Chancen {15}

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„Wo ist Daniel?"

„Auf jeden Fall nicht in seinem Zimmer", antwortet Arina ihrer Mutter.

Das ist schon seit einer Woche so. Daniel kommt erst spät abends nach Hause. An manchen Tagen nur so spät, dass er zum Abendessen da ist, an manchen aber auch so spät, dass er mit dem Schlüssel aufschließen muss, weil seine Eltern schon im Bett liegen. Und das Blöde an der Sache ist, dass Daniel nie Ärger bekommt, weil er entweder noch früh genug da ist, oder sagt, er wäre bei Luther, Clara oder Annie zu Besuch gewesen. Doch Arina weiß, dass das nicht stimmt, weil Daniel nach Rauch riecht an manchen Tagen und sie weiß, dass Clara und Annie nicht rauchen und auch keine rauchenden Eltern haben. Und sie weiß auch, dass Daniel sicher nicht bei Luther gewesen ist, weil sie weiß, dass irgendetwas vorgefallen ist. Luther hatte es ihr als „erste Auseinandersetzung in ihrer Beziehung" beschrieben, als sie nachfragte.

„Wenn er nicht bald kommt, rufe ich die Polizei", meint Arinas Mutter zugleich streng und besorgt. Sie hat ein komisches Gefühl bei Daniels oft vorkommenen Wegbleiben. Immerhin war er nie so und er ist nicht der Typ dafür, seinen Eltern nicht zu sagen, dass er später nach Hause kommt.

Auf der anderen Seite jedoch ist sie froh: Auch wenn Daniel nie an sein Handy geht oder es gleich ganz zu Hause lässt, wenn er unterwegs ist, so sagt er ja nach jedem Mal, wo er gewesen ist. Und wenn er bei Luther oder seinen besten Freundinnen war, ist das ja eigentlich ein gutes Zeichen, oder?

Nachdem sich Daniel geoutet hatte, ist er mehr aus sich heraus gekommen, nun hat Amanda das Gefühl, er wird leichtsinniger. Nach einer so langen Zeit zu Hause zu hocken und seine Abende mit Filmen zu verbringen, wird er jedoch zu leichtsinnig. Sie sorgt sich um ihn, auch wenn ihr ein Teil sagt, dass sie das nicht tun sollte. Daniel ist doch vor kurzem siebzehn geworden...

„Polizei? Das ist zu heftig. Er kommt sicherlich bald", antwortet Arina und setzt sich im Bett auf. Sie legt das Schulbuch, in dem sie gerade gelesen hat, weg und nimmt das Wasserglas von ihrem Nachtschrank. Sie setzt sich auf die Bettkante und trinkt einen Schluck. „Er kommt sicher bald nach Hause", flüstert sie. Selbst von ihren Worten überzeugt, ist Arina jedoch nicht.

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Gegröle, laute Musik und Lachen. Daniel sitzt zwar nur im Restaurant-Teil der Bar, aber er hört die vielen Menschen um ihn herum. Er hat ein Glas Cola vor sich stehen und ein Buch in der Hand. Er versucht die Buchstaben trotz des matten Lichts zu lesen und kneift die Augen zusammen. Es ist wirklich dunkel hier drinnen.

Er nimmt sich sein Glas, nippt und versucht dabei nicht wegschauen zu müssen von der spannenden Geschichte, die gerade zum Hochpunkt kommt.

Er hat schon lange nicht mehr so viel gelesen wie in der vergangenen Woche. Immer wieder kommt er hier her, in diese Bar, in die er mit Luther gehen wollte und immer wieder sitzt er in dieser Ecke und trinkt seine Cola. Weil das sonst zu langweilig wäre, hat er sich ein Buch mitgenommen.

Mit Luther hat Daniel noch nicht geredet. Er hatte weder den Mut dazu, noch passt es zu seinem Plan. Einmal hatte Luther versucht, ihn in der Schule anzusprechen, doch Daniel hatte ihm stotternd erklärt, dass er noch nicht so weit wäre.

Daniel blättert die Seite des Buches um, das Lied ändert sich und er muss husten wegen des Rauches. Zum Teufel mit den vielen Rauchern!, schimpft Daniel innerlich.

„Daniel? Was machst du hier allein?", fragt ihn eine Stimme über den Lärm hinweg.

