme. Sehr viele...“ Arina seufzt.

„Irgendetwas bestimmtes?“

„Ja“, meint Arina krächzend.

„O nein, doch nicht etwa...?“

„Nein, nein, doch nicht so etwas.“ Sie lacht nervös. „Nein, er schaut Filme für... na ja... Mädchen. Also nicht so richtig, also auch für Jungs, aber... aber...“

„Verstehe schon. Er schaut sich Filme an, die eigentlich für Mädchen konzipiert sind, die etwas jünger sind als wir.“

„Woher weißt du das so genau?“

„Ich kenne mich mit Genres gut aus und wenn du sagst, dass er „Mädchenfilme“ guckt, dann weiß ich, welche du meinst.“

„Und welche meine ich?“

„High Schol Dramen mit Happy End und Humor. Junge trifft Mädchen, alles läuft gut, etwas kommt dazwischen, sie trennen sich und kommen am Ende durch ein richtig schnulziges Ereignis doch wieder zusammen.“

Arina sieht mit offenem Mund auf Luther herab, bevor sie lacht und sich wieder in die Kissen schmeißt. „Das hast du gut erklärt. Ja, das ist der allgemeine Aufbau so eines Films.“

„Wieso meinst du, guckt dein Bruder so etwas?“ Luther setzt sich auf und lehnt sich an Arinas Bett. Er hört etwas rutschen und schon sitzt seine Gastgeberin neben ihm an ihr eigenes Bett gelehnt und umwickelt mit ihrer Bettdecke.

„Vielleicht flüchtet er sich in eine andere Welt? Ich weiß nicht, aber man kann von sowas süchtig werden, oder?“

Luther überlegt. „Vielleicht, aber ich glaube, das ist es nicht.“

Arina seufzt. „Ich werde es wohl nie herausfinden!“ Sie scheint am Ende zu sein und lehnt sich bockig an Luthers Schulter an, welcher einen Arm um sie legt und sich enger an sie kuschelt. „Ich glaube, ich weiß, was mit Daniel los ist.“ Er muss grinsen und genießt Arinas fragenden Blick.

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