Kapitel 2 - Ein nächtlicher Ausflug

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Die aufgewühlte Stimmung hatte sich gegen Ende hin gelöst was eventuell auf die Müdigkeit zurück zu führen war. Die lange Fahrt war anstrengend gewesen und die meisten Schüler waren einfach nur noch schläfrig. Ron war Hermione schon zwischenzeitlich auf die Schulter abgedriftet. Sie mochte ihn, wirklich, er war ja auch ein Mitglied des goldenen Trios aber trotzdem war Hermione sehr froh darüber, dass sich aus dem Kuss damals nicht mehr entwickelt hatte. Er war ihr bester Freund, nicht mehr und nicht weniger. Sie passten einfach nicht zusammen, selbst Ron hatte dies irgendwann eingesehen.
Minerva McGonagall verabschiedete sich mit einer passend kurzen Rede und die Zauberer und Hexen zogen sich in ihre Schlafsäle zurück.

Die Nacht war lang, sehr lang, besonders für Hermione, welche sich so einsam wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr fühlte. Es war kalt und ungemütlich in ihren samtig roten Bett und zudem plagten sie schlimme Albträume. Szenen direkt aus dem Krieg. Schon seit Monaten bescherten ihr diese Erinnerungen schlaflose Nächte und heute hatte sie noch nicht mal jemanden zum Reden.
Ginny war zu ihrem Harry geflüchtet und schlief bei diesem, die anderen Mädchen kannte sie nicht gut genug um ihre Sorgen und Probleme mit ihnen zu teilen.

Normalerweise hielt sich die Gryffindorstreberin immer an die Schulregeln, sie waren ihr aller Heiligstes, in dieser Nacht jedoch setzte sie sich, ohne auch nur den Ansatz eines schlechten Gewissens zu haben, darüber hinweg.

So leise wie es nur möglich war, tapste sie barfuß über den alten Holzboden bis hin zur Tür welche sich quietschend öffnete. Auf dem Weg dort hin schnappe sich die stolze Gryffindor noch ihre Hogwartsroben, denn wenn sie eines nicht wollte, dann war es von irgend einem Idioten in ihrem knappen roten Pyjama aufgefunden zu werden. Bei dem Gedanken daran, dass die Kerkerfledermaus sie so sehen könnte, prustete sie beinahe los. Alles was sie davon abhielt war ihre zierliche Hand welche sich reflexartig vor ihrem Mund presste. Sein Gesichtsausdruck wäre sicherlich göttlich und einen bissigen Kommentar würde sich die Schlange auch nicht verkneifen können .„Miss Granger, was ist denn in sie gefahren hier nachts in diesem Stück Stoff herum zu schleichen? Es ist nach der Sperrstunde !!20 Punkte Abzug für Gryffindor für diesen dreisten Regelverstoß!"
Bei dieser amüsanten Vorstellung drohte Hermiones hochroter Kopf zu platzen. Sie konnte Snapes abwertende Stimme richtig in ihrem Kopf  brummen hören. In ihrem Vorstellungswahn stieß sich das Mädchen ihren kleinen Zeh .„Mist !", fauchte sie leise. Musste es denn so dunkel sein ?!

Endlich angekommen im Gemeinschaftsraum begab sie sich elegant wie eine gehbehinderte Ente zum Porträt der fetten Dame welches sie offensichtlich geweckt hatte .„Mädchen, was fällt dir ein um diese Uhrzeit hier entlang zu humpeln ?!", trillerte die fette Dame. Mit einer genuschelten Entschuldigung dackelte sie schnell weiter um dem in Rage geratenen Gemälde zu entkommen. Eine ganze Zeit lang hörte Hermione sie noch hinter sich fluchen, verstand aber keine genauen Worte mehr, bis die tosenden Klänge in der Ferne verstummten.

Gryffindors Goldmädchen hatte sich doch tatsächlich in den Kopf gesetzt mitten in der Nacht in die bereits geschlossene Bibliothek einzudringen um sich ein wenig abzulenken.
Ja, es war verboten, dass wusste sie genau aber irgendwie schaffte die Junghexe es diese Tatsache komplett zu verdrängen.
So huschte sie durch die, zumindest zu dieser Uhrzeit gruselig aussehenden Korridore, bis hin zur großen Holztür. Dort angekommen brauchte es nur einen, für sie einfachen Zauber, um das Schloss zu knacken.
Sie betrat den, für Hermione schon fast heiligen Raum und machte sich an den Jahrhunderte alten und dazu noch staubigen Büchern zu schaffen.
Sehr vorsichtig und sanft fuhr die über die verschiedensten Buchrücken der Wissesquellen und wählte schlussendlich eines mit dunkelgrünem Umschlag, welches sich mit alten Runen beschäftigte. Dieses Thema hatte sie schon immer stark interessiert und fasziniert, also versank sie auch ziemlich schnell in ihrem Tun.