Daniel schnappt aus der Geschichte raus und in die Gegenwart rein, starrt Jonathan an. Er hat die Hände in den Hosentaschen, steht am Tisch und beäugt Daniel kritisch.

„Ich... lese?", antwortet Daniel matt. Arina und Jonathan sind nicht zusammen gekommen, obwohl Luther und er gewettet hatten, dass es früher oder später passieren würde. Warum das nichts geworden war, hatte Arina nie erklärt. Sie hatte das Date immer nur als „peinlich" beschrieben und vom Thema abgelenkt.

„Darf ich mich setzen?", fragt Jonathan und deutet auf die Bank gegenüber von Daniels. Dieser zuckt mit den Achseln und legt sein Lesezeichen in den Roman.

Jonathan zieht sich die Jacke aus und hängt sie hinter sich an einen Garderobenhaken gleich neben der Sitzecke. Dann dreht er sich wieder zu Daniel und zieht die Augenbrauen zusammen. „Also wieso bist du wirklich hier?" Jonathan weiß, dass es sicher kein Date mit Luther sein kann, denn der ist in letzter Zeit mental nicht anwesend und in den Gängen nicht mehr an Daniels oder Arinas Seite. Außerdem würde Daniel kein Buch lesen, wenn er auf Luther warten würde, das wäre affig.

„Ich hatte Lust auf Cola."

Jonathan schnaubt. „Und dafür gehst du in eine Bar? Wohl eher nicht."

Daniel lässt sich zurück ins Polster fallen. „Ich weiß nicht wieso ich hier bin", lügt er und reißt theatralisch die Arme in die Luft.

Auch Jonathan lehnt sich nun zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Und jetzt ohne Lüge."

Daniel grummelt genervt. So sehr kennt er Jonathan nicht. Er ist in Arinas Jahrgang, spielt im Football-Team und war bei einigen Abenden dabei, als sich Daniel mit seinen Freunden verabredet hat. Damals als er viel mit Arina, der Football-Mannschaft und ein paar Cheerleadern unterwegs war. Doch Jonathan und er hatten nie etwas miteinander zu tun gehabt.

„Wieso willst du das wissen?", fragt Daniel genervt. „Ich kann hier sein, wenn ich will!"

„Du bist erst siebzehn."

„Und du achtzehn. Ich könnte jetzt auch einfach dich fragen, warum du hier bist!", zickt Daniel ihn an. Auch er verschränkt nun die Arme vor der Brust.

„Wenn du es wissen willst: Ich habe einen gefälschten Ausweis und bin hier um mir die Kante zu geben, weil das Mädchen meiner Träume mich keines Blickes mehr würdigt." Er hat sich, während er gesprochen hat, nach vorne gelehnt und bei den Worten „gefälschter Ausweis" leiser gesprochen.

Daniel zieht die Mundwinkel zur Seite und hebt eine Augenbraue. „Ich kann nur für dich hoffen, dass du damit Arina meinst."

„Wen sonst", antwortet Jonathan ehrlich, als sei es offensichtlich.

„Wieso hat es dann zwischen euch nicht geklappt?"

Jonathans Gesicht fällt und er lehnt sich wieder nach hinten an das blauen Polster der Bank. „Ich hab Scheiße gebaut und sie verzeiht mir nicht."

„Bei dem Date?"

„Ja, bei dem Date." Jonathan schüttelt seinen Kopf, als würde er die Erinnerungen an das Date aus seinen Ohren schütteln wollen. „Aber wir sprachen gerade über dich, Daniel."

Daniel zuckt mit den Schultern, trinkt den letzten Rest seiner Cola aus und blickt auf die Uhr an der Wand gleich neben dem Tresen. „Schon so spät? Schock! Ich muss nach Hause. Tut mir leid, Jonathan, muss dann mal."

Daniel steht auf und rennt aus der Bar.

Jonathan sitzt noch eine Weile da. Daniel ist wirklich komisch: War er nicht vor einer Zeit dieser kleine schüchterne Junge? Seit wann ist er so redegewandt und so selbstbewusst?

Daniel weiß es nicht, als er die Straßen entlang rennt, aber sein Plan ist auf dem besten Weg zu funktionieren. Jedenfalls schon mal bei Jonathan.

*

Uii, Badass Daniel und sein Plan. :DD Seid weiterhin gespannt und hinterlasst mir Votes und Kommis, wenn euch die Geschichte gefällt (die sich langsam dem Ende nähert...). :))

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