• 𝒆𝒊𝒈𝒉𝒕 •

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Jungkook

Jungkook hatte ein seltsames Gefühl, als V so urplötzlich aus dem Stuhl hochgefahren war und kurzerhand das Studio verließ.

Hatten die anderen den kühlen Klang seiner Stimme auch mitbekommen?

Von da an war es unmöglich, sich weiter auf den Film über Kinderheime in Korea zu konzentrieren, er lugte immer wieder zur Tür und fragte sich, ob V wohl noch zurückkehrte.

Nahm er vielleicht irgendwelche Medikamente?

Immer wieder, wenn Jungkook seine Augen schloss, sah er V im dunklen Regen vor sich, wie er ungestört auf seiner Violine spielte während ein Unwetter über ihn herein brach. Irgendetwas war definitiv sonderbar an diesem Menschen. Und sollte dem so sein, vielleicht waren ihm die Medikamente ausgegangen und er erlitt gerade einen ernsten Anfall. Und dann saß Jungkook noch hier herum anstelle einen Krankenwagen zu rufen?!

Panisch blickte er wieder in Richtung der Tür. Vielleicht musste er aber auch nur dringend auf Klo, zu viel Kaffee oder so.

Sein Blick wanderte nun zu der quadratischen Uhr an der Wand. Er fehlte schon seit fünfzehn Minuten.

Jungkook erhob sich nun ebenfalls aus dem Stuhl. "Bin gleich wieder da.", murmelte er und hörte noch Rose' gelangweilte Stimme hinter seinem Rücken: "Da waren es nur noch drei."

Seine erste Vermutung war die Toilette, die sich am Ende des Flur's befand, also steuerte er geradewegs darauf zu und öffnete langsam die Tür.

V saß auf dem Boden, die Beine angewinkelt un den Rücken gegen die Wand gepresst, während die Augen fest geschlossen waren. Das dunkle Haar klebte ihm feucht in der Stirn und kleine Wassertropfen fielen über Kinn und Wangen auf sein weißes Hemd.

Seine Brust hob und senkte sich heftig, als würde er um jeden Atemzug ringen, den er kriegen konnte.

Jungkook schluckte schwer. "V?", langsam ging er vor ihm in die Hocke und musterte ihn eindringlich.

Nun öffnete er die Augen, und Jungkook wäre fast zusammengezuckt, als er dem tiefen, kalten Braun seiner Iris begegnete.

Er hatte V erst vor einer halben Stunde in die Augen geblickt und ihn darin gesehen, seine Essenz, seine Stimmung. Doch nun schien er wie verschwunden, als hätte er sich irgendwo tief in seinem Inneren zurückgezogen.

"Was ist passiert?", fragte Jungkook als er V's dunklen Augen suchend betrachtete.

Wo bist du hin, V?

"Schätze, ich habe was falsches gegessen.", erwiderte er nur und rieb sich mit einer Hand über das Gesicht.

Jungkook blinzelte nachdenklich. Diese geröteten Augen in seinem blassen Gesicht- war das tatsächlich nur Wasser oder klebten Tränen an seinen Wangen?

"Vielleicht hast du dich auch stark erkältet, nach dem heftigen Regen gestern...", instinktiv streckte er die Hand nach V aus, um seine Stirn auf Fieber zu überprüfen.

Als dieser jedoch sah, wie sich seine Hand auf ihn zubewegte, sprang er unmittelbar auf die Beine. "Nicht-...!", keuchte er und hielt schützend einen Arm vor sein Gesicht.

Jungkook zog seine Hand sofort wieder zurück und ging ein paar Meter auf Abstand. "Tut mir Leid!", er hielt beide Hände hoch, damit V sich wieder beruhigen konnte: "Ich wolle nur...- ich wollte nur sehen, ob du vielleicht Fieber hast.", erklärte er eilig.

V rieb sich beide Arme, als wäre der Raum plötzlich eisig kalt geworden. "Oh.", er senkte seinen Blick zu Boden und es wurde wieder still im Badezimmer.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen fixierte er V eingehend. "Nicht- was?"

Verständnislos blickte V zu ihm auf. "Was?"

"Du hast gerufen 'Nicht-', ganz so als...", er stockte. Dennoch, er musste sichergehen und fragte: "Was dachtest du würde ich tun?", fragte Jungkook nun etwas strenger als er beabsichtigte.

Er sah V schlucken, bevor dieser seinen Kopf beschämt zur Seite legte. "Ich wollte nicht- Ich dachte, du würdest mich vielleicht...", setzte er an, doch seine Stimme erstarb und er räusperte sich kaum merklich, die vollen Lippen fest zusammengepresst.

"...verletzen?", beendete Jungkook seinen Satz und begann unruhig, sein Gewicht von einem auf das andere Bein zu verlagern.

Anstatt ihm zu antworten, sah V ihm nur in die Augen. Doch der zerbrechliche Ausdruck in seinem Gesicht war Jungkook Antwort genug.

"V...", setzte er an und öffnete fassungslos den Mund, um nach den richtigen Worten zu suchen, "Wer um alles in der Welt würde dich verletzen wollen?", fragte er ihn aufrichtig.

Ganz Südkorea liebte und bewunderte V; sein grenzenloses Talent für die Violine, seine atemberaubende Schönheit, sein mysteriöser Charakter. Welcher Mensch auf dieser Welt würde V ansehen und auf die Idee kommen, ihm zu schaden? Er war wie eine seltene, schwarze Rose in einem gewöhnlichen Garten voll weißer und roter Rosen- so einzigartig, so zerbrechlich. Man müsste sie beschützen, vor Witterung, wilden Tieren und Menschen, die achtlos durch den Garten trampelten, damit sie in ihrer vollen Schönheit blühen konnte.

V fuhr sich durch sein schwarzes Haar, dass allmählich trocknete und sich in seinem Gesicht wieder leicht zu locken begann. "Würde es dir etwas ausmachen, wieder zu gehen? Ich komme schon zurecht.", er wandte seinen Blick von Jungkook ab und stützte sich über das Waschbecken, wo er sich konzentriert im Spiegel betrachtete.

Jungkook zögerte noch einen Moment. "Ich-"

"Bitte.", seine Augen zuckten seitlich zu Jungkook's Spiegelbild. Er stand hinter ihm, die beiden Hände in den Taschen seines grauen Hoodies vergraben und der Mund zum Protest geöffnet.

Das Neonlicht über den Spiegeln fiel nun direkt in V's Gesicht und warf tiefe Schatten unter seine geröteten Augen, was ihm das Aussehen eines verfüherischen Dämons verlieh. Er wirkte furchteinflößend aber auf eine hypnotisierende Art wunderschön zugleich. Doch Jungkook nickte schweigend, riss seinen Blick von ihm los und ließ V im Badezimmer allein.

Er sah sich mit dem Rest seines Teams die Dokumentation zuende, ohne wirklich irgendetwas davon mitzubekommen. Wieso ging ihm V einfach nicht aus dem Kopf?

V's dunkle Aura ergab sich offensichtlich aus einem Geheimnis, das er hatte. Etwas in seinem Inneren, eine dunkle Seite, zwang ihn dazu sich zurückzuziehen, um sich selbst vor dem Rest der Welt zu schützen.

Weshalb war V so vor seiner Berührung zurückgeschreckt? Für ihn kam keine andere Erklärung in Betracht, als dass es tatsächlich jemanden gab, der ihm schadete. Allein bei diesem Gedanken fühlte Jungkook eine geballte Wut in sich aufsteigen. Wen dem so war, würde er nämlich ganz sicher nicht tatenlos herumsitzen.

Er musste wissen, sein Geheimnis war.

___note__________

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen! Jungkook will endlich einen tieferen Einblick in V's Gefühlswelt- ob das nicht auch bei ihm Narben hinterlassen könnte?

xoxo

Liza













The Violinist | taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt