Einige Tage später kam Nico gegen Mittag vorbei. Er war zwar nicht begeistert gewesen, dass wir uns nun noch seltener sehen konnten, hatte sich damit aber abgefunden, da wir beide die Hoffnung hatten, alles würde besser werden, sobald mein Vater aus dem Gefängnis entlassen würde. Wir hatten mittlerweile endlich ein Datum. Es lag noch einige Monate in der Zukunft, doch das war immerhin ein konkreter Zeitpunkt. Ich begrüßte ihn mit einem langen Kuss, den wir auch dann nicht unterbrachen, als ich ihn in meine Wohnung zog. "Ich hab dich vermisst.", flüsterte er, als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit von einander lösten. "Ich dich auch.", antwortete ich, bevor ich ihm ein Lächeln schenkte. Wir hatten uns fast zwei Wochen nicht gesehen, weil er viel im Studio gewesen war und kaum Zeit gefunden hatte, auch nur mal kurz zu mir zu fahren. Ich konnte Pfoten hören, die über den Holzboden im Wohnzimmer auf den Flur trabten. Nico sah an mir vorbei und fixierte etwas hinter mir. Als ich mich umdrehte, sah ich Santo, der mit einem leichtwedelnden Schwanz dastand und Nico beobachtete. Ein leises Grummeln kam aus seiner Schnauze, er kannte ihn ja schließlich noch nicht. Generell war der Hund skeptisch gegenüber allen Menschen, denen er noch nicht begegnet war, so hatte er zum Beispiel auch Miriam angeknurrt, als sie das letzte Mal bei mir gewesen war. "Seit wann hast du 'nen Hund?", wollte Nico überrascht wissen. "Seit ungefähr einer Woche.", antwortete ich, ohne das Tier aus den Augen zu lassen. "War das deine Idee oder die deiner Brüder?", fragte er daraufhin amüsiert. "Was denkst du wohl?", stellte ich die Gegenfrage. Nico ging in die Hocke, um Santo zu zeigen, dass er keine Gefahr war, woraufhin der Hund langsam auf ihn zuging. Genau wie ich hielt er ihm den Handrücken hin. Sein Schwanz wedelte nicht mehr und er machte vorsichtig einen Schritt nach dem anderen. Schnuppernd beäugte der Hund ihn, bevor er seinen Handrücken mit seiner Schnauze berührte. "Du kannst ihn jetzt streicheln.", informierte ich Nico entspannt. "Hey, du.", begrüßte mein Freund Santo, der anfing mit seinem Schwanz zu wedeln und nun seine Brust beschnupperte. Während er ihn mit der einen Hand streichelte, hielt er mit der anderen Hand seine Hundemarke fest, auf der sein Name stand. "Der Heilige also.", kommentierte Nico, dann stand er wieder auf und zog seine Jacke aus. "Den Namen hab nicht ich ihm gegeben.", antwortete ich. "Das dachte ich mir schon. Wo hast du ihn her? Pitbulls findet man jetzt nicht einfach so in jedem Tierheim.", fragte er verwundert. "Ramon züchtet sie und er meinte der hier wäre gut als Wachhund geeignet, nicht dass ich irgendeine Wahl gehabt hätte.", gab ich ihm als Antwort. Nico seufzte und nickte, dann hing er seine Jacke an der Garderobe auf und zog seine Schuhe aus. "Wachhund?", kam es skeptisch aus seinem Mund. "Ja, Alarico meint, es wäre besser so, weil ich ja alleine wohne.", sagte ich schulterzuckend, dass es eine Schutzmaßnahme war, musste er nicht wissen. "Für einen Wachhund ist er aber ziemlich freundlich.", kommentierte er, bevor wir ins Wohnzimmer gingen. "Ramon hat ihn drauf trainiert, nur aggressiv zu werden, wenn mich wirklich jemand bedroht.", erklärte ich ihm. Nico war skeptisch, was ich auch absolut nachvollziehen konnte, schließlich hatten Pitbulls einen gewissen Ruf und Santo war ja auch nicht als Wachhund gezüchtet worden.
