Die darauf folgenden Tage sind für Daniel unerträglich. In der Schule drückt er sich vor dem Mittagessen und verbringt die Zeit in einer kleinen Abstellkammer, wo ihn nur einmal der Hausmeister findet und sonst niemand. Einmal sieht er Luther auf dem Gang. Er redet mit Arina. Daniel sieht ihn kurz an, dreht sich dann wieder weg.
Es war so peinlich! Wieso musste er es ihm sagen? Wieso? Was hat ihn dazu gebracht? Was hatte ihn glauben lassen, es würde irgendetwas ändern?
Sie hatte es zwar verneint, aber Arina ist ganz sicher mit Luther zusammen. Sie stehen sich so nah, haken sich beieinander unter und umarmen sich. Da muss mehr sein.
Und das macht Daniel noch trauriger.
Immer wenn er an diesen Tagen nach Hause kommt, schmeißt er sich erschöpft auf sein Bett und schiebt irgendeine DVD in den Player, um sich abzulenken. So wie immer.
Er schreibt in sein Tagebuch und versucht sich einzureden, dass er so nicht ist. Dass er so nicht sein kann. Es macht ihm nichts aus, wenn andere so sind, aber er darf so nicht sein! Das geht einfach nicht.
Wieso ist sein Leben nicht so ein Film?
Luther kommt immer weniger zu Arina und Daniel fragt sich wieso. Vielleicht weil er ihn weg geekelt hat? Das muss es sein. Er hätte es Luther nicht sagen sollen. Das war lächerlich.
Und jetzt weiß Luther es und Daniel könnte sich bei dem Gedanken aus dem Fenster stürzen.
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„Kommst du endlich, Schlafmütze?“ Arina steht im Türrahmen und wartet darauf, dass ihr kleiner Bruder sich aus den Laken hievt und sie zum Spiel begleitet.
„Will da nicht hin“, kriegt Daniel es gerade so heraus.
Arina seufzt. „Und wieso nicht?“
„Luther. Da“, grummelt Daniel zurück und kriecht weiter unter die Decke.
„Ich aber auch. Du musst mich unterstützen, Daniel! Ich hab ein Solo und ich hab schrecklich Angst, dass ich es vermassle. Du musst mich anfeuern. Bitte!“ Mit diesen Worten hüpft Arina aufs Bett und landet auf Daniels Beinen.
„Aua!“
„Komm schon, Kleiner! Wir gehen danach auch gemeinsam essen. In dein Lieblingsrestaurant.“
Daniels Decke fliegt weg und er funkelt sie böse an. „Geh doch mit Luther!“
Sie lacht. „Ich gehe mit dir und zwar nur mit dir. Es sei denn, Clara und Annie wollen auch noch mit. Also, wenn dir das nichts ausmacht, wenn sie mitkommen. Dann gehen wir zusammen essen. Aber ohne Luther. Versprochen.“ Seine Schwester steigt wieder vom Bett.
Daniel setzt sich auf. „Kann ich das hier an lassen?“, fragt er und sieht an sich runter.
„Deinen Schlafanzug? Danieleinchen! Du musst schon etwas richtiges anziehen.“
„Aber ich mag den hier.“
„Es wäre zu kalt“, stellt Arina mit verschränkten Armen fest und kommt sich wie eine Mutter vor.
Daniel fällt zurück in die Kissen. „Dann such du mir meine Sachen raus, dann komm ich mit. Aber such mir was Hübsches raus.“
Arina lacht und macht sich auf den Weg zu Daniels Schrank. „Ja, kleiner Prinz.“
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„Was Hübsches“ ist nach Arinas Definition ein violetter Pullover, eine schwarze Jeans und Daniels neue Turnschuhe. Eventuell hätte Daniel sich etwas anders angezogen, aber er will Arina nicht verletzen und macht sich deshalb mit diesen Klamotten und seiner großen Schwester auf den Weg zum Stadion.
