Chancen {18}

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Arina parkt das Auto auf einem Parkplatz in der Nähe der Bar.

„Es ist Freitag, es wird voll sein", mault Ollie, dem die Hinfahrt die Laune verdorben hat.

„Wir besaufen uns jetzt!", stellt Arina klar und wirft Ollie die Autoschlüssel zu, nachdem sie ausgestiegen sind.

„Ich dachte, du fährst und ich darf trinken!"

„Hab mich umentschieden", Arina zuckt mit den Schultern, „ich hab es einfach mehr verdient als du."

„Hast du deine Tage?!", zickt Ollie und steckt die Schlüssel ein, sieht Arina zu wie sie ums Auto herumgeht und ihre Arme schützend vor der Brust verschränkt hat.

„Klappe Ollie, so was fragt man ein Mädchen nicht", lenkt Luther ein.

„Du bist schwul, woher willst du das wissen."

„Das können auch Schwule wissen, du Hornochse." Luther rollt mit den Augen und die drei machen sich auf den in die Bar.

Es ist laut und qualmig und Arina überlegt, ob Daniel vielleicht immer in einer Bar ist, wenn er nicht zu Hause ist.

„Ab an die Bar", jubelt Ollie sarkastisch und spielt mit den Autoschlüsseln in seiner Hosentasche herum.

Luther und Arina gehen voraus. Arina noch vor Luther, aber kurz vor der Bar stoppt sie. „Scheiße!"

„Was?"

„Der Typ. Luther, das ist einer dieser homophoben Arschlöcher, die ich mit Jon bei unserem Date gesehen habe!" Sie dreht sich panisch zu ihrem besten Freund um und gewährt ihn einen besseren Blick zur Theke, an der ein Typ steht, der einen anderen an den Tresen pinnt, ihn umzingelt und verhindern, dass er weglaufen kann.

Erst nach dem zweiten Hinsehen erkennt Luther ihn: Felix.

„Scheiße!", sagt nun auch er und geht im Stechschritt auf ihn zu.

Die letzten paar Meter vor seinem Ziel übermannt Luther ein kalter Schauer. Es ist Daniel. Felix umzingelt Daniel!

„Felix, was machst du da?", fragt Luther vorsichtig und tippt Felix an.

Dieser dreht sich um und seine Miene verändert sich. Erst guckt er erleichtert und dann wütend. Sehr wütend.

„Ach Luther, was macht meine Lieblingsschwuchtel?", lacht er hämisch. Er hat nun völlig das Interesse an Daniel verloren und dreht sich ganz zu seinem Ex-Kumpel.

„Was?", stottert Luther mit angsterfüllten Augen.

„Ist ja nicht deine Schuld, dass Klein-Daniel dich schwul gemacht hat, aber wir ändern das schon. Bei ihm hier bin ich mir aber nicht so sicher. Daniel scheint zu schwul, um wieder hetero zu werden."

Hinter Felix steht Daniel und schüttelt den Kopf. Er traut sich immer noch nicht vom Tresen weg. Trotzdem will er größeren Ärger verhindern.

„Du warst immer so hetero, Luther, bist mir nie wie eine Schwuchtel vorgekommen. Was war es? Hat er Feenstaub über dir verstreut oder hat er Regenbögen gekotzt?" Felix kommt Luther näher.

Dieser steht da wie versteinert.

Bis er endlich ein paar Worte findet. „Lass Daniel gehen."

„Denke ich nicht. Gleich kommen die anderen und dann werden wir euch wieder grade biegen." Er lacht kurz. „Clark hat mir vor ein paar Tagen erzählt wie du, als ich von der Schule war, diese eine Schwuchtel Tyler gemobbt hast. Wirklich, ich hatte Respekt vor dir, Bride. Du hast die Welt ein Stück weit besser gemacht, als er sich endlich wegen dir umgebracht hat."

„Halt die Fresse!", zischt Luther mit zusammen gebissenen Zähnen.

„Sicher nicht! Wann genau hast du dich mit der Schwulität bei dem Einhorn da hinten angesteckt, huh? Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät", grummelt Felix höhnisch.

Luther weiß, dass er das alles nicht ernst meint. Er glaubt nicht wirklich, dass schwul sein eine Krankheit ist, er will sich nur lustig über Luther und Daniel machen.

„Luther, lass es. Geh bitte", sagt Daniel leise und sieht danach zu Boden. Er wollte nicht, dass Luther hier her kommt. Ja, er braucht Hilfe, aber er will sie nicht. Später muss er das auch allein schaffen.

Doch Luther nimmt seine Augen nicht von Felix. Die Sekunden vergehen langsam.

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Er geht geplättet die Straßen entlang. So ein Reinfall und fast hätte er sie geküsst. Doch Jonathan kann seine Gedanken nicht umlenken. Immer noch ist Arina in seinem Kopf.

Er will sich nicht einmal in einem sozialen Umfeld betrinken. Er will nicht da sein, wo ihn Leute kennen. Jedenfalls nicht viele.

Er schickt Daniel eine SMS, als er nicht antwortet, weiß Jonathan, wo er ist und geht in die Richtung der Bar, öffnet die Tür und quetscht sich zum Tresen durch. Da erstarrt er und Wut schäumt in ihm auf.

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Plötzlich wird Felix aus Luthers Sichtfeld gezerrt. Er schüttelt sich aus seiner Trance und sieht verdattert dabei zu, wie Jonathan Carter seinen alten besten Freund Felix in der Mangel hat und ihm Worte ins Ohr zischt, während er wutentbrannt seinen Griff immer wieder festigt.

Luther kann gar nicht so schnell denken, da wird er von Arina und Ollie aus der Bar gezogen.

Die frische Luft lässt seine Sinne wacher werden. „Daniel!" Er will wieder umdrehen, doch eine zarte Hand an seiner hält ihn ab. „Ich bin hier", flüstert Daniel.

Luther dreht sich zu ihm. Sind sie noch zusammen? Er hofft es jedenfalls.

Und wieder passiert es zu schnell. Wie ein Reflex greift sich Luther Daniel und drückt ihn fest an sich.

„Ich dachte, ich dachte... ich dachte, dir wäre was passiert."

„Ich hätte das ohne dich geschafft", murmelt Daniel in Luthers nun verqualmte Jacke.

„Nein, und jetzt sei still."

„Will ich nicht. Wir müssen reden." Daniel löst sich von ihm und zerrt Luther weg. In eine erhellte Seitengasse, die von Müll geziert wird und in der es unangenehm stinkt, aber das ist jetzt egal.

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