Einige Stunden später stand ich in der Küche und schnitt Zwiebeln klein, um uns etwas zu kochen. Nico beschäftigte sich derweilen mit Santo, der wie ich schnell heraus gefunden hatte, ziemlich verspielt war und jede Gelegenheit nutzte, mit irgendwem seine Kräfte zu messen. "Lass ihn aber bitte nicht zu wild werden, sonst ist er den Rest des Tages völlig aufgedreht.", ermahnt ich ihn, als Santo ein lautes Bellen von sich gab. "Okay, das reicht jetzt erstmal.", hörte ich Nico an den Hund gewandt sagen, dann folgten ein dumpfer Aufprall von dem Spielzeug und Pfoten, die über den Holzboten rannten. Kurz darauf spürte ich zwei Arme, die sich von hinten um meine Hüfte schlangen. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. "Fahr mit mir weg.", flüsterte er gegen meinen Hals. "Wohin denn?", fragte ich daraufhin amüsiert. "Irgendwohin.", antwortete er, bevor er begann, meinen Hals rauf und runter zu küssen. Ich musste mich zusammenreißen, weil ich weiterhin ein Messer in der Hand hielt. Seine Berührungen entspannten mich, also ließ ich meinen Kopf nach hinten an seine Schulter fallen und legte das Messer weg. "Ich mein das ernst.", murmelte er zwischen den Küssen, die er auf meiner Haut verteilte. Ich seufzte und schloss die Augen. "Das geht leider nicht.", antwortete ich enttäuscht. Er löste seine Lippen von meinem Hals und drehte mich an der Hüfte zu sich um. "Warum nicht? Und sag jetzt bitte nicht deine Brüder.", entgegnete er frustriert. "Erstens das und zweitens hab ich einen Job, bei dem ich Urlaub beantragen muss.", erklärte ich und seufzte. "Deine Chefin ist doch cool drauf, außerdem hast du doch noch Urlaubstage übrig oder nicht?", kam es hoffnungsvoll aus seinem Mund. "Ja, aber wenn ich nicht zur Arbeit gehe und nicht mit dem Hund raus, wird Rico das sicher merken und dann geht alles wieder von vorne los.", erwiderte ich und lehnte meine Stirn an seine. Er seufzte und nickte. Ich hasste es, dass ich nicht wie eine normale Freundin, einfach mit ihm wohin fahren konnte, aber was sollte ich machen? Sanft drückte ich ihm einen Kuss auf die Lippen, bevor ich mich wieder zu der Arbeitsfläche umdrehte. Nico legte seine Arme wieder um mich und seinen Kopf auf meine Schulter. Während ich die letzte Zwiebel klein schnitt, überlegte ich, ob ich nicht doch irgendwie eine Lösung finden könnte. Dann hatte ich eine Idee. "An was denkst du?", fragte Nico, als ich die Hand mit dem Messer nicht mehr bewegte. "Vielleicht könnte ich Alarico irgendwie austricksen.", überlegte ich laut. Ich legte das Messer wieder weg und drehte mich erneut zu ihm um. Er sah mich verwundert an. "Ich könnte sagen, dass ich mit Miriam wegfahre und Enrique bitten mitzukommen. Rico würde sowieso jemanden auf mich ansetzen, also warum nicht gleich den einzigen, der von uns weiß.", erklärte ich ihm. Er stöhnte genervt auf. "Ich wollte dich mal länger für mich alleine haben als nur ein paar Stunden in der Woche.", entgegnete er leise. "Ich weiß, aber anders geht es leider nicht.", erwiderte ich und legte eine meiner Hände an seine Wange.
Als das Essen fertig war, schrieb ich Enrique eine SMS, dass er hochkommen sollte. Wann immer einer meiner Brüder die Schicht vor meiner Wohnung hatte und ich zuhause war, kochte ich für sie mit und holte sie nach oben, sobald ich fertig war. Er antwortete, dass er schon auf dem Weg sei. Ich holte drei Teller aus meinem Küchenschrank und stellte sie auf den Küchentisch, während Nico Messer und Gabeln darauf legte. Nur wenige Sekunden später klingelte es an der Tür, die ich dann schnell öffnete. Enrique kam gut gelaunt herein, begrüßte Nico und Santo und setzte sich dann an den Tisch. "Ich muss dich was fragen.", fing ich an, während ich die Nudeln verteilte. "Was denn?", wollte mein Bruder wissen, bevor er sich etwas Wasser in sein Glas eingoss. "Also, Nico und ich wir wollen wegfahren, aber das geht nicht ohne dich.", sagte ich zögerlich. Enrique sah mich überrascht an, dann räusperte er sich. "Ich soll mit euch in den Urlaub fahren?", hakte er nach. Nickend nahm ich mir etwas Soße aus dem Topf. "Also ich hätte ja nichts dagegen, aber das müssen wir erstmal Alarico beibringen.", sagte er dann langsam. "Jetzt essen wir erstmal, dann können wir das mit ihm klären.", mischte sich nun Nico ein. Er zwar immer noch nicht begeistert von der Idee, aber eine andere Möglichkeit hatten wir nicht. "Wo wollt ihr denn hinfahren?", fragte Enrique dann irgendwann während des Essens. "Ich dachte Paris wäre vielleicht schön.", beantwortete Nico seine Frage. Ich verschluckte mich fast an meinem Bissen, weil ich eher mit so etwas wie die Alpen oder der Nordsee gedacht hatte. "Das kann ich mir nicht leisten.", sagte ich, als ich meinen Husten wieder unter Kontrolle gebracht hatte. "Mach dir keine Sorgen, ich lad dich ein.", meinte Nico, dann lächelte er mich an. "Ich kann das nicht annehmen.", entgegnete ich kopfschüttelnd. "Kannst und wirst du.", kam es von meinem Freund, der mir einen warnenden Blick zuwarf. Ich wusste, dass ich nicht gegen ihn ankommen würde. Hatte er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt, war es schwer, es ihm wieder auszureden, also seufzte ich und nickte. "Das wird eine Menge Überzeugung kosten, Lu.", entgegnete mein Bruder. Nachdem wir aufgegessen hatten, räumten Nico und ich den Tisch ab. Enrique suchte währenddessen Alaricos Nummer raus. Wie wollten ihn direkt fragen und keine Zeit vergeuden. Erst als Nico und ich uns wieder an den Tisch gesetzt hatten, wählte er sie. Ich konnte hören, dass es zwei Mal klingelte, bis unser Bruder ranging. Enrique machte ihn auf Lautsprecher. "Ja?", kam es von der anderen Leitung. "Rico, ich bin gerade bei Lu.", fing mein Bruder an. "Ist alles okay? Ist ihr was passiert?", fragte Alarico sofort panisch. "Nein, alles gut. Es geht nur darum, Miriam will mit ihr eine Woche nach Paris.", beruhigte ihn Rique. "Kommt nicht in Frage! Du weißt ganz genau, warum ich sie nicht aus den Augen lassen will.", antwortete unser Bruder streng. "Hör ihr doch erstmal zu. Du bist auf laut.", entgegnete mein anderer Bruder ruhig. "Also wir würden Enrique mitnehmen. So hat mich jemand im Auge und ich kann aus der Stadt raus.", erklärte ich nervös. Währenddessen sah ich Nico an, der stur auf das Handy starrte. Rico blieb still, man konnte ihn nur seufzen hören, bis er dann endlich sagte:"Okay, aber ich will jeden Abend einen Anruf haben, hört ihr mich?" Ich konnte nicht glauben, dass er tatsächlich zugestimmt hatte. "Ja, okay. Danke!", erwiderte ich glücklich. Meine Brüder redeten noch kurz, dann legten sie auf. Nico hatte ein breites Grinsen im Gesicht, anscheinend war ihm ein genauso großer Stein vom Herzen gefallen wie mir.
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Diabla. (Nico Santos)
Fanfiction-"Du bist wie eine Droge, die ich niemals probieren hätte sollen!"- Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Lucrecia wächst zwischen Gewalt, Drogen und Angst auf, während Nico sich davon eher fern hält und trotzdem können die beiden nicht ohne ein...