Diese Ablenkung funktionierte auch eigentlich ganz gut, bis sie eine auffallend ausdrucksstarke, männliche Stimme hinter sich vernahm.
„Ahh!! Sirius ...hast du mich erschrocken, ähh ich meine ...Professor Black, was machen Sie denn hier?"
Am Ende des Satzes konnte man nur noch ein nervöses Gestammel vernehmen, während das geschockte Mädchen ihren Lehrer mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Mit Gesellschaft hatte sie wohl kaum gerechnet und mit der von Sirius am wenigsten.
„Keine Sorge Hermione, im Privatem bleiben wir natürlich beim Du." Er begann leicht zu schmunzeln.„Und bitte, schau mich nicht so an."
„Wie schau ich denn ?", fragte die Gryffindor nach.
„Hmmm...Wie beschreibt man das am besten?
Wie ein aufgeschrecktes Reh was Angst um sein Leben hat."
Ein herzhafter Lacher kam Sirius entgegen und so konnte er gar nicht anders als mitzulachen.

Nach dem Gelächter machte sich kurzzeitig eine unangenehme Stille breit, die jedoch schnell von dem bärtigen Mann unterbrochen wurde.
„Sollte ich dich fragen was du Nachts alleine in der Bibliothek zu suchen hast?"
Hermione schüttelte nur energisch den Kopf:„Nein, dass solltest du nicht ..."
Stirnrunzelnd setzte sich Sirius auf den Sessel gegenüber von seiner Schülerin .„Du musst morgen früh hoch, geh doch lieber wieder ins Bett ", riet er ihr, doch Hermione brachte nur einen tiefen Seufzer hervor:„Das bringt doch eh nichts. Ich kann so oder so nicht schlafen."
„Wieso ?", hakte er nach.

Er war wirklich daran interessiert ihr zu helfen. Dieser Gedankengang imponierte der Hexe sehr, da sie dringlichst jemanden zum Reden brauchte und damit waren nicht Harry und Ron gemeint, sondern Menschen die mit ihr auf einem Level waren.
„Es fühlt sich alles so anders an als vor dem Krieg ....Es IST alles anders."
Das 'ist' betonte sie besonders stark, was Sirius ein besorgtes Gesicht hervorzauberte. Sie würde ihm gerne alles im Detail erklären aber weder konnte die tapfere junge Frau es in Worte fassen, noch hätte sie es aussprechen können.
„Hermione....", begann der Hundeanimagus sehr vorsichtig, wobei er unbewusst nach ihrer Hand griff. Diese zuckte kurz erschrocken zurück ließ es dann aber doch über sich ergehen.
Sirius hatte von der Gegenwehr gar nichts mitbekommen und plapperte einfühlsam weiter:„Das Leben bringt ständig Veränderungen mit sich, auch deines, das ist völlig normal. Du musst nur lernen damit umzugehen und das funktioniert nur wenn du sie akzeptierst oder es zumindest versuchst. Der Krieg war schrecklich, für jeden von uns. Wir haben Freunde und Familie verloren und doch geht das Leben weiter. Du bist noch so jung, lass dir dein Leben nicht wegnehmen. Hermione, du bist eine Gryffindor, eine starke, tapfere Löwin...ich will das du kämpfst!"

Hermione war erstaunt wie ernst der sonst so aufgedrehte und immer glückliche Mann doch war. Nachdenklich starrte sie ins Nichts und überdachte Sirius Worte noch einmal. Dabei wurde ihre Hand immer noch gewärmt. Während seiner kleinen Motivationsrede verschwand dieser Fakt komplett aus ihrem Kopf. Es fühlte sich angenehm schützend an und am liebsten würde sie ihren grauäugigen Professor auf der Stelle umarmen. Doch dies war unangemessen.
Nach nur wenigen Sekunden, die sich jedoch für Hermione wie volle Stunden anfühlten, brachte sie ein leises 'danke' zum Vorschein. Sofort zog sie ihre Zwergenhand unter der riesigen Pfote hervor und machte sich so schnell wie möglich aus dem Staub.

Zurück ließ sie einen verwirrten und in Gedanken versunkenen Sirius, welcher nachdenklich auf den nun leeren Sessel vor ihm blickte und heimlich in sich hineinschmunzelte.

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