Kapitel 10: Schmetterlinge im Bauch.

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Kapitel 10:
Schmetterlinge im Bauch.

Als ich Pierre's Gemischtwarenladen betrete, fällt mir sofort jemand ins Auge. Max. Er plaudert ein wenig mit Gus, der ebenfalls gerade seine Einkäufe erledigt. Ohne die beiden zu begrüßen schleiche ich an ihnen vorbei, um ebenfalls einige Dinge zu kaufen. Mum hat mir eine Liste gegeben, die ich gewissenhaft abarbeite. Abgesehen von Mums Einkäufen, nehme ich noch Katzenfutter und Zigaretten mit. In den letzten Wochen habe ich kaum geraucht, es sind mittlerweile nur noch eine oder zwei Zigaretten pro Tag. Die Morgenzigarette lasse ich mir nicht nehmen, ich brauche sie zu meinem ersten Kaffee des Tages. Das ist mein morgendliches Ritual, ich zelebriere die erste Zigarette des Tages, es hilft mir, aufzuwachen.

„Du redest also gar nicht mehr mit mir?", fragt Max enttäuscht, als ich an der Kasse stehe, um zu bezahlen.
„Ich wüsste nicht, wieso ich mit dir reden sollte." Ich reiche Pierre das Geld, packe meine Sachen in meinen Rucksack.
„Verstehe..."

Während ich noch einpacke, bezahlt auch Max seinen kleinen Einkauf. Er lädt die ziemlich ungesunden Lebensmittel in seine Umhängetasche, wir verlassen beinahe zeitgleich den Laden.
„Hey... Sebastian, es tut mir wirklich leid, wie ich mich verhalten habe. Das war nicht in Ordnung von mir. Ich hab Sam und Abby für heute auf einen Spieleabend eingeladen, wenn du willst, dann kannst du auch vorbei kommen."
„Ich denke nicht, dass ich kommen werde, aber danke für die Einladung."
„Oh, okay... naja, dann vielleicht ein andermal?", fragt er unsicher nach.
„Max, nimm es mir nicht übel, aber ich glaube, dass..."
„Schon okay, spar dir deine Worte. Dann... danke für den schönen Sommer..." Max' Stimme so traurig zu hören, versetzt mir einen Stich in meiner Brust. Ich muss mich zusammen reißen, um meine Gefühle vor ihm zu verbergen. Max beugt sich etwas zu mir. Der sanfte Kuss auf meine Stirn soll wohl so etwas wie ein Abschiedskuss sein. „Pass auf dich auf..."

Als er sich umdreht, um zu gehen, fange ich trotz meiner gesamten Selbstbeherrschung an zu schluchzen. Er bedeutet mir doch immer noch so viel, ich hab mich nicht umsonst so gekränkt und vor der Welt versteckt. ...aber wieso? Wieso tut es so weh? Wieso komme ich nicht einfach von ihm los?

Ich breche in Tränen aus. „M-Max...", schluchze ich. Er dreht sich in meine Richtung, auch er sieht traurig aus. Ich kann seinen Blick kaum ertragen. „Ich-Ich hab dich ver-vermisst..."

Ich wische mir die Tränen von den Wangen und versuche wieder zur Ruhe zu kommen. Leider ist das nicht ganz so einfach, ich bin vollkommen aufgewühlt. Ich brauche einige Atemzüge, um mich zumindest halbwegs zu beruhigen.

Max bleibt ruhig vor mir stehen, er stresst mich nicht, sondern gibt mir Zeit, mich etwas zu erden, ehe er spricht: „Ich hab dich auch vermisst... Sorry, dass es nicht funktioniert hat, ich empfinde verdammt viel für dich, ich bin nur leider zu dumm das richtig auszudrücken."
„Geht mir auch so...", schluchze ich leise.
„Männer, was?", meint Max, wobei seine Mundwinkel sich einem Lächeln annähern.
Ich zucke mit den Schultern. „Ist wohl so."
„Ach fuck, wieso bin ich nur so bescheuert? Ich kann das nicht."

Max tritt wieder auf mich zu, er legt seine Hände an meine Wangen und küsst mich. Perplex, aber irgendwie glücklich erwidere ich die sanften Bewegungen seiner Lippen. Der Moment könnte ewig dauern, er fühlt sich an wie der Himmel auf Erden. All das, was ich versucht habe zu verdrängen und vergessen, kommt mir nun in den Sinn. Ich will Max nicht aus meinem Leben streichen.

Kaum lösen wir uns voneinander, fängt er an zu sprechen: „Ich bin Hals über Kopf in dich verknallt. Als deine Mum gesagt hat, dass du dich in deinem Zimmer verschanzt und mit niemandem reden willst, hab ich mich wie das letzte Stück Scheiße gefühlt. Ich habe dir wehgetan und es gibt keine verdammte Entschuldigung für meine Dummheit..." Max beißt sich etwas auf die Unterlippe. „Und dann haust du auch noch zu deinem Dad ab... Ich hatte Angst, dass du nie wieder zurückkommst. Ich hätte es mir niemals verziehen, wenn ich keine Möglichkeit gehabt hätte, dich wiederzusehen und mich bei dir zu entschuldigen. Du warst das einzige, das ich in den letzten Wochen in meinem Kopf hatte. Ich habe jeden Tag und vor allem jede Nacht an dich gedacht. Ohne dich ist es einfach nicht mehr dasselbe. Du hast mir unendlich gefehlt..."

Die Gefühle, die Max mir entgegen bringt, werfen mich beinahe aus der Bahn. Er dachte, dass ich nie wieder zurück komme?
Ich drücke ihn vorsichtig weg und meide seinen Blick. Ihn zu küssen ist schön, aber...

Ich weiß nicht, was ich denken soll, es ist so schwer, so kompliziert und so verdammt verwirrend. Auch wenn ich mich selbst nach Max sehne, habe ich zu große Angst, ein weiteres Mal verletzt zu werden.

„Es wird nicht funktionieren, Max", erzähle ich ängstlich und unsicher. „Wenn wir jetzt da anknüpfen wo wir waren, endet es nur damit, dass du dich vor mir und meinem Körper ekelst. Ich will dich nicht dazu zwingen, mich anzufassen. Ich will dich auch nicht dazu zwingen, dich zu ‚hetero' Sex zu überwinden... Du verdienst einen richtigen Mann, nicht so ein unfertiges Modell wie mich. Vergiss mich und ich versuche auch irgendwie über dich hinweg zu kommen... Dann können wir wieder so leben, wie wir es vorher gemacht haben... Such dir einfach einen richtigen Mann, der hilft dir dabei, mich zu vergessen... Es gibt tausende, die besser sind als ich. Ich war nie gut genug für dich."
„So viel Schwachsinn hab ich ja noch nie gehört. Was hat dein Dad mit dir gemacht? Hat er dich auf den Kopf fallen lassen?"
„Ähm... nicht, dass ich ... wüsste?"
„Ich sag's dir jetzt im Klartext: ICH. LIEBE. DICH."

Schockiert sehe ich ihn an. Auf Max' Geständnis gibt es keine angemessene Art zu reagieren, zumindest fällt mir keine ein. Ich schüttle irritiert meinen Kopf, so als würde ich versuchen, die Worte, die er gerade ausgesprochen hat, in mein Gehirn dringen zu lassen. Ich habe mich verhört, ich muss mich verhört haben. Max kann mich unmöglich lieben, nicht so, wie ich jetzt bin, das geht einfach nicht, das macht keinen Sinn.

„Ich sollte nach Hause gehen...", antworte ich leise, löse mich dann ganz von Max. Ich drehe um, um zu gehen, doch er folgt mir. Max spaziert neben mir her, als hätten wir einen gemeinsamen Weg, doch eigentlich müsste er in die entgegengesetzte Richtung gehen, um schnellstmöglich zur Farm zu gelangen.

„Was machst du?", erkunde ich mich nach seinem Plan.
„Nach Hause gehen."
„Aber du musst in die andere Richtung."
„Ich kann hingehen, wo ich will", erklärt er streng, wobei er immer noch den verdammt langen Umweg zurück nach Hause einschlägt.
„What the fuck, Max?"
„Was? Ich gehe doch nur nach Hause..."
„Max..."
„Ich liebe dich, Sebastian und ich gehe jetzt nach Hause, find dich damit ab", erklärt Max stur.
„Ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein, Max."
„Wieso nicht?"
„Ich leide einfach gerne alleine vor mich hin...", antworte ich ihm.
„Das ist bis jetzt die Ausrede, die ich dir am wenigsten abkaufen kann. Da war deine Aquaphobie noch glaubwürdiger", meint Max unbeeindruckt. „Du hast Angst, dass ich dir wieder weh tue und das ist verständlich. Weißt du... Ich hab noch nie einen Menschen wie dich getroffen, also abgesehen von dem Transgender-Ding. Du hast mich mit deinen wunderschönen Augen verzaubert. Ich bekomme nicht genug von und deinen süßen Händen und deiner zarten Seele. Wir schieben alles Körperliche einfach auf. Wir machen uns keinen Druck und keinen Stress mehr. Ich will mit dir zusammen sein und unsere gemeinsame Zeit genießen. Das ist mir in den letzten Wochen immer klarer geworden. Ohne dich ist es hier in Pelican Town scheiße. Ich brauche dich. Ich liebe dich, Sebastian."
„Du meinst das also vollkommen ernst?", frage ich nach, als wir schon fast auf dem Waldweg angekommen sind.
„Ja, du hast mir jede Sekunde gefehlt. Mit dir fühlt sich jeder Tag an, als wäre er der beste meines Lebens. Ich will nicht, dass der Sommer unsere einzige gemeinsame Zeit bleibt. Ich will, dass du immer bei mir bist. Tag und Nacht. Bis an unser Lebensende."
„Max, das... ist... Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", antworte ich verlegen.

Seine Worte sorgen dafür, dass ich wie Sand in seinen Fingern zerfließe. Dieser Mann weckt unendlich viele Gefühle in mir.
Er sorgt dafür, dass ich mich an die schönen Momente erinnere, jedoch mildert das nicht meine Angst davor, noch einmal verletzt zu werden.

„Was hältst du von Katzen?", frage ich schließlich.
„...dieser Themenwechsel. Bist du sicher, dass dein Dad dich nicht fallen lassen hat?"
„Ich hab eine Katze..."
„Katzen schädigen Gehirnzellen?"
„Nein, du Idiot, ich hab eine Katze und wenn du mich bei dir haben willst, musst du auch mit Muffin klar kommen", erkläre ich meinen Themenwechsel.
„Na dann musst du mir Muffin unbedingt vorstellen, wenn es euch ab jetzt nur noch im Doppelpack gibt", spricht Max mit Zuversicht.

...

Muffin is not amused.
Kaum nähert Max sich meiner Katze, fängt sie an zu fauchen.

„Okay... sie hasst mich", stellt er entrüstet fest.
„Die im Tierheim meinten, dass sie sehr aggressiv ist. Also mich mag sie, meinen Dad auch... muss also an dir liegen."
„Hör auf mich zu hassen...", schmollt Max, als er seine Hand ein weiteres Mal nach meiner Katze streckt.

Muffin reagiert derartig aggressiv auf Max, dass er wieder Abstand nimmt. Ich hab sie noch nie fauchen hören. Meine Katze sieht so unheimlich aus, dass sogar ich ein wenig Angst bekomme. Ihr Mund ist weit geöffnet, ihre Augen sind zusammen gekniffen, ihre süßen, flauschigen Ohren sind nach hinten gelegt.

Max' gesamte Körpersprache zeigt, wie enttäuscht er ist. Er schmollt: „Wer hätte gedacht, dass jemals eine meiner Beziehungen an einer Katze scheitert..."
„Tut mir leid, dass sie dich nicht mag, Max."
„Sie wird sich noch an mich gewöhnen, das weiß ich. Muffin braucht bestimmt nur ein wenig Zeit. Ich bin für einige etwas gewöhnungsbedürftig."
„Vielleicht."
Max sieht mich deprimiert an, doch er gibt mir trotz seiner miesen Laune einen Kuss auf die Wange. „Dass Muffin mich nicht mag ist aber kein Grund, dass wir uns jetzt nicht mehr sehen, oder?"
„Max..."
„Kommst du heute Abend vorbei? Es ist nur ein Spieleabend, keine Hintergedanken."
Ich zögere etwas mit meiner Antwort: „Sagen wir es so: Warte nicht auf mich. Eher nein, als ja."
„Schade... Bekomme ich einen Abschiedskuss von meinem schönen Freund?"
„Ich bin nicht dein Freund, Max."
„Hör auf mir das Herz zu brechen. Also, bekomme ich einen Abschiedskuss von meinem schönen Freund?", fragt er noch einmal nach, grinst dabei ein wenig.
„Geh bitte endlich nach Hause, Max... Du stresst meine Katze und das stresst mich..."

Er beugt sich wieder zu mir, um sich trotzdem einen kurzen, unschuldigen Kuss zu stehlen. Ich muss zugeben, dass mir seine Hartnäckigkeit sehr imponiert. Vorsichtig lege ich meine Hände an seinen Oberkörper, der Duft seines After Shaves zieht in meine Nase. Ich habe diesen Geruch vermisst...

Seit wir nicht mehr zusammen sind, fehlt mir so vieles...

„Wir sehen uns gegen acht", verabschiedet Max sich leise, küsst dann noch einmal meine Stirn, bevor er mein Zimmer verlässt.

...

Abends liege ich in meinem Bett. Ich kraule Muffins Nacken. Meine Katze schnurrt zufrieden vor sich hin. In meinen Händen ist sie wieder streichelzart und anschmiegsam.

Es ist interessant, dass sie auf Max so aggressiv reagiert. Vielleicht spürt sie ja meine Unsicherheit ihm gegenüber, vielleicht will sie mich beschützen, vielleicht hasst sie ihn aber auch grundlos. Fest steht, dass sie nicht gerne in seiner Nähe ist. Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich das schnell ändert, falls es sich überhaupt ändern wird. Max ist ja auch nicht der einzige, bei dem meine Katze auf diese Weise reagiert. Im Tierheim war das ja auch schon so.
An den Rest meiner Familie hat sie sich auch noch nicht gewöhnt. Muffin kann weder Demetrius, noch Mum besonders gut ausstehen, wenn Maru in der Nähe ist, ist das okay, nur anfassen darf meine Schwester meine Katze ebenfalls nicht.

Vielleicht könnte ich ein wenig mit Katzenminze experimentieren. Wenn Muffin nicht ständig unter großem Stress steht, profitieren wir alle davon.

Die Zeit vergeht, ich sehe etwas fern und kuschle mit meinem kleinen Kätzchen. Es ist kurz vor acht. Ich habe nicht vor, Max zu besuchen. Der ‚Spieleabend' könnte nur ein weiterer Vorwand sein, wieder mit mir alleine zu sein, aber ich halte das aktuell nicht aus. Wenn ich hingehen würde und meine Freunde tatsächlich da wären, würden Abby und Sam mich bloß wieder in Max' Richtung drängen und vermutlich früher abhauen, damit ich mit Max alleine bin, aber das schaffe ich nicht. Ich habe mich auf ihn eingelassen und wurde verletzt, der Schmerz ist viel zu frisch, um ihn vergessen zu können.

Auch wenn Max mir fehlt, auch wenn ich seine Nähe genieße und auch wenn mein Herz sich nach ihm sehnt, weiß ich, dass unsere Beziehung nicht funktionieren wird. Schon der erste Versuch war ein Reinfall, wieso sollte es jetzt besser werden?

Ich muss Max sagen, dass ich nicht mehr mit ihm zusammen sein kann. Egal wie sehr es uns beiden weh tut... Besser ich beende es, bevor es angefangen hat, bevor ich wieder so tief falle... Ich würde das nicht noch einmal ertragen...

Fuck me... Mein Leben ist scheiße...
Wieso muss immer alles so kompliziert sein?!
Wieso muss Liebe so wehtun?!

Mein Smartphone zieht durch Vibrationen meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein kleiner Weckruf aus trüben Gedanken.

Ich strecke mich zu meinem Nachttisch, um mein Smartphone an mich nehmen zu können.

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1 neue Nachricht.
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Max: ‚Hey Sebastian. Du kommst heute Abend nicht, richtig? Es ist okay, wenn du lieber zu Hause bleiben willst, aber ich will, dass du weißt, dass du jederzeit bei mir willkommen bist. Es tut mir unendlich leid, wie es zwischen uns gelaufen ist und ich hoffe, dass wir doch noch eine Chance haben, zusammen zu sein. Ich habe mein ‚Ich liebe dich' heute vollkommen ernst gemeint und ich hoffe, dass du dasselbe für mich empfindest.'
Sebastian: ‚Lass uns ein anderes Mal darüber reden, ich bin noch nicht bereit, wieder so viele Menschen um mich herum zu haben.'
Max: ‚Okay, ich verstehe, was du meinst. Nimm dir Zeit und lass dir das alles durch den Kopf gehen.'
Sebastian: ‚Ja, im Moment gibt es vieles, das mir durch den Kopf geht. Vielleicht sehen wir uns irgendwann in den nächsten Tagen.'
Max: ‚Ich soll dir liebe Grüße von Abby und Sam ausrichten.'
Sebastian: ‚Danke, grüß sie zurück.'
Max: ‚Mach ich. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend. <3'
Sebastian: ‚Danke.'


...

Im Herbst gibt es zwei Festivals. Das erste zieht eine Menge Touristen in unsere kleine Stadt. Es handelt sich um die Stardew Valley Fair, bei der regionale Anbieter ihre Waren präsentieren und einen Preis dafür gewinnen können. Außerdem gibt es einige Buden mit verschiedenen Spielen und einen Streichelzoo.

Das zweite Festival findet Ende des Herbstes statt, es ist das einzige Festival, auf das ich mich jedes Jahr wieder freue. Es handelt sich um ein Halloween Event, das beste Event des Jahres. Bis zum Spirit's Eve sind es jedoch noch einige Wochen.

Kommen wir auf den heutigen Tag zurück. Die Stardew Valley Fair.

Heute ist es zwar sonnig, aber relativ kühl, sodass ich mich unter meinem Hoodie und meiner Lederjacke gut verstecken kann, ohne vor Hitze zu ersticken, jedoch ist der Besuch auf dem Hauptplatz nicht so angenehm, wie er sein sollte. Ich bin ein wenig nervös, als ich auf dem Festivalgelände ankomme. Die vielen Menschen nerven mich jetzt schon, doch als ich meinen liebsten Menschen der Stadt sehe, geht es mir augenblicklich besser.

In den letzten Tagen habe ich viel nachgedacht. Ich habe die Pros und Kontras abgewogen. Obwohl mein Kopf viele Zweifel hat, hat mein Herz sich entschieden, ein Risiko einzugehen. Sollte ich einen weiteren Rückschlag erleiden, dann ist das eben so...

„Hey Max", begrüße ich den beschäftigten Farmer recht neutral, doch in mir ziehen tausende von Schmetterlingen aufgeregt ihre Kreise.
„Hey Sebastian", freut er sich strahlend. Er stellt gerade einen riesengroßen Kürbis in die große Kiste, in der er seine Waren präsentiert.
„Das ist ja ein großes Ding", gebe ich erstaunt von mir, worauf Max lacht.
„Das sagt man mir normalerweise erst, sobald ich mich ausziehe."
Max bringt mich zum Lachen. „Hör auf, du bist ein Idiot."
„Ich bin gleich voll und ganz für dich da, mein Süßer, lass mich das hier nur fertig machen."

Abgesehen von dem Kürbis platziert Max noch seine schönsten Äpfel, einen kleinen Strauß Fairy Rosen, ein Bündel Amaranth, eine Artischocke, eine überdimensionale Süßkartoffel, ein paar Eier seiner Hühner und sogar einen Diamanten und einen dieser regenbogenfarbenen Steine, von denen ich immer vergesse, wie sie heißen, in seine Box. Alles in allem ist seine Ernte diesen Herbst scheinbar sehr gelungen. Ich hoffe, dass er für seine Mühen einen Preis gewinnt.

Als Max zufrieden ist, begrüßt er mich angemessen mit einer liebevollen Umarmung. Er beugt sich zu mir, um mir einen zarten Kuss zu geben, erst zögere ich, doch dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen, um ihm entgegen zu kommen. Ich sehne mich zu sehr nach Max, um mich weiterhin von ihm fernzuhalten. Ich habe versucht, ihn zu vergessen, habe versucht, über ihn hinweg zu kommen, aber es funktioniert nicht, es funktioniert einfach nicht. Es ist sinnlos gegen meine Gefühle zu kämpfen.

„Ich weiß, dass du heute sehr beschäftigt bist, Max, aber hast du Zeit, dass wir miteinander reden können? Es wäre wichtig."
„Für dich habe ich immer Zeit, Sebastian."
„Also..."

Ich sehe mich um, greife dann nach seiner Hand, um ihn ein wenig von dem Trubel zu entfernen. Nervös druckse ich einige Minuten herum, da ich noch nicht recht weiß, was ich Max überhaupt sagen möchte.

„Nimm dir ruhig Zeit, ich warte", versichert Max zuversichtlich. „Du siehst heute übrigens wieder umwerfend aus."
„D-Danke, Max."
„Gerne."

Ich betrachte den hübschen Farmer. Max hat sich ein wenig zu Recht gemacht, er trägt eine zerrissene Jeans, ein schwarzes Hemd und darüber eine schwarze Lederjacke. Die sonst hellblau und teilweise grau ausgeblichene Haarsträhne in seinem Pony erstrahlt heute in kräftigem, dunklem Blau. Noch strahlender als das Blau in seinen Haaren, wirken seine blauen Augen und nicht zu vergessen sein Lächeln. Ach, dieses Lächeln.

„Ich äh... Max, ich würde..."
„Ja?"
„Max, ich vermisse es, bei dir zu sein und ich will..."

Okay, Plan B. Mit Worten bekomme ich das nicht hin!
Ich seufze, reiche Max dann einen Zettel aus meiner Jackentasche.

Als Max den Zettel auffaltet, lacht er. Es ist eine Hommage an seine Nachricht, die er mir vor Monaten auf dem Strand gereicht hat. Auch ich habe zwei Strichmännchen gezeichnet. Der gezeichnete Max und der gezeichnete Sebastian halten Händchen, über ihnen schwebt ein großes, rotes Herz, daneben befinden sich mehrere kleine Herzchen.

Unter meiner Zeichnung steht etwas geschrieben: ‚Ich wäre gerne wieder dein Freund. Willst du auch noch mein Freund sein?'
Die Antwortmöglichkeiten sind ja und ja, daneben befinden sich zwei kleine Quadrate, die Max ankreuzen kann.

Ich beobachte seine Augen, als sie über die zwei Sätze fliegen. Als Max aufsieht, reiche ich ihm einen Stift aus meiner Jackeninnentasche. Max lächelt mich zufrieden an.

„Darf ich auch zwei Antworten ankreuzen?", fragt er sanft nach, worauf ich nicke.
„Wenn du das möchtest."

Max kreuzt seine Antwort an, dreht dann den Zettel zu mir, damit ich die beiden ‚ja-Kästchen' begutachten kann. Seine Kreuze sehen aus wie kleine Herzen.

„Du darfst die Zeichnung übrigens behalten", biete ich ihm schüchtern an. Max beugt sich lächelnd zu mir und verwickelt mich in einen sanften Kuss.

Ich habe mir das alles lange und gründlich überlegt. Ich will wieder mit Max zusammen sein. Auch wenn ich Gefahr laufe, dass er mich wieder verletzt, dass mein Herz gebrochen wird und dass ich letzten Endes weinend in meinem Zimmer lande, muss ich dieses Risiko ein letztes Mal eingehen. Nur wenn ich alles riskiere, kann ich auch viel gewinnen.

Ich schaffe es ohnehin nicht, dass Max aus meinem Kopf verschwindet, wahrscheinlich weil mein Herz das von Anfang an nicht zugelassen hat.

Apropos gewinnen. Max gewinnt mit seinen erlesenen Waren den ersten Platz des Festivals.

[Stardew Valley] Mein großes Geheimnis. [Abgeschlossen!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt