Kapitel 18 "Der Teufel II"

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Joshua war der Erste, der verbündeten Königreiche, der ankam. Natalie schloss ihn in ihre Arme. Erleichtert erwiderte er die Umarmung. Es war als wäre Joshua ein verloren geglaubter Soldat, der endlich wieder nach Hause zurückgekehrt war. Und Natalie war seine Frau, die mit seinen Kindern, sehnsüchtig auf seine Rückkehr gewartet hatte. Als er die Mädchen sah, runzelte er die Stirn. Natalie erklärte ihm, wie sie hergekommen waren, da schrie Joshua plötzlich. „Das Ritual!" er schüttelte Natalie wie eine Saftflasche. „Die sind mit dem Ritual hergekommen!"

Mit 'Die' meinte er die Menschen. Charles schlug sich die Hand vor den Kopf und Jonas verdrehte die Augen. „Schnell-Checker."
„Aber wie haben sie von dem Ritual erfahren?" Joshua ließ Natalie los, um laut nachzudenken. Vor Natalies Augen drehte sich alles. Sie war nun gut durchgeschüttelt.
„Joshua..." versuchte sie seine Aufmerksamkeit zu bekommen, doch er hatte schon eine Antwort auf seine Frage gefunden. „Ihr!" er sah die Mädchen mit funkelten Augen an. Die Mädchen zuckten zusammen.
„Ihr habt es ihnen verraten. Sie sind wegen euch hierhergekommen."
„Joshua!" rief Natalie, doch es war zu spät. Er stampfte auf sie zu und schrie ihre Freundinnen an. „Ihr seid an dem Krieg schuld!"
Mit jedem Schritt schien er größer zu werden. Jonas reagierte zu spät und als Joshua bei den Mädchen angekommen war, war er dreimal so groß, wie sonst und wollte die Mädchen angreifen. Doch Jonas glitt zwischen ihn und die Mädchen, zog sein Schwert und war kampfbereit. „Rühr sie an und du verlierst deine Hand!" drohte er.
„Sie haben den Krieg begonnen. Wie könnt ihr sie beschützen?" fragte er fassungslos.
„Sie haben es nicht mit Absicht gemacht." schaltete Natalie sich ein.
„Wie...? Sie haben ihnen das Ritual sicher nicht unter Folter verraten."
„Woher willst du das wissen?" Jonas war immer noch bereit gegen ihn zu kämpfen.
„W... die haben sie sicherlich nicht körperlich gefoltert."
„Und psychische Folter? Die ist schlimmer als körperliche." sagte Natalie mit verschränkten Armen. Joshua wollte etwas entgegneten, doch er hatte kein gutes Gegenargument. Deswegen schwieg er lieber.
„Es war nicht ihre Schuld. Sie werden uns helfen den Krieg zu beenden und die Magie zurückzubringen." erklärte Natalie.
„Das hoffe ich doch." murmelte Joshua, der wieder auf eine menschliche Größe geschrumpft war.
„Wieder gut?" fragte Natalie. Joshua nickte. „Entschuldigung, ich bin ein wenig... übervorsichtig seit dem Krieg." entschuldigte er sich bei den Mädchen. Jonas steckte sein Schwert weg. „Meinst du nicht eher gereizt? Und paranoid?"
Joshua warf ihm einen bösen Blick zu.
„Schon gut. Wir verstehen, dass alle in Alarmbereitschaft sind." sagte Justine verständnisvoll.
Im Laufe des Tages trafen auch die anderen Verbündeten ein. Die Mädchen wunderten sich, dass sie so viele erwarteten, da sie angenommen hatten nur das Drachenkönigreich und das Riesenkönigreich waren Elysions Verbündete. So hatte Natalie es ihnen erklärt. Doch dann gab Natalie zu, dass sie ausgelassen hatte, den Mädchen von den Inselkönigreichen zu erzählen, die von Kaledon und Anohara, vor ein paar Tagen, angegriffen wurden und sich mit den drei Königreichen verbunden hatten.
„Ich wusste gar nicht, dass es Inselkönigreiche gibt." sagte Anna.
„Die mystischen Inseln bestehen aus zwei größeren Inseln und vier kleineren Inseln, die die Riff-Inseln genannt werden. Das ist kein Königreich, nur ein Zusammenschluss aus Clans, die dort leben. Sie schicken eine Vertreterin, die sie gewählt haben. Aisha, glaube ich. Sie ist eine Clananführerin. Dann gibt es noch Lavell, das ist ein gemischtes Königreich, wie Elysion. Also magische Wesen und Menschen wohnen dort. Ihre Königin, Lativa wird kommen. Und dann gibt es noch die Schatteninsel Umbra, wo die Chaya, die Schattenleute leben. Ihr König, Scath wird kommen."
Stefanie schauderte. „Die Schattenleute. Das hört sich gruselig an."
„Sie sind eigentlich gar nicht so gruselig.", sagte Natalie, „Sie sind ein uraltes Volk. Und ich glaube man könnte sie als Gestaltwandler bezeichnen."
„Warum nennt ihr sie dann Schattenleute?" fragte Anna verwirrt.
„Weil sie sich mit den Schatten bewegen können. Sie können in den Schatten verschwinden und mit ihnen Reisen. Und Gestaltwandeln. Sie werden deswegen häufig als Attentäter angeheuert." ergänzte Joshua.
„Wurden." verbesserte Natalie ihn. „Sie wurden häufig als Attentäter angeheuert."
„Genau. Habe ich doch gesagt."
Als alle Verbündeten angekommen waren, setzten sie sich an den Tisch im Speisesaal. König Scath war furchteinflößend, fanden die Mädchen. Er sah aus wie ein Schatten und bewegte sich auch so. Als er ankam tauchte er wie aus dem Nichts auf. Er war groß, schlank, trug schwarze Kleidung und eine schwarze Krone, die aussah, als wäre sie aus Schatten gemacht. Sie ging nahtlos in seine schwarzen Haare über. Er begrüßte die Mädchen mit einem grimmigen Blick. Königin Lativa war wesentlich freundlicher wirkend. Sie trug allerlei Gold- und Rottöne. Ihr Kleid war aufwendig bestickt und ihre Krone steckte in einer aufwendigen Hochsteckfrisur, die ihre braunen Locken auf ihrem Haupt zusammenhielt. Sie begrüßte die Mädchen mit offenen Armen. Die Vertreterin der Riff-Inseln, Aisha, war groß und muskulös. Ihre schwarzen Haare rahmten ihr schönes Gesicht, mit ungebändigten, wilden Locken ein. Sie trug eine helle Rüstung, die ihre dunkle Haut zur Geltung brachte. Sie wirkte wie eine Kriegerin, die schon in mehreren Kriegen gekämpft und gesiegt hatte. Und so begrüßte sie auch die Mädchen. Mit einem einfachen grimmigen, aber trotzdem freundlichen Nicken. König Janris-Caleb, oder Jason, war froh die Mädchen wiederzusehen. Auch wenn er erst skeptisch war, dass sie hier waren. Justine bewunderte seine goldenen Haare. Natalie hatte ihnen erklärt, dass die Haarfarbe von Drachen, in ihrer menschlichen Form, ausschlaggebend für ihre Farbe ihrer Schuppen, in ihrer Drachengestalt war. Das musste bedeuten, dass Jason ein goldener Drache war. Beeindruckt stellte sich Justine einen goldenen Drachen vor.
„Danke, dass ihr Alle so schnell kommen konntet." eröffnete Natalie die Sitzung. Die Mädchen standen zusammen mit Charles und Jonas an der Seite.
„Ist doch selbstverständlich. Wir sind immerhin im Krieg." sagte Jason.
„Richtig. Und deswegen sollten wir so schnell wie möglich zum Grund für unsere Zusammenkunft kommen. Ihr habt einen Vorschlag?" fragte König Scath.
„Genau, wir wollten Essensvorräte aus Mondos holen. Wir würden dazu Portale benutzen."
„Und wo bekommen wir mehr Waffen her? Unsere Krieger haben nicht mehr genug." fragte Aisha. Natalie wollte ihren Vorschlag gerade weiter ausführen, doch Königin Lativa kam ihr zuvor. „Wir haben genügend Waffenvorräte, um eure Königreiche und Clans zu versorgen. Darüber brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen."
„Oh, das ist super." entgegnete Natalie.
„Ich finde die Idee mit den Vorräten aus Mondos auch gut." sagte König Scath. Die anderen Herrscher stimmten ihm zu.
„Gut. Da wir das schon geklärt haben, komme ich zum letzten Vorschlag. Ich möchte den Hohen Rat zusammenrufen und erwirken, dass wir wieder Frieden mit Kaledon und Anohara schließen, sodass wir gemeinsam die Magie zurückholen können."
Eine Weile lang war es totenstill im Speisesaal. Das einzige Geräusch, das kurz ertönte, war das eines herunterfallenden Tellers. Natalies Bruder machte sich so schnell wie möglich wieder aus dem Speisesaal hinaus.
„Was ist der hohe Rat?" fragte Justine Charles leise, der neben ihr stand.
„Der hohe Rat ist der Ältestenrat von Heris. Ehemalige Könige und Königinnen sind Teil des Rates. Herrscher gehen dorthin, wenn sie Rat brauchen. Der Rat steht somit noch über den Herrschern der Königreiche. Bleibende Mitglieder sind Königin Ferisa und Königin Arcadia, die Herrscherinnen der Waldkönigreiche. Sie sind unsterbliche Feen. Momentan sind im Rat auch noch: Königin Najade, ehemalige Königin von Elysion, König Jack, ehemaliger König vom Riesenkönigreich, König Carlenaos, ehemaliger König vom Drachenkönigreich und König Tyreas, ehemaliger König von Kaledon." erklärte Charles.
„Glaubst du wirklich das wird funktionieren?" fragte Jason skeptisch.
„Das letzte Mal als sie wegen dem Krieg zusammengetreten sind, hätten sie sich fast zerfetzt." gab Joshua zu bedenken.
„Ja, ich glaube nicht, dass das was wird." stimmte Jason ihm zu. „Mein Onkel und Tyres Vater sind besonders freundlich miteinander."
„Aber wenn wir ihnen klar machen, dass wir uns nicht bekriegen müssen, sondern gemeinsam gegen einen Feind kämpfen müssen, wird es gehen. Ich bin mir sicher gemeinsam schaffen wir das."
Die anderen Herrscher schwiegen. Dann sagte König Scath entschlossen: „Wenn Königin Natalie denkt, es kann funktionieren, bin ich dabei. Dieser Krieg muss aufhören und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden."
Wieder schwiegen die anderen Herrscher.
„Was ist, wenn der Vorschlag scheitert?" flüsterte Anna. „Heißt das dann, der Krieg wird fortgesetzt?"
Charles zuckte mit den Schultern. „Wenn der letzte Vorschlag scheitert, kann entweder eine neue Sitzung angesetzte werden oder wir müssen den Krieg fortsetzen."

Besorgt sah Anna die schweigenden Königinnen und Könige an.
„Das kann doch nicht ihr Ernst sein." flüsterte Stefanie. „Sie werden sich nur noch mehr in die Scheiße reiten, wenn sie den Vorschlag nicht annehmen."
„Das wissen sie, aber sie haben trotzdem bedenken. Wenn der hohe Rat eine Entscheidung trifft, dann müssen sie diese Entscheidung annehmen, egal, ob sie sie für richtig halten oder nicht."
„Das ist doch Blödsinn." beschwerte sich Anna.
„So ist das nun mal in Heris." entgegnete Jonas. Da sagte Joshua schließlich wieder etwas. „Also, ich bin dabei. Zusammen können wir sie überzeugen."
Jason sah ihn unsicher an, stimmte dann aber ebenfalls zu. Damit war eine Mehrheit für den Vorschlag und er kam durch. Triumphierend sah Natalie in die Runde. „Ich würde vorschlagen, dass wir noch heute beginnen."
„Ich werde die Waffen umgehend vorbereiten." sagte Königin Lativa.
„Und wir werden helfen, die Waffen auszuliefern." ergänzte König Scath. Er nickte Aisha zu. „Können wir auf die Hilfe der Clans zählen?"
„Ja." Aisha nickte ihm zustimmend zu. Jason sagte, dass er ebenfalls beim Ausliefern der Waffen helfen würde.

„Dann werden wir die Essensvorräte beschaffen." Joshua sah Natalie an. „Wir kennen uns immerhin in Mondos aus."

„Wie genau wollt ihr das Anstellen?" fragte Jonas.
„Das las mal unsere Sorge sein." Joshua zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Jonas warf ihm einen verwirrten Blick zurück.

Die nächsten Tage waren turbulent. Die erste Lieferung von Waffen kam schon am nächsten Tag per Schattenreise. Der Bote war ein Chaya namens Tí. Anna nahm die Lieferung an. Danach schwärmte sie von ihm. Justine holte sie von Wolke sieben herunter, als sie sich auf den Weg zum Portal machten. Sie waren bepackt mit Kisten, die alle mit Vorräten gefüllt werden sollten. Joshua hatte immer noch nicht mit seinem Plan herausgerückt. Natalie nahm an, dass er gar keinen hatte und das machte ihr Angst. Er hatte sein My Chemical Romance T-Shirt an. Dasselbe Shirt hatte er bei ihrem zweiten Treffen getragen. Es saß etwas knapp, aber das störte Natalie nicht besonders. Jonas hatte eines ihrer T-Shirts an. Ein Star Wars Shirt. Es stand ihm irgendwie. Sie selbst trug ein schwarzes Shirt mit roten Blumen und eine schwarze Jeans. Alles schwarz. So wie sie es mochte. Anna, Justine und Stefanie trugen ihre normale Kleidung vom Vortag, die eigentlich Natalie gehörte. Anna trug ein geblümtes Kleid, von dem Eve besonders begeistert war. Justine trug ein weißes, einfaches Shirt mit einer einfachen Jeans. Stefanie trug ein Kleid mit Sternchen, das mit einem Gürtel an ihr festgekettet werden musste, da es ihr zu groß war, aber in der Länge zu kurz.
Sie kamen am Portal an. Es war das Portal, durch das die Mädchen, nach ihrem allerersten Besuch in Heris, wieder nach Mondos gekommen waren.
„Da kommen wir in Berlin raus." sagte Justine.
„Cool." entgegnete Joshua.
„Portale sind unberechenbar." bemerkte Natalie. „Mal sehen, wo wir dieses Mal rauskommen."

Das verlorene Königreich - Das gebrochene HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt