Seit der Ansage an Nico war Alarico deutlich entspannter drauf. Er ortete mein Handy nicht mehr und ließ mir auch sonst viel Freiraum, was seht ungewöhnlich war, aber laut ihm, tat er das nur, damit ich mich von der 'Trennung' ablenken konnte. Ich traf mich meistens nur noch nachts mit Nico, weil tagsüber das Risiko zu groß war, dass einer meiner Brüder bei mir auftauchte. Einige Wochen waren vergangen und der Sommer neigte sich langsam dem Ende zu, was bedeutete, dass meine Brüder ohnehin wieder mehr mit den Hundekämpfen zu tun haben würden. Ramon war derjenige, der die Welpen zu den Kampfhunden ausbildete, auf eine recht grausame Art und Weise, also war er fast non-stop in der Lagerhalle, wo die Hunde waren. Enrique kümmerte sich überwiegen um alles, was mit den Drogen zu tun hatte und auch da waren Herbst und Winter deutlich hektischer als der Sommer. Alarico hatte viel mit all den anderen Geschäften zu tun, also war er ebenfalls viel zu beschäftigt, um uns zu durchschauen, trotzdem blieben Nico und ich vorsichtig und trafen uns gar nicht mehr in der Öffentlichkeit. An diesem Abend holte Enrique mich ab, denn Alarico hatte uns alle zum Essen eingeladen. Ich tat weiterhin so, als würde ich alles tun, was er sagte. Gabriela öffnete uns die Tür, während unsere beiden Brüder bereits am Esstisch saßen. Wir gingen durch den Eingangsbereich auf den Esstisch zu. Ich setzte mich gegenüber von Isabel, Enrique links neben mir und Gabriela rechts neben mir. "Wir haben euch eingeladen, weil wir freudige Neuigkeiten haben.", fing Alarico an, als wir alle am Tisch saßen. Ich rechnete mit irgendwelchen geschäftlichen Dingen oder möglicherweise etwas Neues zum Fall unseres Vaters. "Ich bin wieder schwanger!", quiekte Gabriela neben mir. Das hatte ich nicht erwartet. Natürlich freute ich mich für sie und auch für meinen Bruder. Er liebte sie und er hatte immer gesagt, er wolle mindestens zwei Kinder. "Herzlichen Glückwunsch!", sagte Isabel, die sofort aufsprang, um unsere Schwägerin zu umarmen. "Das ist allerdings nicht das einzige", sagte Alarico erfreut, "heute habe ich einen Anruf vom Anwalt unseres Vaters erhalten. Die Chancen stehen gut, dass er wegen guter Führung früher entlassen wird.", fügte er dann noch hinzu. Gott sei Dank! Dann würde endlich wieder alles so werden, wie früher und ich konnte endlich wieder ohne Heimlichtuerei zu Nico fahren. "Das ist super!", schoss es aus mir heraus. Die anderen stimmten mir zu, woraufhin wir alle unsere Gläser hoben und anstießen.
Solche Abende hatte ich vermisst. Man hätte wirklich meinen können, wir wären eine normale Familie, wie wir gegeneinander Uno spielten und einfach nur viel lachten, es war beinahe wie früher als Mama noch gelebt hatte. Nach einer weiteren Runde, in der uns Ramon abgezockt hatte, entschuldigte ich mich kurz, um ins Bad zu gehen. Als ich wieder herauskam, wartete Enrique vor der Tür auf mich. "Können wir kurz reden?", fragte er hastig und sah schnell den Gang entlang, um sicher zu gehen, dass niemand in unsere Richtung kommen würde. Ich nickte skeptisch als Antwort und wartete darauf, dass er wieder etwas sagte. "Rico will, dass ich dich beobachte und ich hab Nico gesehen.", flüsterte er. Schon war die gute Laune wieder dahin. "Wirst du's ihm sagen?", wollte ich sofort bedrückt wissen. "Nein, aber seid bitte vorsichtig. Ich weiß nicht, wie lang ich ihn noch anlügen kann.", gab er mir kopfschüttelnd als Antwort. "Warum hilfst du mir überhaupt? Wenn er's rausfindet, bringt er dich um.", entgegnete ich verwirrt. "Weil Nico gut zu dir passt.", antwortete er. "Danke, Rique.", sagte ich darauf. Er nickte mir zu, dann ging er an mir vorbei ins Bad und ich bewegte mich wieder Richtung Esszimmer. Als Enrique wiederkam, verteile Ramon die Karten erneut. Es war so entspannt an diesem Abend, dass ich völlig die Zeit vergas, aber Gott sei Dank hatte ich ja Enrique, der irgendwann sagte:"So, Lu und ich fahren jetzt. Wir müssen beide morgen früh raus." Bei diesen Worten fiel mir wieder ein, dass Nico noch vorbeikommen wollte. Ich nickte zustimmend, dann standen wir beide vom Tisch auf. Alarico brachte uns zur Tür, verabschiedete sich mit einem Handschlag von unserem Bruder und einer Umarmung und einem Kuss auf den Scheitel von mir. "Te quiero mucho, tú lo sabes.", flüsterte er, als er sich von mir löste. Nickend zog ich meine Jacke an und schlüpfte in meine Schuhe. Ich hörte es viel zu selten von ihm, dass er mich gern hatte. Auch wenn er die meiste Zeit nervig und wahnsinnig war, wusste ich, wie viel ich ihm bedeutete, weswegen ich es wahrscheinlich nie über's Herz gebracht hatte abzuhauen und den Kontakt zu meinen Brüdern abzubrechen. Auf dem Weg zum Auto zog ich meine Jacke zu, es war verdammt kalt für September. Enrique machte sofort die Heizung an, als wir eingestiegen waren. "Ich hätte fast vergessen, dass ich nach Hause muss. Danke.", meinte ich auf etwa der Hälfte der Strecke. "Kein Problem. Ich will ihn kennenlernen.", antwortete er, ohne seinen Blick von der Straße abzuwenden. "¿Perdón?", fragte ich überrascht nach. "Ich will Nico kennenlernen. Rico und Ramon sind beschäftigt und ich hätte dich sowieso noch beschatten sollen, also werden sie keine Fragen stellen.", erklärte er mir. "Warum?", wollte ich skeptisch wissen. "Ihr sollt beide wissen, dass nicht alle gegen euch sind und ich würd ihm das gerne persönlich sagen.", antwortete er locker.
Als wir an meiner Wohnung ankamen, wartete Nico bereits vor der Haustür. Zusammen mit Enrique ging ich auf ihn zu und sobald er meinen Bruder sah, wurde er bleich im Gesicht. "Ich wollte nur-", fing er an, sich rauszureden. "Schon gut, er weiß es.", unterbrach ich ihn und lehnte mich zu ihm hinauf, um ihm einen Kuss zu geben. Er sah mich ängstlich an, dann schaute er meinen Bruder an, der ihn anlächelte. "Enrique.", stellte sich mein Bruder vor und hielt ihm seine Hand hin. "Nico.", antwortete er, während er sie zögerlich nahm und sie schüttelte. "Wollen wir reingehen? Es ist ziemlich kalt.", sagte ich, bevor ich die Haustür aufschloss. Die beiden Männer folgten mir ins Haus und warteten geduldig, bis ich die Wohnungstür geöffnet hatte. Die Stimmung war ziemlich angespannt, als wir uns ins Wohnzimmer setzten. Nico traute meinem Bruder nicht, was ich absolut verstehen konnte, aber Enrique bemühte sich, ihn irgendwie glauben zu machen, dass er nicht war wie Alarico. "Ihr müsst nur noch durchhalten, bis unser Vater wieder da ist.", durchbrach er die unangenehme Stille zwischen den beiden. "Warum bis dahin?", wollte Nico wissen. "Dann ist Alarico nicht mehr das Familienoberhaupt und Lu kann wieder, ohne ständig kontrolliert zu werden, ihr Leben leben.", erklärte ihm mein Bruder freudig. "Okay, dann machen wir das.", stimmte Nico zu und nickte. "Ich wäre aber trotzdem vorsichtig an eurer Stelle. Wenn ich die Wohnung beobachten soll, hat er sicher auch ein paar andere gefragt.", sagte Enrique, bevor er wieder aufstand. Wir nickten beide, dann begleitete ich ihn noch zur Tür und verabschiedete mich mit einer Umarmung von ihm. Auch er platzierte einen Kuss auf meinen Scheitel und sagte mir, wie lieb er mich hatte mit dem einzigen Unterschied, dass er mich fast immer Querida nannte. Ich war froh wenigsten einen Bruder zu haben, der mich unterstützte.
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Diabla. (Nico Santos)
Fanfiction-"Du bist wie eine Droge, die ich niemals probieren hätte sollen!"- Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Lucrecia wächst zwischen Gewalt, Drogen und Angst auf, während Nico sich davon eher fern hält und trotzdem können die beiden nicht ohne ein...