Duodécima Parte: Un Regalo.

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Es war etwa sieben Uhr, als es an meiner Tür klingelte. Wie jedes Mal, bevor ich sie öffnete, sah ich aus dem Badezimmerfenster, weil die Sprechanlage kaputt war. Enrique stand unten und sah sich ständig um, er hatte etwas auf dem Arm, was ich aus diesem Winken nicht erkennen konnte. Seufzend ging ich zu meiner Wohnungstür, öffnete sie und drückte dann den Türöffner. Ich wartete einige Sekunden, dann sah ich ihn die Treppe nach oben kommen. Sehr zu meiner Überraschung hatte er einen Hund auf dem Arm und schien Mühe zu haben das Tier zu tragen. Es war kein Welpe mehr und Pitbulls konnten verdammt schwer werden. Er begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange, als er an meiner Tür ankam. Lächelnd trat ich zur Seite, um ihn eintreten zu lassen, bevor ich die Tür hinter uns schloss. "Hast du Ramon einen seiner Hunde geklaut?", scherzte ich. Sein Gesichtsausdruck blieb ernst, während er den Kopf schüttelte. Mein Lächeln verschwand sofort, weil er normalerweise wenigstens geschmunzelt hätte über meinen Kommentar. "Ist jetzt deiner und keine Widerrede.", sagte er und setzte das Tier vor mir auf dem Boden ab. "Das ist lieb, aber ich hab keine Zeit für einen Hund.", entgegnete ich. "Den bekommst du nicht, weil du ein Haustier haben sollst.", sagte er darauf. "Weswegen dann?", wollte ich verwirrt wissen. "Hör zu, es ist was passiert und Alarico fühlt sich nicht wohl bei dem Gedanken, dass du hier alleine wohnst.", antwortete er, dann seufzte er und machte dem Hund das Halsband ab. Das war mal wieder typisch mein Bruder, also rollte ich genervt mit den Augen. "Was hab ich jetzt schon wieder gemacht?", wollte ich wissen, bevor ich an ihm vorbei ins Wohnzimmer ging. "Nichts, Lu, ich kann dir nicht sagen, was passiert ist, aber nimm bitte den Hund.", flehte er und folgte mir. Er hörte sich verzweifelt an, also nickte ich. "Wie soll ich die ganzen Sachen bezahlen, die ich für ihn brauche? Und hat er schon einen Namen?", fragte ich und beobachtete das Tier, wie es durch den Raum lief und alles beschnupperte. "Alles schon erledigt, ich hol's dir gleich aus dem Auto und er heißt Santo. Ramon meinte, er hätte ihn sowieso verkauft, weil er nicht so aggressiv ist.", erklärte mir Enrique. "Ein nicht aggressiver Wachhund? Wie soll das denn gehen?", hakte ich skeptisch nach. "Er soll nur angreifen, wenn du in Gefahr bist, Lu. Wir haben's ausprobiert, bevor ich hergekommen bin. Sobald ich laut geworden bin oder Ramon zu nahe gekommen bin, hat er reagiert.", antwortete er schulterzuckend. Ich nickte und streckte meine Hand aus, um Santo daran riechen zu lassen. Er wedelte mit dem Schwanz, leckte einmal über meinen Handrücken und sah sich dann weiter um. "Wird er auf Nico losgehen?", wollte ich dann wissen. "Solange er nicht aggressiv wird, nein. Auf andere Hunde reagiert er auch normal, also sollte das auch kein Problem sein, aber falls doch, ruf einfach Ramon an, der kennt sich da besser aus als ich.", erklärte Enrique und setzte sich dann neben mich. "Sollte ich sonst noch was wissen?", hakte ich nach, weil er immer noch ziemlich nachdenklich wirkte. "Ja. Nico kann nur noch kommen, wenn ich die Wohnung beobachte.", antwortete er zögernd. "Lass mich raten, Alarico hat auch noch andere Mala Noches auf mich angesetzt.", grübelte ich laut. Mein Bruder nickte, was mich genervt aufstöhnen ließ. "Traut er mir wirklich so wenig?", kam es frustriert aus meinem Mund. "Das ist es nicht. Er hat heute etwas erfahren, was uns alle beunruhigt. Das alles hier dient deinem Schutz, mehr darf ich dir nicht sagen, aber du sollst wissen, dass egal, was ist, immer ein Mala Noche da ist, der dich beschützen kann.", erklärte er und achtete dabei genau darauf, welche Worte er benutzte. Seine Worte beunruhigten mich und ich bekam Angst. Ab diesem Moment wollte ich die Nacht über definitiv nicht alleine sein. War mein Leben in Gefahr? "Okay?", antwortete ich skeptisch. Ich wusste, dass es nichts bringen würde, weiter nachzuhaken, weil Enrique es mir nicht sagen würde, egal, wie oft ich fragen würde. 

Nachdem wir dem Hund eine Weile dabei zugesehen hatten, wie er die Wohnung inspiziert hatte, ging mein Bruder kurz nach unten, um die restlichen Sachen zu holen. Er reichte mir einen Impfpass und einen Meldeschein für das Tier, bevor er zwei Schüsseln in die Küche brachte. "Kann ich dann davon ausgehen, dass ich auch auf der Arbeit beobachtet werde?", fragte ich, als er wieder ins Wohnzimmer kam. "Ja. Ich hab morgen früh die erste Schicht hier. Ramon wird beim Café sein." , informierte er mich. Seufzend nickte ich und lehnte mich auf der Couch zurück. "Tu mir einen Gefallen und geh nachts nicht mehr aus dem Haus und fahr am besten auch nicht zu Nico.", riet er mir. "Okay, aber ich muss doch mit dem Hund auch spazieren gehen.", entgegnete ich. "Die Nachtschichten werden Rico, Ramon und ich ab morgen Abend übernehmen. Wir werden dich begleiten, wenn der Hund wirklich rausmuss.", antwortete er und versuchte mich zu beruhigen. "Soll ich Nico lieber weniger oft sehen solange euer Problem existiert?", fragte ich dann nach. Mir kam der Gedanke, dass ich ihn eventuell in Gefahr bringen könnte, wenn ich ihn zu oft sah. "Nein, alles gut. Er kommt sowieso immer mit dem Auto, aber er kann nicht mehr hier schlafen.", erwiderte Enrique ruhig. "Okay... Wann musst du hier morgen früh auftauchen?", wollte ich wissen. "Um sieben.", kam es von ihm bevor er seufzte. "Dann bleib am besten gleich hier.", bot ich ihm an. Er nickte und schenkte mir ein zahnloses Lächeln. Ich kochte noch etwas zu Abend, dann sahen wir uns einen Film an und um circa 23 Uhr ging ich ins Bett. Mein Bruder schlief auf der Couch, damit war ich beruhigt und konnte wenigstens schlafen. Als ich am nächsten Morgen aufstehen musste, hatte mein Bruder bereits Kaffee gekocht. "Buen día.", begrüßte ich ihn müde. Er hatte Santo auch schon etwas zu fressen in die Schüssel getan. "Wann musst du los?", fragte er, als er mir eine Tasse reichte. "Um halb 10.", antwortete ich mit einem Blick auf die Uhr. "Gut, dann gehen wir nach dem Frühstück mit dem Hund.", sagte er bestimmt und setzte sich gegenüber von mir an den kleinen Tisch in meiner Küche. Ich nickte verschlafen und gähnte. Normalerweise wäre ich erst um halb neun aufgestanden, aber ich hatte mir extra einen Wecker für sieben gestellt, um wenigstens nochmal mit ihm zu sprechen, bevor er runter musste. Ich machte mir ein Müsli, dann setzte ich mich ebenfalls an den Tisch, während er sich einen Toast mit Marmelade machte. Nachdem wir gegessen hatten, gingen wir mit Santo raus. Gott sei Dank zog er nicht extrem und hörte relativ gut. Eins musste ich Ramon lassen, seine Erziehungsmethoden für die Hunde waren fragwürdig, aber sie zeigten Wirkung. Bevor ich zur Arbeit fuhr, informierte mich Enrique, dass er nach seiner Schicht gleich eine Marke für Santo holen würde und dass ich weder die Steuer noch das Futter zahlen musste, das würde Alarico übernehmen. Schon als ich am Café ankam, konnte ich Ramons Auto auf dem Parkplatz davor erkennen. Er saß dick eingepackt in einem Mantel auf dem Fahrersitz und starrte auf den Eingang. Irgendwie tat er mir leid. Es war schweinekalt draußen und er musste das acht Stunden lang aushalten, weswegen ich in meiner Mittagspause einen Becher mit heißem Kaffee füllte, ein Brötchen in eine Papiertüte packte und dann auf sein Auto zuging. Er sah gerade zur anderen Straßenseite, als ich an seinem Beifahrerfenster klopfte. Ich musste schmunzeln als er zusammenzuckte und mich erschrocken ansah. "Lu, mach das nie wieder!", sagte er, nachdem er das Fenster herunter gelassen hatte. "Also besonders gut machst du das nicht.", scherzte ich, als ich die Tür öffnete, um mich zu ihm ins Auto zu setzen. "Wie hast du's rausgefunden?", fragte er sofort überrascht. "Erstens kenne ich deinen Wagen und zweitens hat's mir Enrique gesagt.", antwortete ich schulterzuckend. "Und du bist nicht sauer? Wer bist du und was hast du mit meiner kleinen Schwester gemacht?", hakte er skeptisch nach. "Er hat mir weder gesagt warum, noch was genau passiert ist, aber es hörte sich ernst an, also ist schon okay.", erwiderte ich, bevor ich ihm den Kaffee und das Brötchen anbot. "Danke. Bin am verhungern! Ich hoffe du kommst mit Santo klar.", sagte er darauf, als er mir beides abnahm. "Es ist gewöhnungsbedürftig, aber das wird schon klappen.", gab ich zurück. "Er heißt nicht um sonst der Heilige. Morgen wird Alarico hier sein.", entgegnete er, bevor er in das Brötchen biss. Ich nickte und von diesem Moment an brachte ich jedem Mala Noche, den ich vor dem Café sah einen Kaffee und ein Brötchen. Alarico war anfangs nicht begeistert gewesen, dass ich von der Observierung wusste, hatte sich aber schnell damit abgefunden. Es war zwar eine komische Art, Zeit mit meinen Brüdern zu verbringen, dennoch fand ich es schön meine Pausen nicht alleine verbringen zu müssen.

Diabla. (Nico Santos)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt