Kapitel 15: Das Jahr, das alles änderte.

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Kapitel 15
Das Jahr, das alles änderte.

Hier bin ich also, Sebastian Black, zukünftig vielleicht Sebastian Jackson, vielleicht bin ich in Zukunft ja auch der Mann von Max Black, wer weiß, wer weiß.

In den letzten Wochen haben wir, wie Max es nennt, meinen Krempel in seine Hütte geschafft, um offiziell zusammen zu ziehen. Ein längst überfälliger Schritt, immerhin verbringen Muffin und ich schon einige Monate fast ausschließlich auf der Farm. Es gibt keinen Grund mehr, nach Hause in den Keller zu gehen, hier auf der Farm habe ich alles, was ich brauche, um glücklich zu sein.

Max hat einen Raum für mich frei geräumt, damit ich ein Arbeitszimmer habe, in dem nun mein Computer, mein Schreibtisch und einige andere persönliche Sachen untergebracht sind. Jetzt muss ich mich nicht mehr zweiteilen, wenn ich arbeiten, aber auch in Max' Nähe sein möchte.

Ich atme durch, als ich mich in meinem Arbeitszimmer umsehe. Beinahe habe ich es geschafft. Ich habe fast alles, was ich möchte. Jetzt fehlt nur noch...

Deprimiert fasse ich an meine Brust.
Meine Operation. Sie ist schon so nah, aber noch so weit entfernt. In wenigen Wochen werde ich das erste Mal operiert, meine Brüste werden ‚entfernt', sie werden angepasst. Um mich auf die bevorstehenden Veränderungen vorzubereiten muss ich wieder alle zwei Wochen zur Therapie gehen und über alles, was mir so durch den Kopf geht, sprechen, aber das ist okay, es gehört zum Spiel, ich muss mich an die Regeln halten. Sobald ich operiert bin, werde ich mir diesen Weg wieder ersparen, besonders hilfreich ist diese Gesprächstherapie ohnehin nicht.

Ich fasse es nicht, dass ich bald diesen langersehnten Schritt gehen kann. Mein Körper wird endlich modifiziert.

Modifiziert - Maru benutzt dieses Wort immer wieder, wenn wir darüber sprechen. Das hat sich irgendwie in meinem Kopf eingebrannt. Es klingt viel besser, dass mein Körper an meine Bedürfnisse angepasst wird, als zu sagen, dass ich ‚im falschen Körper' stecke. Er ist ja nicht falsch, immerhin ist es ja mein Körper, und ich habe nur diesen einen. Er ist eben nur anders, als ich ihn mir vorstelle und deswegen ändern wir ihn.

Jetzt muss ich nur noch ein paar Untersuchungen hinter mich bringen... ...schon wieder.

Schon der Gedanke an das alles macht mich nervös. Mein Magen kribbelt vor Aufregung. Ich spüre, dass meine Handflächen anfangen zu schwitzen. Mir wird etwas schwindelig.

„Sebastian? Ist alles okay?", höre ich Max' Stimme. Als ich aufsehe, legt er gleich seine Arme um mich und drückt mich fest. „Du siehst so traurig aus. Brauchst du irgendwas? Schokolade? Essen? Liebe?"
„Ich... ich bin ein bisschen nervös..."
„Wieso? Was ist passiert?", fragt Max weiter nach. „Geht es dir gut?"
„Mein Kopf denkt so viel..."
„Willst du mir davon erzählen?"
Ich nicke. „Die OP-Freigabe macht mir zu schaffen. Ich hab das Rauchen reduziert, aber jetzt habe ich Angst, dass mein Gesamtzustand nicht in Ordnung ist. Dass ich nicht fit genug bin oder dass irgendwas nicht stimmt. Und kiffen kann ich in den nächsten Wochen auch nicht, weil ich auch eine Urinprobe abgeben muss. ...aber ich brauche das Gras ab und zu, es beruhigt mich. Es hilft mir, das Denken zu reduzieren. Bei manchen Menschen ist das dumm und die sollten öfter mal denken, aber ich denke definitiv zu viel."

Max hört mir geduldig zu, er nimmt meine Hand und küsst meine Finger. Ich bin sicher, dass er weiß, was zu tun ist. Instinktiv weiß Max immer, was er machen soll, damit sich meine Welt wieder etwas erhellt.