Arina verschwindet ziemlich schnell in die Umkleide und dann sitzt Daniel da. Mutterseelenallein in der Mitte auf einer der Bänke. Von hier aus kann er besser sehen als letztes Mal, stellt er fest und schaut sich eine Weile lang um.
Es ist wirklich noch keiner da, bis er hört, dass sich eine Tür in der Nähe des Feldes öffnet und wieder schließt und dann kommt Oliver aufs Feld mit einem Football in der Hand und lockerer Trainingskleidung an.
Daniel macht sich nicht bemerkbar. Er duckt sich so, dass ihn keiner sieht, weil er wissen will, was Ollie macht, wenn er hier allein mit einem Football her kommt.
Doch nach einer Zeit hört Daniel das Türgeräusch wieder und aus dem gleichen Gang kommt jetzt auch Luther.
Das animiert Arinas kleinen Bruder dazu, sich nun ganz auf den Boden zu setzen, um im Schatten der Sitze nicht gesehen zu werden.
„Bride! Auch mal wieder hier“, meint Ollie lautstark, als er gerade anfängt sich aufzuwärmen.
Luther lacht kurz. „Ja, ich war zufällig in der Gegend“, scherzt er.
Er nimmt sich den Football vom Boden und wirft ihn in der Luft umher.
Daniel sitzt aufmerksam zwischen den Stühlen und sieht ihm dabei zu. Es ist etwas peinlich, das zu machen, aber es ist ihm egal. Wenn er schon nie mit Luther befreundet sein wird, dann will er ihm wenigstens etwas zusehen.
Luthers Trainingshose ist ziemlich eng, stellt Daniel mit hochrotem Kopf fest.
Luther unterhält sich mit Ollie, während sie sich aufwärmen. Sie reden über die Gegner und über irgendwelche Spielzüge, die Daniel natürlich nicht versteht. Er macht sich ganz klein und hofft inständig, dass die beiden ihn nicht sehen, denn wenn sie das tun würden, wäre das ganz schön peinlich. Wer sitzt schon auf dem Boden und sieht zwei Jungs beim trainieren zu? Welcher Junge tut so etwas?
Bei diesem Gedanken vergräbt Daniel sein Gesicht in seinen Knien und versucht sich unsichtbar zu machen.
Aber ihm gefällt es so sehr, wie sich Luther streckt und dabei ein bisschen schwitzt und außer Atem ist. Er mag es wie er lacht und mit Ollie scherzt und er ist einfach schön.
Leise seufzt Daniel und dank der Entfernung zum Feld hören die beiden es nicht.
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Arina meistert ihre Choreografie sensationell. Selbst bei ihrem Solo passt alles perfekt. Daniel klatscht sich die Hände wund und springt nach dem Auftritt der Cheerleader auf und rennt zum Spielfeldrand.
Dort warten schon Clara, Annie und Arina auf ihn. Er bleibt zwar hinter dem Geländer, umarmt sie aber trotzdem und gratuliert ihnen zum gelungenem Auftritt.
„Ich bin froh, dass du heute wieder mit gekommen bist“, meint Arina lächelnd zu ihm.
Daniel nickt und lächelt ein bisschen.
Hinter ihnen fängt jetzt das Spiel an und Luther rennt hinter Ollie und Rick auf das Feld und ist gleich einsatzbereit.
„Gehen wir dann heute nach dem Spiel essen?“, fragt Daniel, um sich abzulenken.
„Ja, klar. Hab ich dir doch versprochen. Clara? Annie? Wollt ihr mit?“
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Mädchenfilme | boyxboy ✔️ #WattpadOscars2017
General Fiction"Früher war Daniel immer so energiegeladen, aber jetzt sitzt er nur noch allein in seinem Zimmer und kriegt nichts mehr richtig mit. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll." ["Mädchenfilme" und die Fortsetzung "Chancen"]