Chancen {5}

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Daniels Eltern hatte er es noch nicht am gleichen Tag erzählt. Beim Frühstück am nächsten Tag hätte Arina sich fast verplappert, aber Daniel hatte sie eilig unter dem Tisch getreten.

„Aua! Daniel, ich wollte doch nur... o, okay dann nicht.“

Aber irgendwann musste es raus. Es war die Woche danach. Ein Montag, um genau zu sagen und Daniel hatte sich abends vor den Fernseher im Wohnzimmer gestellt und seinen Eltern den Blick auf die Abendnachrichten versperrt.

„Daniel, geh da bitte weg, da kommt gerade ein interessanter Bericht“, hatte sein Vater genuschelt.

„Ich... das geht jetzt nicht. Ihr müsst mir zuhören. Ich brauche eure ganze Aufmerksamkeit“, hatte er gestottert und sich am Nacken gekratzt.

Seine Eltern hatten ihn neugierig angeblickt, dann sich einander und dann wieder auf Daniel. Arina war gerade oben in ihrem Zimmer.

„Ja? Willst du irgendwas sagen?“

Seine Eltern hatten so etwas vermutet wie: „Ich war mal wieder zu spät und jetzt muss ich nachsitzen.“ oder vielleicht: „Könnt ihr euch noch an den Geschichtstest von vorletzter Woche erinnern? Ja, den hab ich nicht bestanden.“

„Also ich...“, druckste er weiter herum und starrte auf seine Füße.

„Schatz, willst du dich vielleicht setzen?“, hatte seine Mutter vorsichtig gefragt. Daniel hatte sich schon lange nicht mehr so verhalten. Er war schon lange nicht mehr zu ihnen gekommen und hatte sie gefragt, ob sie ihm zuhören könnten.

„Nein, ich muss dafür stehen. Ich muss...“ Er holte tief Luft. „Ich muss euch was beichten.“

Daniels Vater runzelte die Stirn. Brick schaute zu Amanda und hatte einen verunsicherten Gesichtsausdruck. Daniel musste ihnen etwas beichten? So hatte er seinen Jungen nicht eingeschätzt. Er war immer lieb und höflich, zumindest meistens, und seine Freunde waren auch keine Draufgänger.

„Beichten?“, fragte Amanda geschockt. Was hatte Daniel angestellt?

„Ja, ich...“ Daniel schaute zu seinen Eltern, dann auf das Bild hinter ihnen, das schon schief hing, seitdem Arina ihn einmal gegen die Wand geschubst hatte. „Ich, also ich... stehe irgendwie... also ich, das ist einfach so... passiert...“

„Hast du... eine Freundin?“, fragte Brick, der langsam ungeduldig wurde.

Daniel schüttelte beschämt den Kopf.

„Hast du was angestellt, Schatz? Du weiß, du kannst uns alles sagen. Was auch immer du gemacht hast, dass so schlimm ist, dass du es uns nicht sagen kannst, wir werden dich immer noch lieben.“

Jetzt oder nie, dachte sich Daniel dann seufzend.

„Ich bin mit Luther Bride zusammen.“

Stille.

„Wo genau zusammen? Wie meinst du das?“, fragte sein Vater nach. Die Worte waren noch nicht ganz oben angekommen.

Zusammen zusammen. Nicht wo sondern wie. Wir sind... du weißt schon... ein Paar“, erklärte Daniel mit hochroten Kopf.

„Ein Junge? Du bist mit einem Jungen zusammen, Daniel?“, fragte seine Mutter leise.

„Es tut mir leid, ich wollte das nicht, es ist passiert und jetzt...“ Weiter kam Daniel nicht, denn da war seine Mutter schon von der Couch aufgesprungen und hatte ihn fest umarmt.

„Endlich“, flüsterte sie. „Daniel, wir lieben dich. Dein Vater und ich werden dich immer lieb haben. Egal was passiert. Du brauchst dich dafür nicht entschuldigen, Schatz.“

Langsam ließ Amanda ihren Sohn los und lächelte Daniel zufrieden an.

Daniel runzelte die Stirn und blickte zu seinem Vater. „Deine Mutter hat recht“, sagte dieser gerade und quälte sich vom Sofa. „Egal was passiert.“ Es folgte ein Umarmung seines Vaters und als Daniel sich langsam unwohl fühlte, löste er sich.

„Ich verstehe das nicht ganz. Wieso reagiert ihr so? Wieso sagst du 'Endlich', Mama? Was, wieso endlich?“ Verdattert starrte er von seiner Mutter zu seinem Vater.

„Wir haben uns schon lange gefragt, was mit dir los ist und eines Abends haben wir hier gesessen und mal wieder überlegt, was es denn sein könnte, dass dich so beschäftigt und dein Vater kam dann auf die Idee. Er meinte, dass du vielleicht Angst haben könntest, dass wir dich nicht akzeptieren oder dass du selbst so einen Schwachsinn glaubst, dass es falsch ist.“ Sie lachte und wischte sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel. „Aber du hast es uns gesagt und wir sind sehr stolz auf dich, Daniel.“

Danach hatte sich Daniel zu seinen Eltern gesetzt und stotternd von Luther erzählt. Den kannten seine Eltern zwar schon recht gut durch Arina, aber das Ganze noch einmal aus Daniels Mund zu hören, war doppelt so schön. 

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