Kapitel 4 - Das Eis mit den düsteren Augen

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Endlich..., schoss es Hermione durch den Kopf. Den Schultag hatte sie mehr oder weniger erfolgreich hinter sich gebracht und war jetzt auf der Flucht vor dem Rest des Goldenen Trios. Sie musste einfach raus, den Kopf frei kriegen. Das Mädchen konnte noch immer nicht begreifen, dass sie den gesamten Schultag damit verbracht hatte, sich Snapes komplette Lebensgeschichte auszumalen. Was ging sie das an? Nichts! Gar nichts! Und doch tat sie es. Zudem machte sie sich Vorwürfe, weil sie sich noch gar nicht richtig bei Sirius bedankt hatte. Ohne ihn hätte sie wohl kaum genügend Schlaf bekommen und wäre höchstwahrscheinlich im Unterricht weggedämmert. Hermione fuhr sich verzweifelt durch die Haare.
Ein weiteres Mal wusste sie nicht genau wo sie hin sollte, also entschied sie sich einen kleinen Ausflug zum schwarzen See zu machen. Als aller erstes jedoch, schnappte sich die junge Gryffindor ihren Wintermantel, um nicht womöglich noch zu erfrieren.
Wie schon bei ihrer Ankunft belebte sie die frische Luft und heizte sie zum weitergehen an. Ihre kleinen zarten Hände verschwanden blitzschnell in ihrer Manteltasche, da diese sofort anfingen zu frösteln. So menschenleer hatte sie die schneeweiße Landschaft schon ewig nicht mehr gesehen. Es ließ sie so friedlich und ruhig wirken, all das, was Hermione gerne sein würde. Überall funkelten winzige Eiskristalle, welche der Hexe in ihren großen rehbraunen Augen schmerzten.
Der See war fast komplett in dickes Eis gehüllt und erzeugte so eine noch stärkere magische Aura. Hermione sog die frische, eiskalte Luft ein. Besonders solche Momente genoss sie in der Nachkriegszeit, einfach alleine in einer solch herrlichen Umgebung nachzudenken. Als sie daran dachte, dass Ron und Harry womöglich genau in diesem Moment das ganze Schloss nach ihrere besten Freundin umkrempelten, entfuhr ihr ein mädchenhaftes Kichern. Oh ja, sie hatte Hogwarts vermisst, und wie!

Ihre Augen starr auf das funkelnde Eis gerichtet bemerkte das ahnungslose Mädchen jedoch nicht wie sich eine große schwarze Gestalt von hinten nährte. „Miss Granger, Sie habe ich gesucht. Was führt eine so junge Dame wie sie, alleine, ohne ihre nervigen Freunde, an einen so kalten Tag an den schwarzen See?", schnarrte der Mann in Hermiones Ohr, den sie ohne Zweifel als Professor Snape enttarnte. Bei der Erwähnung von Ron und Harry verzog sich sein sonst so monotones Gesicht. Hermione fuhr ein kalter Schauer über den Rücken und sie erschauderte.
Ohne sich umzudrehen entgegnete sie:„Den Kopf frei kriegen." „Hmm.",murmelte Snape:„Das sieht Ihnen aber gar nicht ähnlich." Nachdem sie heute so zügig aus meinem Klassenraum verschwunden sind, dachte ich mir bereits das Etwas nicht stimmt. Mir blieb die Möglichkeit verwehrt, Ihnen ihre genaue Uhrzeit des Nachsitzens mitzuteilen. Dies würde übermorgen Abend um 18:45 Uhr sein. Und seien Sie bitte pünktlich."

Hermione nickte bloß. Es sieht ihr also nicht ähnlich?! Mit einem leicht dominanten Unterton motzte sie ihm entgegen:„Wenn Sie glauben, dass ich meine Ruhe das erste Mal hier suche, dann liegen sie damit falsch. Auch ich bin durchaus in der Lage Zeit alleine zu verbringen und bin nicht abhängig von meinen Freunden. Und, wenn sie gestatten Sir, würde ich Ihre generelle Menschenkenntnis in diesem Fall in Frage stellen. Denn man muss schon ziemlich blind sein, um zu denken, dass nicht auch ich diverse Probleme habe. Ja, Überraschung, Sie sind nicht der Einzige."

Verblüfft blickte der schwarzhaarige Slytherin auf seine viel kleinere Schülerin hinunter. Mit einer so ausdrucksstarken und gezielten Antwort hatte er definitiv nicht gerechnet. Irgendwie freute er sich, dass er nicht die einzige tiefgründige Person auf diesem Planeten war. Besonders das Miss Granger sich als solche Person entpuppte entzückte ihn sehr:„Entschuldigen Sie mich, so meinte ich das nicht."Hermione schmunzelte als Antwort. Sie wusste auch nicht so genau warum sie nicht einfach gegangen war und ihn den Rücken zugekehrt hatte. Demütigen wollte sie ihn dann auch wieder nicht.
Während sie in ihren Gedanken verschwunden war, zauberte Snape eine dunkelgrüne Wolldecke herbei. Er platzierte diese auf der dichten Schneedecke und deutete ihr an sich zu setzen.

„Dunkelgrün, huh?", witzelte sie. „Ja, ich bin eben ein stolzer Slytherin." Er lachte. ER lachte. Es war ein sehr raues und durch die Zeit gezeichnetes Lachen, aber es war echt und freundlich. Hermiones Augen funkelten bei dieser Feststellung. Nie zuvor hatte sie das beobachten können. Sie betrachtete ihn von der Seite, vielleicht etwas zu lange, da er sie nach kurzer Zeit fragend anguckte. Dann schien auch er es zu realisieren. Snape schüttelte sich leicht und fiel in seine kalte Maske zurück. So eiskalt wie die schottischen Highlands, wie das ewige Eis, so als wäre eine weitere Eiszeit ausgebrochen. Ein unwohles Räuspern folgte:„ Dann wissen Sie ja jetzt wann Sie zum Nachsitzen zu erscheinen haben." Er stand auf, verabschiedete sich:„ Miss Granger.", und ging.
Das alles war viel zu schnell abgelaufen. Die Löwin konnte gar nicht richtig folgen. In einen Moment ist er so offen und lacht sogar mit ihr, und im nächsten stellt er all das ab und geht? Hatte sie etwas falsch gemacht? Hätte sie ihn nicht so anstarren sollen? Was war es??!
Nun saß sie da, auf der kuschelweichen Decke mit Sorgen in ihren erschrockenen Augen und dachte an ihn. Ruhe würde sie jetzt nicht mehr finden, also erhob auch sie sich und trottete zurück zum Schloss. Aber natürlich nicht ohne die Decken einzupacken, man weiß ja nie....

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