„Es wird alles gut, Sebastian. Dein Dad hat ja auch versprochen, dass er mit Geld um sich wirft, um dir alle Türen zu öffnen und dir eine angenehme Zeit im Krankenhaus zu ermöglichen."
„Ja, ich weiß... aber ich hab trotzdem irgendwie Angst und die Panik kommt gerade so hoch und... Max hilf mir..." Mein Brustkorb wird immer enger, ich kann kaum klar denken.

Mein Verlobter hebt mich hoch und trägt mich aus dem Zimmer. Ein wenig umständlich öffnet er die Tür zum Schlafzimmer, um mich wenige Schritte später im Bett absetzen zu können. Aus dem Schrank bringt er mir einen weiten Pullover.

„Zieh mal deinen Binder aus, das Ding engt dich immer so ein. Ich bin gleich wieder bei dir."
„Danke, Max."

Ich kämpfe mich aus meinen beengenden Sachen und ziehe Max' Pullover über. Schon die lockere Kleidung hilft, das beklemmende Gefühl zu reduzieren. Als mein Retter wiederkommt, reicht er mir ein Glas Wasser. „Trink einen Schluck." Während ich ein wenig Flüssigkeit zu mir nehme, öffnet Max das Fenster, um frische Luft ins Zimmer zu lassen. Er tritt zurück zum Bett und nimmt mir das Glas in meinen Händen ab. Max setzt sich mitten auf das Bett, um mir ein wenig Freiraum zu geben, aber trotzdem noch bei mir zu sein. Ich klettere ein Stückchen näher zu ihm und greife nach seinen Händen, ich brauche Max' Halt. Meine Hände liegen ganz locker in denen meines Verlobten.

Als würde Max mich durch eine beruhigende Meditation leiten, spricht er: „Lass einfach alles los. Tief durchatmen."
„Okay", antworte ich leise.
„Tief ein... und wieder aus...", weist er mich weiter an.

Meine Augen sind geschlossen. Ich höre auf Max' ruhige und entspannte Stimme und lasse mich von ihm durch meinen Angstzustand und meine anfangende Panikattacke führen. Die Sicherheit mit der er zu mir spricht, gibt mir genau wie seine großen Hände Halt. Ich finde Atemzug für Atemzug den Boden unter den Füßen wieder.

„Tief ein... und wieder aus...", wiederholt Max sich.

Die Panik beginnt langsam sich zu verflüchtigen. Das drückende Gefühl wird mit jedem Atemzug leichter. Max löst eine seiner Hände von meinen, streicht dann durch meine Haare. „Wie fühlst du dich?"
„Besser... aber es ist ziemlich kalt..."
Ich bekomme einen Kuss auf die Stirn, bevor Max aufsteht, um das Fenster wieder zu schließen. „Willst du heute trotzdem mit deiner Mum zum Wintermarkt fahren? Falls du dich nicht gut fühlst und lieber zu Hause bleiben willst, suche ich einen Film raus und wir beide verbringen den Tag im Bett. Ich kann Popcorn machen und wir essen Kekse und Chips im Bett. Wir kuscheln und du bekommst viele, viele Küsse von mir. Wir können die Welt um uns herum vergessen und uns nur unserer Liebe widmen."
Max' Vorschlag zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. „Danke, dass du dir so viele Gedanken um mein Wohlbefinden machst."
„Du bist der Mann meines Lebens, natürlich denke ich viel über dich nach. Ich will, dass du dich in unserem Zuhause immer wohl fühlst. Draußen kann ich nicht alle Hindernisse aus dem Weg räumen, aber die Farm ist unser Safespace. Hier gibt es nichts, das uns Sorgen bereitet."
„Danke, Max. ... Wir... Also... Könnten wir heute Nachmittag mit Mum mitfahren und den Film dann heute Abend sehen?"
„Kaum bietet man dir Optionen an, willst du alles, was?", gibt Max belustigt von sich. „Aber wie immer machen wir alles, was du willst, mein Schatz. Ich will, dass es dir gut geht, du bist mein Ein und Alles."
„Danke, Max, danke, dass du dich immer um mich kümmerst."
„Für den Rest meines Lebens", verspricht Max sanft, ehe er einen sanften Kuss auf meine Stirn platziert. „...aber hör endlich auf dich für diese Selbstverständlichkeit zu bedanken."
„Entschuldige."

...

Mum und Maru stehen an dem Stand und verkaufen unsere selbstgemachte Deko. Die Hütte ist leider so klein, dass Max und ich nur im Weg wären, also schlendern wir durch den Markt. Wir begutachten das Angebot der verschiedenen Hütten, trinken heiße Schokolade und Tee und stopfen uns mit ungesundem Essen der verschiedenen Stände voll. Obwohl ich Früchtetee normalerweise nicht mag, hat es mir die Winterzauber-Teemischung angetan. Mein absoluter Favorit sind die Bratkartoffeln mit Knoblauchsoße und natürlich die große pinke Zuckerwatte, die ich gleich danach verdrücken werde.

„Beste Bratkartoffeln aller Zeiten", gebe ich zufrieden von mir, als ich auf dem Schoß meines Verlobten sitze und mir den Bauch noch voller schlage. Gerade wenn es so kalt ist, kann ich von wärmenden Köstlichkeiten nicht genug bekommen.
„Falls du denkst, dass du mit Knoblauch meinen Küssen entkommen kannst, bist du übrigens schief gewickelt, mein Schatz. Ich bin zwar ein Vampir, aber ich bin immun gegen Knoblauch", gibt Max verspielt von sich. Er drückt mir einen Kuss auf die Wange.
„Das war auch nicht mein Plan", antworte ich. Ich schmiege mich an meinen Verlobten und genieße die Nähe zu ihm.

Max öffnet seinen Mund, ich füttere ihn mit einer Bratkartoffel. Es ist schön, wenn irgendwas im Leben glatt läuft, ohne, dass ich es erzwingen oder daran arbeiten muss. Max ist ein Glücksgriff. Er sieht gut aus, er ist tolerant, verständnisvoll, liebevoll, fürsorglich und er weiß immer, wie er mit mir umgehen muss, damit ich mich rundum wohl und geborgen fühle. Es erfüllt mich mit Erleichterung, dass ich endlich leben kann, ohne auf Ausreden und Notlügen zurückgreifen zu müssen. Es ist eine große Erleichterung, dass ich das Leben endlich genießen darf, wie alle anderen Menschen um mich herum es schon seit Jahren tun können.

Im Moment könnte es kaum schöner sein.

...

Zu meinem Erstaunen läuft das jährliche Familienessen zum Feast of the Winter Star sehr ruhig. Mum und Demetrius streiten nicht, was allerdings auch daran liegen kann, dass die beiden sich nicht einmal richtig ansehen, geschweige denn miteinander reden.

Der Tisch ist reichlich gedeckt. Mum hat gefüllten Truthahn, verschiedene Salate und eine Soße, die nicht von dieser Welt ist, gezaubert. Die Soße wurde nach einem alten Familienrezept zubereitet. Meine Mum hat es von ihrer Mutter sozusagen vererbt bekommen. Abgesehen von dem deftigen, würzigen Essen, gibt es natürlich viele selbstgebackene Kekse, in den verschiedensten Formen und Geschmacksrichtungen. Außerdem gibt es zum Nachtisch eine Schokoladencremetorte. Für jeden Geschmack ist etwas dabei, egal ob man nun lieber vegetarisch Beilagen, Truthahn oder eben Süßes bevorzugt. Meine Mum hat dafür bestimmt Stunden, wenn nicht Tage in der Küche verbracht. Ich hätte niemals so viel Ausdauer, schon bei der Hälfte der Kekse würde ich aufgeben. Es ist nicht nur viel Arbeit, sondern dauert auch noch so lange, bis sie knusprig und bereit zum Verzehr sind.

Die vielen Festtagsspeisen werden sich in den nächsten Wochen auf meiner Waage zeigen, aber das alles ist zu lecker, um darauf zu verzichten.

Maru erzählt während dem Essen von einem neuen Gadget, an dem sie aktuell arbeitet. Es handelt sich um einen kabellosen Staubsaugerroboter, um Mum den Haushalt ein wenig zu erleichtern. Klingt an sich nach einer guten Idee, aber der Prototyp ist nach zwei Minuten überhitzt, hat angefangen Funken zu sprühen und sich somit selbst zerstört.

Max muss über den Plottwist in Marus Geschichte so sehr lachen, dass er sich an seinem Essen verschluckt. Während er vor sich hin hustet, stehe ich auf, um ihm ein Glas Wasser zu bringen. Ich stelle das Glas ab und setze mich wieder neben meinen Verlobten. Max räuspert sich, trinkt dann einen weiteren Schluck, um seine Stimme wieder zu finden. Für einen Moment dachte ich schon, er erstickt neben mir.

„Danke, Sebby", gibt Max kratzig von sich, nimmt dann einen weiteren Schluck aus dem Glas. Er räuspert sich.
„Gern geschehen", antworte ich und gebe ihm einen zarten Kuss auf den Oberarm.
„Wieso feierst du eigentlich nicht mit deiner Familie, Max?", stellt Demetrius die unpassendste Frage des Tages. Er ist so ein unsensibler Arsch. „Au!" Demetrius zuckt zusammen. Verwirrt und etwas verärgert sieht er zu meiner Mum. „Wieso trittst du nach mir?"
„Weil du ein Idiot bist...", antwortet sie kühl.
„Mum, Dad...", versucht Maru den Streit schnell zu schlichten.
„Also... an sich feiere ich doch jetzt gerade mit meiner Familie...", beantwortet Max die Frage trotz der Diskussion. „Sebastian und ich werden heiraten... Eigentlich dachte ich..."
„Schon okay, Max", spreche ich ihm gut zu, lege dabei meine Hand auf seine. „Demetrius hat seine Frage bestimmt einfach nur falsch formuliert. Wäre ja nicht das erste Mal."
„Oh... Also ich feiere nicht mit meinem Dad, weil wir keinen Kontakt mehr haben und meine Mum ist vor vielen Jahren gestorben", erklärt Max neutral. Mit einem Lächeln sieht er zu mir. „Aber es ist okay, wie es ist, immerhin hat mich alles, was ich erlebt habe zu Sebastian geführt. Wir werden heiraten und bald unsere eigene Familie haben."
„Awww, ihr wollt ein Baby adoptieren?", fragt Maru aufgeregt. „Wie spannend."
An Demetrius' Gesichtsausdruck sehe ich, dass er etwas sagen möchte, doch eine Sekunde später wirkt er so, als würde er erneut getreten werden. „Au!"
„Denk nicht einmal eine Sekunde daran...", murmelt Mum sauer.

Mein Stiefvater steht auf, um den Tisch und auch die Küche zu verlassen. Vermutlich ist es besser so, sonst hackt Mum ihm noch das Bein ab. Ich nehme an, dass diese Feindseligkeiten nicht nur auf seine unüberlegten Aussagen zurückzuführen sind.

„Also, sagt, wollt ihr lieber ein Mädchen oder einen Jungen?", fragt Maru weiter nach. Sie wirkt aufgeregt und höchst interessiert.
„Ich öhm..."

Ich blicke zu Max. Dieses Thema ist für mich ein wenig schwer für mich, da ich noch nie wirklich daran gedacht habe, ein Kind zu bekommen. Eigentlich haben wir beide auch noch nie darüber gesprochen, ob wir überhaupt Kinder haben wollen. Im Moment wäre ich nicht bereit, ich bin auch noch viel zu jung, um diese Verantwortung tragen zu können.
Die Aussage überrumpelt mich also dementsprechend. Für Max hingegen scheint das selbstverständlich zu sein, genau so hat er Mum auch das erste Mal erzählt, dass er mich heiraten wird.

„Ich weiß auch nicht", antwortet Max. „Eigentlich ist es vollkommen egal, auch wenn ich ein Mädchen in einem süßen, pinken Kleid mit einer Schleife oder Blume im Haar bedingungslos mit meiner Liebe überschütten müsste, weil mich alleine die Vorstellung schon zum Schmelzen bringt."
„Awww... ein kleines Mädchen... Und habt ihr schon einen Namen? Vielleicht fallen mir ja auch ein paar ein, wenn ihr noch keine Ideen habt. So ein Name muss ja auch gut überlegt sein", plappert Maru darauf los, was meine Mum zum Kichern bringt.
„Maru, ich denke, dass Sebby und Max noch ein wenig Zeit haben, bevor sie ein Kind adoptieren", erklärt Mum sanft, doch ihr Grinsen verrät, dass noch ein Spruch hinterher kommt. „Ich bin ja auch noch gar nicht bereit, Großmutter zu werden und Dan würde sich nach dieser Nachricht vermutlich mit einem Liter Botox das Gesicht lähmen lassen."

Wir fangen an zu lachen. Ja, das klingt nach meinem Dad... er hasst es, alt zu werden. Er will über sein Alter überhaupt nicht erst reden und lügt in einer Tour, wenn man ihn danach fragt. Laut ihm ist er übrigens 32, das heißt, er ist laut seiner Logik mit zehn Vater geworden.

Das restliche Essen verläuft ein wenig ruhiger, Demetrius stößt rechtzeitig zum Nachtisch wieder zum Rest der Familie. Nach einem kleinen Geschenkeaustausch ist unser Besuch auch schon wieder beendet, immerhin sehen wir uns abends in der Stadt wieder, um am Festival teilzunehmen. Zum Feast of the Winter Star gibt es eine kleine Tradition in der Stadt. Jeder von uns bekommt einen Stadtbewohner zugewiesen, für den er ein kleines Präsent besorgen soll. Ich habe Alex gezogen, jemanden mit dem ich eigentlich nie etwas zu tun habe. Für ihn habe ich einen Gridball und ein Trikot mit Autogramm von seinem Lieblingsspieler besorgt. Ohne Max wäre mir das niemals eingefallen. Ein Glück, dass er sich mit jedem einzelnen Bewohner der Stadt so gut versteht.

...

Nachdem wir uns vom Feast of the Winter Star erholt haben, steht wenige Tage später bereits das nächste kleine Festival an. Max und ich machen uns gerade bereit für das Feuerwerk, das am Hauptplatz der Stadt zum Ende jedes Jahres stattfindet. Das Jahr ging wie immer rasend schnell vorbei, doch es war zur Abwechslung ein gutes Jahr, das beste seit Jahren.

„Was hältst du von dem traditionellen Neujahreskuss?", fragt Max beiläufig, als er in einen Pullover und anschließend in einen weiten Hoodie schlüpft.
„Ist ein bisschen künstlich und klischeehaft, findest du nicht?"
„Also... ich finde die Idee schön, dass das erste, was man im neuen Jahr macht, ist, seine große Liebe zu küssen... In meinem Fall würde ich meine kleine Liebe küssen. Du weißt schon... weil du so klein bist."
Ich grinse, schubse Max dann ein wenig zur Seite, um selbst den Schrank plündern zu können. „Du bist ein Idiot, Max, aber ich finde, dass du irgendwie Recht hast. So hab ich das noch nie gesehen. Ich fand es schon immer irgendwie kitschig."
„Hattest du schon mal jemanden, mit dem du einen Neujahreskuss teilen konntest, Sebastian?"
Ich greife nach einem Hoodie, halte dann allerdings inne. „Nein, ich..." Ich räuspere mich, beschließe dann doch die Zwiebeltechnik zu nutzen und wie Max einen Pullover unter dem Hoodie zu tragen. Wir werden einige Zeit im Freien verbringen, also wäre passende Kleidung durchaus angebracht. „...ich war nie besonders beliebt und... vor dir hatte ich ja auch noch gar keinen Freund, also... nein. Das wäre mein erster Neujahreskuss."
Max legt seine Hand an meinen Rücken und streichelt mich ein wenig. „Dass ich dein Erster sein darf, ist in meinen Augen sehr romantisch, Sebby."
„Vielleicht musste ich einfach durch all den Scheiß in meinem Leben durch, nur um mit dir belohnt zu werden oder so... wer weiß, was Yoba oder das Schicksal oder das Universum oder wer auch immer für jeden bereit hält..."
„Hey..." Ich blicke zu Max, der mich verliebt ansieht. „Vergiss den Scheiß aus deiner Vergangenheit. Es zählt die Zukunft, unsere gemeinsame Zukunft. Ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch, Max. Danke, dass du mich immer wieder zurück in die Realität holst."
„Für dich würde ich alles tun."

Max gibt mir einen zärtlichen Kuss, erinnert mich im Anschluss allerdings, dass ich mich langsam beeilen sollte, da wir doch schon ziemlich spät dran sind. Ich trödle viel zu gerne, vor allem, wenn ich diese Zeit mit meinem Verlobten verbringe.

Ich schlüpfe in die Winterstiefel, die ich von Max geschenkt bekommen habe, er hilft mir noch in meine Jacke und setzt mir eine Mütze auf. Max drückt mir einen Kuss auf die Wange, ehe er sich selbst Schuhe und Jacke anzieht. Als ich einen Schal anlege, hänge ich Max ebenfalls einen um den Hals.

„Vergiss nicht wieder deine Handschuhe, sonst frieren deine süßen kleinen Finger ab und du kannst nicht mehr programmieren", erinnert Max mich fürsorglich.
„Würdest du mich noch lieben, auch wenn ich keine Finger mehr hätte?", frage ich grinsend nach.
„Was für eine dumme Frage, ich würde dich sogar noch mehr lieben."
„Ach ja?", hake ich irritiert nach, schlüpfe dann in meine Handschuhe.
„Ja...", antwortet Max mit diesem bestimmten Unterton. Es ist dieser gewisse Unterton, der verrät, dass er gerade etwas sehr Dummes denkt. „Dann müsstest du deinen Mund einsetzen, um..."
„MAX!", gebe ich empört von mir, schmolle ihn dann an. Ich bin so überrascht von dieser Aussage, dass ich Max aus Reflex einen Klaps gebe.
„Ich mein ja nur. Ich hab auch Bedürfnisse."
„Komm du Idiot", gebe ich kopfschüttelnd von mir. Ich hake mich bei Max ein und ziehe ihn mit nach draußen auf die Veranda.

Mein Verlobter schließt ab und wir machen uns Hand in Hand auf zum Hauptplatz. Die Lichterketten an unserem Haus und an dem Zaun erhellen den Weg Richtung Stadt.

Es ist hell genug, dass unser Iglu und unsere zweiköpfigen Schneemänner deutlich zu erkennen sind. Zu schade, dass der Frühling bald wieder ins Land zieht und unsere Schneemänner töten wird. Dabei habe ich mir so viel Mühe mit den Details gegeben. Jeder Schneemann hat zwei Karotten als Nasen für seine zwei Köpfe bekommen. Kleine Steine habe ich verwendet, um den Gesichtern noch Augen und Münder zu verpassen. Ich habe sogar an Augenbrauen gedacht, für die habe ich kleine Zweige verwendet. Und der Frühling wird sie trotz der vielen Mühen alle wegschmelzen und somit umbringen... Naja, das ist das Leben, der Tod gehört einfach dazu, vor allem bei Schneemännern.

Kaum sind wir am Hauptplatz angekommen, fällt mir sofort Mum ins Auge. Sie nimmt mich fest in den Arm und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Ich dachte schon, ihr zwei verbringt den Abend im Bett."
„Ach, dazu sind wir noch ein kleines bisschen zu jung", winke ich ab.
„Du vielleicht", meint Max, worauf er herzhaft gähnt. „Nächstes Jahr werde ich definitiv ein Schläfchen machen, bevor ich hier her komme."
„So mache ich das seit vielen, vielen Jahren", scherzt Mum, wobei sie mich loslässt. Auch Max wird von ihr umarmt und fest gedrückt.

Ich fasse an meine Hosentasche, als mein Smartphone vibriert. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich weiß, wer mir schreibt.

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2 neue Nachrichten.
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Dad: ‚Hey Frettchen und Schwiegersohn! Schöne sonnige Grüße von den Fern Islands. Bei euch sollte es ja gleich so weit sein, also wünsche ich euch einen schönen Start ins neue Jahr! Hab euch lieb <3'
- Dad hat ein Bild gesendet. -


„Wow...", gebe ich unbeeindruckt von mir, als ich das Selfie ansehe.

Dad trägt eine Sonnenbrille, er sitzt am Strand, im Hintergrund sind Palmen und der Sonnenuntergang zu erkennen. Abgesehen von seinem hübschen Cocktail präsentiert er seine Zunge, als würde er mir reindrücken, dass ich nicht dort bin. Tz, als ob mir nicht ein Sommer pro Jahr reichen würde...

„Was ist denn?", fragt Max. Er ist so neugierig, dass er mir gleich mein Smartphone abnimmt. „Oh Daddy... Ich bin so neidisch."
Auch Mum wirft einen Blick auf das Display, sie seufzt. „Ich will auch..."
„Tja, wir haben auch einen Strandzugang, aber ich glaube, dass du dir die Nippel abfrieren wirst, wenn du heute ins Wasser springst, liebste Schwiegermutter", zieht Max meine Mum auf.
„Ja, wahrscheinlich. Aber wenn du schwimmen gehst, dann stürze ich mich auch ins Meer", geht Mum sofort auf den Scherz ein.
„Oh, fordere mich nicht heraus, ich bin so verrückt, dass ich mir schneller die Kleider vom Leib reiße, als dir lieb ist", gibt Max lachend von sich, ehe er mir mein Smartphone zurückgibt.

Ich nutze die restliche Zeit bis zum Countdown, um zu überlegen, was ich meinem Dad antworten soll.

„Hey, lasst uns ein Selfie für Dad machen", bitte ich die beiden lächelnd, als ich mich für eine banale Fotoantwort entscheide.

Wir posieren mit Grimassen für meinen Dad. Mum streckt die Zunge raus, Max schielt und ich spitze meine Lippen für ein perfektes Duckface, ehe ich auf den Auslöser drücke.

Mit schnellen Berührungen auf mein Display ist meine Antwort auch schon bereit, verschickt zu werden.

Sebastian: ‚Schöne, kalte und frostige Grüße aus Pelican Town. Nächstes Jahr bleibst du gefälligst im Land und frierst dir mit uns zusammen den Hintern ab!'
- Sebastian hat ein Bild gesendet. -
Dad: ‚Deal ;) Habt ein schönes Feuerwerk. Ich lass jetzt auch was Knallen und zwar die Korken, weil ich mich betrinke! :D ... kleiner Scherz, Cocktails haben keine Korken, aber ich brauchte den Spruch für mein Wortspiel ;) Passt auf euch auf'


„Dad Jokes...", gebe ich augenrollend von mir, reiche dann mein Smartphone weiter, sodass Mum und Max die Antwort lesen können.
„Ja, das klingt nach Dan", meint Mum lächelnd. Sie hebt wieder ihren Blick, als die Bewohner der Stadt den Countdown starten.

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„Frohes neues Jahr, mein wunderschöner Schatz", freut Max sich zufrieden, wobei er mich sofort zu sich zieht, um mich zu küssen. Er presst seine kalten Lippen direkt auf meine, wartet nicht einmal eine weitere Sekunde, womit er mir die Chance nimmt, die Glückwünsche gleich zu erwidern. Als ich mich von Max löse, lächle ich zufrieden.
„Frohes neues Jahr, Max."

Im Augenwinkel sehe ich, wie Mum lächelnd das Display ihres Smartphones ansieht. Sie steckt es ertappt weg, als Demetrius auf sie zukommt, um sie zu küssen.

Seltsam. ...aber was ist in meiner Familie schon nicht seltsam.

Wir stoßen noch mit einem kleinen Glas Sekt an, ich bekomme allerdings Orangensaft, weil ich nicht einmal daran denken kann, Sekt zu trinken, ohne das Gesicht zu verziehen. Nicht ein einziger Tropfen kommt mir davon über die Lippen. Niemals!

Das war es also, das Jahr, das mein Leben grundlegend verändert hat.
Ich bin gespannt, was das nächste Jahr bringt und wie es mit meinem Verlobten und mir weiter geht. Das nächste Jahr wird noch weitere Veränderungen bringen. Ich werde bald operiert, ich komme meinem Traumkörper immer näher.

Zufrieden kuschle ich mich an Max' Arm. Auch Sam, Abby und Shane stoßen noch zu uns, zusammen betrachten wir das Feuerwerk, das den Himmel über der Stadt immer wieder in bunten Farben erstrahlen lässt.

Ein perfekter Abschluss für so ein aufregendes Jahr.

[Stardew Valley] Mein großes Geheimnis. [Abgeschlossen!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt