Colonel Prieto

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Nachdem ich von Sergio aus dem Wagen gelassen wurde und die beiden verabschiedet hatte, ging ich am Hafen entlang und starrte geradeaus. Die Tränen stiegen mir immer wieder aufs Neue in die Augen wenn ich daran dachte, was vor weniger als einer Stunde passiert ist.
Im Hintergrund hörte man immer wieder die lauten Sirenen der Tausend Polizeiautos, die durch ganz Madrid rasten um die Geiselnehmer zu finden. Aber an den Hafen dachte natürlich niemand... denn innerhalb von zwei Stunden tauchte dort kein einziger Wagen auf. Bis ich nach der Zeit von zwei Polizisten am Rand des Hafens aufgefunden wurde. „wir haben die vermisste Schülerin!" hörte man einen der Polizisten in ein Mikro sagen, während der andere auf mich zu rannte. „... sie wollten mich mitnehmen!" schrie ich verzweifelt und fing an zu weinen. Hätten die beiden gewusst, was der wahre Grund meines Zusammenbruchs gewesen war, hätten sie mir womöglich Handschellen angelegt. „Ganz ruhig..." flüsterte der Polizist und legt einen Arm um mich, während er mich zum Auto führte. „Wir bringen dich erstmal ins Zelt... dann kannst du uns alles erzählen wenn du dich beruhigt hast okay?" sagte er ruhig und öffnete mir die Tür des Wagens. Ich setzte mich rein und fing an zu zittern. In wenigen Minuten hatte ich endlich die Chance Rio eins auszuwischen... ihm alles zurückzugeben was er mir angetan hat. Egal wie viel Trauer in mir herrschte... eins ging mir nicht aus dem Kopf. Rache. Rache an der Person, die verantwortlich für Berlin's Tod war.
Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich nichtmal bemerkte, wie mich der eine Officer ansprach. Erst nach ein paar Sekunden bemerkte ich seine auf mir liegenden Blicke. „Wir sind da... bist du schon in der Lage mit uns rauszukommen?"
Ich nickte leicht und öffnete langsam die Tür des Wagens. Ein Großteil der Geiseln standen immer noch vor der Banknotendruckerei und wurden mit Getränken und decken versorgt. Jeder einzelne wurde zu den Geiselnehmern befragt und von weitem sah ich sogar meine Klasse. Als Frau Backes einen Blick zu mir warf, schrie sie meinen Namen und rannte auf mich zu. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht! Was haben sie mit dir gemacht?!" sagte sie erleichtert und nahm mich in die Arme. „Ich wusste doch, dass dich dieser Mann missbraucht hat".
Und schon flossen mir die Tränen wieder an der Wange herunter. Nur bei dem kleinsten Gedanken an Berlin brach alles erneut in sich zusammen und ich konnte mich nicht zurückhalten. „Es war nicht er..." flüsterte ich zerbrechlich „... ich wurde von einem anderen gezwungen" „von wem?!" fragte sie entsetzt, doch bekam keine Antwort, da ich nach ihrer Frage von einem der Polizisten mit in das Zelt genommen wurde.
„Was ist passiert?" fragte mich sofort ein Mann mit Halbglatze, als ich noch nichtmal auf einem Stuhl saß. Er trat immer mehr an mich heran und blickte mir in die Augen. Ich sah ihn völlig verheult und verkrampft an, nicht in der Lage irgendwas zu beantworten. „tut mir leid, dass ich so aufdringlich wirke... aber wir müssen schnellstmöglich wissen was ihnen widerfahren ist" meinte er und setzte sich auf dem neben mir stehendem Stuhl. „Ich... wurde gezwungen mit ihnen zu kommen...". „Wusste ich es doch..." flüsterte er vor sich hin und drehte sich zu einem der Polizisten. Er gab ihm ein zeichnen, woraufhin der Mann aus dem Zelt verschwand. „Den Beschreibungen der anderen Geiseln zufolge war es Andrés de Fonollosa, der sie dazu gezwungen hat oder liege ich da falsch? Ihre Lehrer meinten er hätte sie missbraucht". Als ich seinen Namen hörte stiegen mir die Tränen erneut in die Augen, jedoch versuchte ich unwissend zu wirken und runzelte die Stirn. „Andrés de Fono-.. wie bitte? Tut mir leid... ich kannte keine Namen von den Geiselnehmern". „Okay... dann müssen wir es anders versuchen... aber zuerst habe ich eine Frage. Wurden sie während des Überfalls missbraucht?" „nein..." „und wie fühlen sie sich psychisch?" Ich blickte auf den Boden und schloss die Augen während mir Berlin nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Dieser Gedanke an seine letzten Worte stiegen mir immer wieder im Kopf rum und ich musste damit kämpfen sie loszuwerden. Es dauerte nicht lang, als alles erneut in mir zusammenbrach und ich Anfang zu weinen. Die Tränen flossen wir mir wie ein Wasserfall an der Wange entlang und ich spürte ein starkes Ziehen in meiner Brust. Ich ging mir mit meinen zitternden Händen in die Haare und biss mir auf die Zähne, nicht im Stande irgendeine Antwort von mir zu geben.
„Prieto! Sie leidet an einem Trauma, wir sollten sie vorerst runterkommen lassen" meinte ein nebenstehender Polizist zu dem Mann, welcher mir alle Fragen stellte. „Aber wir brauchen antworten! Wo bleibt Suarez?!" Keifte er zurück und blickte zu dem Eingang des Zeltes, durch welchen der Polizist von vorhin eintrat. Den Schritten zufolge kam jedoch noch eine zweite Person in das Zelt. Der Mann neben mir legte eine Hand auf meine Schulter und beugte sich zu mir. „Können sie mir sagen, ob es dieser Mann war, der sie zu allem gezwungen hat?" Gab er leise von sich und wartete auf eine Reaktion meinerseits. Leicht verwirrt wischte ich mir die Tränen weg und richtete mich, mit immer noch geschlossenen Augen, wieder auf. Als ich diese langsam öffnete und nach vorne blickte, blieb mein Herz vor Schock für einige Sekunden stehen.

In love with a criminal Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt