Kapitel 13 "Tod III"

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Natalie stocherte lustlos in ihren Rühreiern umher. Ihre Eltern hatten ein irisches Frühstück bestellt. „Alles in Ordnung? Willst du mehr Bacon?" fragte ihre Mutter und reichte ihr den Teller mit Bacon, den sie ihrem Mann aus der Hand nahm. Natalies Vater protestierte. Sie beachtete ihn jedoch nicht.
„Nein, danke." sagte Natalie. Ihre Mutter stellte den Teller mit Bacon auf den Tisch. „Alles in Ordnung?" fragte sie besorgt.
„Ich denke schon. Es ist alles nur sehr stressig im Moment."
Ihre Mutter nickte verständnisvoll. „Du vermisst deine Freunde."
Natalie nickte. „Joshua hat zu tun, Jonas ist bei seinen Eltern und Anna, Justine und Stefanie machen ihren Abschluss. Und was mache ich? Langweiligen politischen Kram. Und es spukt im Schloss." Sie warf theatralisch die Arme in die Luft.
„Es spukt im Schloss?!" fragte ihr Bruder mit vollem Mund.
„Andrei, nicht mit vollem Mund reden." tadelte ihre Mutter ihren kleinen Bruder. Dieser kaute schnell aus und wiederholte sein Frage. Natalie nickte. „Ja, eine weiße Frau. Ich glaube sie ist Königin Lilliane."
„Cool." flüsterte ihr Bruder.
„Aber komm nicht auf dumme Gedanken." sagte ihre Mutter. „Wehe du gehst Geister jagen."
Ein paar Stunden später saß Natalie in ihrem Zimmer und starrte aus dem Fenster. Es war ihre Pause, doch es fühlte sich so ungewollt an. Saraphin betrat das Zimmer und brachte ihr Tee und Kekse. Sie war Jonas' Vertretung, solange er bei seiner Familie zu Besuch war. Sie stellte das Tablet neben Natalie auf dem Tisch. Dann ging sie wieder und positionierte sich vor ihrer Tür. Die ganze Zeit hatte Natalie aus dem Turmfenster gestarrt. Jetzt wanderte ihr Blick auf das Tablet. Ihr Blick fiel auf die Tagebücher, die daneben lagen. Natalie nahm das Tagebuch von Königin Lilliane. Die Frau von König Aicalla. Sie blätterte ein wenig in dem alten Buch. Die Seiten waren vergilbt und die blaue Tinte war über die Jahre verblast. Sie liebte alte Bücher über alles und allein das Gefühl ein so wunderschönes buch in den Händen zu halten, versetzte sie in Aufregung. An der Tür klopfte es plötzlich. Schnell lies Natalie das Buch verschwinden. Es war Saraphin. Sie brachte Natalie wortlos einen Brief und verschwand wieder. Der Brief war von Charles. Sie öffnete ihn vorsichtig. Es war seine Antwort auf ihren Brief. Das ging schnell.
Liebe Natalie,
ich kann dir leider nichts über die Ruine sagen, die ihr gefunden habt. Aber ich kann euch versichern, dass etwas Merkwürdiges vor geht. Das Portrait von König Jokhain, dem blutigen König, sollte eigentlich nicht dort unten sein, es sei denn, jemand wollte etwas vertuschen. Alle Herrscher, sogar die grausamen, haben ihren Platz in der Herrschergalerie. Falls es also einen Komplott gegen ihn gab, hat man sein Portrait dort unten versteckt. Ich kann dir leider nicht sagen, was noch dort unten ist, da das vor meiner Zeit in Elysion war. Ich weiß nur, dass dort unten noch ein alter Kerker ist, der nicht mehr benutzt wird. Die weiße Frau könnte jemand sein, der im Schloss gestorben ist und somit die Seele dort gefangen ist. Sie könnte dort rum spucken, da sie noch etwas zu erledigen hat. Manche Geister kommen zurück, um Lügen aufzudecken. Ich werde weitersuchen und hoffentlich konnte ich dir mit diesem Brief weiterhelfen.
Bis wir uns wiedersehen
Hochachtungsvoll
Charles Bloodworth

Natalie stockte. König Jokhain, der blutige König. Sie sah auf das zweite Tagebuch. Jokhain der Erste. „Wie ist das möglich?" flüsterte Natalie fassungslos. Sie nahm das Tagebuch in die Hand. „Was zum...?" Sie schüttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Sie schlug Lillianes Tagebuch auf einer zufälligen Seite auf und begann zu lesen.

Liebes Tagebuch,
heute war ein aufregender Tag. Der König war bei mir! Höchstpersönlich! Er will, dass ich seine Frau werde! Meine Mutter war so entzückt, sie hat sofort angefangen ein neues Kleid für mich zu machen. Aber warum will er ausgerechnet mich? Ich sollte dir, liebes Tagebuch, vielleicht sagen, dass der König ziemlich gut aussieht. Seine schwarzen Haare und rotbraunen Augen. Er sah so königlich mit seiner Robe und Krone aus. Ohne Unterbrechung hat er mir Komplimente gemacht. Zu meinem Kleid, das meine Mutter gemacht hatte. Zu meinen Augen. Er sagte, sie wären so wunderschön türkisblau wie die See, wenn sich der Himmel in ihr spiegelt. Er sagte, meine Haare, wären wie gesponnenes Gold. Er war wunderbar und ich glaube, ich werde ihn heiraten. Dann wäre ich Königin. Königin Lilliane. Frau von König Jokhain dem Ersten. Gründer dieses wunderschönen Königreichs, Elysion. Wäre das nicht magisch?
Ich schreibe dir morgen wieder.
Lilliane

Das verlorene Königreich - Das gebrochene HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt