Die nächsten drei Tage verliefen relativ unproblematisch. Es gab keine Streitereien oder Komplikationen zwischen den Geiseln und den Geiselnehmern, der Professor schien sich bei den Verhandlungen mit der neuen Inspectora sehr gut zu halten und die Polizei stand zwar ständig schussbereit vor der Bank, aber machte nicht eine Bewegung ohne irgendeinen Befehl. Auch bei dem Gold schien alles glatt zu laufen. Ich blieb den ganzen Tag bei den Geiseln und versuchte den neusten Tratsch mitzubekommen. Aber vor allem behielt ich Arturo im Auge, der sich hin und wieder mal an einer anderen Frau versuchte. Da er es jedoch immer und immer wieder mit der gleichen Masche versuchte, sprach sich das ganze irgendwas rum und auf einmal wusste jeder im Raum, was er vor hatte. Dieser Typ war einfach nur armselig. Jedes Mal wenn er anfing zu reden, verspürte ich bereits einen Ekel gegenüber ihm. Ich fühlte mich in seiner Gegenwart total unwohl und wollte einfach nur, dass er von uns weggesperrt wird.
Aber das war leider gegen die Regeln des Professors...
„Du da! Herkommen!" riss mich Denver aus den Gedanken und wank mich zu sich rüber. Die anderen Geiseln guckten mich schräg an, aber ich ignorierte die auf mir liegenden Blicke und folgte Denver aus dem Raum. „Musstest du das so auffällig machen?" flüsterte ich während wir aus dem Raum gingen, doch bekam keine Antwort von Denver zurück.
Als wir den Raum verlassen hatten und Denver die große Tür hinter uns schloss, zückte er ein Handy und zeigte mir ein Video, auf welchem der Professor zu sehen war.
In dem Video erklärte er den Grund des zweiten Überfalls und erzählte alles über unseren „Kammeraden", welcher wohl zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich gefoltert wird. Weiterhin kündigte er an, dass die Regierung ihm und seinen Leuten den Krieg erklärt hätten, indem sie Berlin keinen fairen Prozess ermöglichten. Daher wurde als Rache ein weiterer Raubzug geplant. Der Professor forderte die Freiheit für Berlin und bot im Gegenzug die Freilassung von 10 Geiseln an.
„Dieses Video wurde gestern überall veröffentlicht. Es geht momentan durch alle Nachrichten und Soziale Medien. Dieser Überfall ist auf der ganzen Welt Gesprächsthema Nummer eins und der Geheimdienst ist gerade ziemlich am Arsch wenn ich das so sagen darf" „also meinst du... die lassen ihn frei?" „ich denke es bleibt ihnen keine andere Wahl... aber wir sollten abwarten und uns keine zu großen Hoffnungen machen. Ich nickte und konnte mir mein Lächeln dabei nicht verkneifen. Wenn das alles wirklich klappen sollte... wird Berlin schon bald wieder hier sein. Das Klang alles so unrealistisch. Ich ging seit Monaten davon aus, dass ich ihn nie wieder sehen werde... doch jetzt? Ich konnte es kaum noch erwarten, ihm endlich um den Hals zu fallen. Bei dem Gedanken bekam ich Gänsehaut und fing schlagartig an zu grinsen. Vergaß dabei jedoch, dass ich immer noch gegenüber von Denver stand, welcher mich einfach nur anlachte und seine Hand auf meine Schulter legte. „Ich kann dir nichts versprechen... das ist wenn dann der Job des Professors, aber ich sage dir... du hast diesen arroganten Schnösel bald wieder. Ich hoffe es für dich" „arroganter schnösel musste jetzt sein oder?" lachte ich und bekam ein Zwinkern von Denver zurück. „Er ist ja auch einer oder nicht? Ich frage mich immer noch was du an ihm findest" „das gleiche könnte ich dich fragen... ich meine du hast dich doch auch während des letzten Überfalls verliebt" „da hast du wohl recht... naja jeder hat seinen Geschmack... und du stehst halt auf hochnäsige Männer mit Stock im Arsch" lachte Denver erneut und kassierte eine Faust von mir gegen seine Schulter. „ich mach doch nur Spaß" „jaja ich weiß schon wie du über ihn denkst" „ich hab mit ihm auch fünf Monate lang in einem Haus gelebt. Irgendwann lernt man die anderen immer besser kennen und glaub mir... mit diesem Typen hätte ich es keinen Tag länger ausgehalten". Ich lachte und schüttelte mit dem Kopf. „ihr beiden seid einfach komplett verschieden."
Denver wollte gerade den Mund aufmachen um etwas zu sagen, als Helsinki von hinten angerannt kam. „Kommt mit!! Sofort!" rief er und lief an uns vorbei. Ohne zu zögern rannten wir ihm hinterher und hielten vor einem Raum, in welchem Tokyo, Nairobi und Stockholm vor einem Fernseher saßen. „Kommt her! Das müsst ihr euch ansehen" sagte Nairobi völlig erstaunt und starrte weiterhin auf den Bildschirm. Als ich mich zum Fernseher drehte, sah ich in den gerade laufenden Nachrichten Berlin, wie er von irgendeiner Frau aus einem Flugzeug geschubst wurde. An Händen und Füßen war er jeweils gefesselt und seine Haare standen in alle Richtungen ab. Man konnte nicht viel in seinem Gesicht erkennen, aber er sah einfach nur noch zugerichtet aus. „heute ist ungelogen das erste mal, dass ich Berlin nicht in einem Anzug oder dem Overall sehe" lachte Tokyo und bekam ein grinsendes Nicken von den anderen zurück. Fanden die das gerade wirklich witzig? Berlin sah total fertig und zerstört aus... er hatte ein schwarzes Sweatshirt an, in welchem bereits Löcher drin waren. Er war von oben bis unten dreckig oder mit Blut beschmiert. „Tut mir leid Amelie..." hörte ich Tokyo hinter mir sagen und spürte, wie sie ihre Hand auf meinen Rücken legte. „Ich wollte nur die Stimmung etwas auflockern" schmunzelte sie leicht. Ich beachtete Tokyo gar nicht und starrte weiterhin auf den Fernseher. „bald wird er wieder hier sein" mischte sich Nairobi ein. „Seid ihr sicher, dass die nicht nur bluffen?" fragte ich misstrauisch. „Ich bezweifle es... der Geheimdienst hat den Staat und die gesamte Bevölkerung im Nacken sitzen. Wenn sie ihn nicht zu uns in die Bank schicken, wird jeder von ihnen den Job verlieren". Ich nickte und bekam ein leichtes Lächeln von ihr zurück.
Gerade als wir den Fernseher ausgeschaltet hatten, kam Palermo in den Raum geplatzt. „Gibt es was neues über Berlin?" fragte er in die Runde. „sieht ganz gut aus... er befindet sich bereits in Madrid, also werden sie ihn bald zu uns bringen" antwortete Denver. „Okay dann müssen wir jetzt nur noch auf den Anruf des Professors warten". Palermo wollte sich gerade wieder mit seinem Stock aus dem Raum tasten, da drehte er sich nochmal um. „Amelie ist mit hier oder?" Ich war leicht verwirrt aber bejahte seine Frage. „Kannst du mich bitte ins Büro des Gobernador führen?" Ohne noch irgendwas zu sagen stand ich auf und stellte mich neben ihn, damit er sich an meinem Arm festhalten konnte.
Auf dem Weg zum Aufzug wurde Palermo schlagartig ernster. „Wie schlimm ist es?" „was meinst du?" fragte ich verwirrt. „wie sieht Andrés aus? Die anderen hätten mir wohl kaum eine richtige Antwort dazu geben können. So wie ich die ganzen Bastarde kenne, werden sie sich höchstwahrscheinlich auch noch lustig über ihn gemacht haben" Ich erzählte Palermo von allem, was ich gesehen habe. Angefangen vom Schubsen aus dem Flugzeug, bis hin zu seinen zerrissenen Klamotten oder den Schrammen im Gesicht. „Also ich weiß ja nicht wie's dir geht, aber ich habe so richtig Lust diesen Schweinen eine Kugel in den Kopf zu jagen" sagte er voller Wut und ballte seine Faust dabei. „Wenn die alle tot sind, bringt uns das Andrés auch nicht wieder. Glaub mir, ich will genauso viel Rache wie du, für das was sie ihm angetan haben. Aber wir müssen abwarten"
Als wir im Büro des Gobernador ankamen, setzte sich Palermo auf die Couch und stützte seinen Kopf in die Hände. „Weißt du worauf ich mich am meisten gefreut habe ihn wiederzusehen...? Ich wollte seine Reaktion auf den Überfall sehen... Ich wollte sehen wie stolz er auf mich ist, dass dieser Überfall nach jahrelanger Planung endlich durchgesetzt wurde...! Und jetzt kann ich ihm nichtmal in die Augen blicken. Nein ich werde überhaupt nichts sehen können."
Ich setzte mich neben ihn und strich mit meiner Hand über seinen Rücken. „Er wird stolz auf dich sein... mehr als alles andere! Weißt du wie oft er mir von eurem Plan erzählt hat? Und wie begeistert er von dem Überfall war? Du wirst ihn zwar nicht sehen können, aber du wirst es spüren... wie stolz er auf dich sein wird" „trotzdem ist es nicht das gleiche" „Palermo, es wird alles gut... die Hauptsache ist doch, dass wir ihn überhaupt wiedersehen werden oder nicht? Und ich bin mir sicher, dass er sich freuen wird dich wiederzusehen... aber ich bin wahrscheinlich die letzte mit der du über sowas reden willst" „du bist die einzige mit der ich darüber reden kann... wieso denkst du ich will nicht mit dir reden?" „weil du Andrés liebst... und ich bin quasi... seine Neue... keine Ahnung wie ich das sagen soll. Du warst es doch sicherlich leid ihn die ganze Zeit mit den anderen Frauen zu sehen." „ja das war ich. Aber einfach nur weil ich gesehen habe, wie sehr sie ihn zerstört haben. Ich habe jeden Tag gesehen, wie die ganzen Weiber ihn aufs Neue ausnutzten und er hat nie auf mich gehört. Ich hätte niemals was dagegen gehabt, wenn sie die richtigen gewesen wären... ich wollte ihn einfach nur glücklich sehen." „von den Frauen hatte er auch erzählt... er wollte sich nie wieder auf eine Frau einlassen" „genau... dann kamst anscheinend du und ich habe immer noch keine Ahnung wie du ihn rumgekriegt hast" „glaub mir, ich habe selbst keine Ahnung" „nur kann ich noch nicht wirklich einschätzen ob du jetzt gut oder schlecht für ihn bist... dazu kenne ich dich noch nicht lang genug" „und wie war dein erster Eindruck?" „nicht schlecht würde ich sagen. Ich habe gehört wie du dich an Rio gerächt hast... hat mir gefallen um ehrlich zu sein. Aber das beweist mir trotzdem noch nicht, ob du es ernst meinst" „naja ich sage es mal so... würde ich es nicht ernst meinen, dann hätte ich ihn spätesten, nachdem er mir von seiner Krankheit erzählt hat, verlassen. Aber ich habe auch nicht nur eine einzelne Sekunde daran gedacht ihn zu verlassen". Völlig geschockt setze sich Palermo auf und drehte sich zu mir. „Er hat dir von seiner Krankheit erzählt...? Davon hatte er damals nichtmal mir erzählt" „woher weißt du dann davon?" „Sergio... kurz nach dem Überfall auf die Banknotendruckerei kam er zu mir. Erzählte mir von Andrés seinem Tod und da es zu dieser Zeit eh nicht mehr relevant war... auch von seiner Krankheit. Hätte Andrés es mir damals erzählt, wäre ich wahrscheinlich zusammengebrochen. Aber da ich nach dem Tod von Andrés bereits an meinem Tiefpunkt war... konnte mich die Krankheit kaum erschüttern. Doch seitdem ich weiß, dass er noch am Leben ist kann ich an nichts anderes mehr denken." „ich glaube immer noch daran, dass es irgendwo eine Lösung geben muss. Ich bin mir sicher, dass er geheilt werden kann... selbst wenn er vom Gegenteil überzeugt ist". Palermo holte tief Luft und legte seine Hand auf mein Bein. „Versprich mir, dass du ihn nicht verletzten wirst... er meint es anscheinend ernster mit dir, als ich dachte" „Palermo ich verspreche es... ich könnte ihn niemals verletzen... du hast mein Wort" „gut... ansonsten wird sein Schwuler bester Freund dir an den Versen kleben und glaube mir, das willst du nicht". Ich fing leicht an zu schmunzeln. „Nein darauf verzichte ich lieber" Auch er lächelte etwas und lehnte sich zurück.
Palermo wollte gerade ein neues Thema anschneiden, da hörten wir ein lautes Hämmern an der Tür. Wenige Sekunden später wurde die Tür von Tokyo aufgerissen. „Amelie du sollst sofort runter!" rief sie und kam in den Raum rein. Als ich Palermo aufhelfen wollte, ging sie dazwischen und griff nach seinem Arm. „Ich komme mit ihm nach. Du sollst so schnell wie möglich runter okay?" Ich guckte sie etwas verwirrt an aber machte mich ohne noch irgendwas zu sagen auf den Weg. Als ich kurz vor der Treppe war, sah ich von weitem die ganzen Geiseln, wie sie mit Masken und falschen Waffen in zwei Reihen vor dem großen Tor standen, welches sich gerade langsam anfing zu öffnen. Als ich in Richtung Tor guckte, fing mein Atem auf einmal zu stocken.
DU LIEST GERADE
In love with a criminal
FanfictionAmelie, eine 18 jährige Schülerin wird mit ihrer Klasse und 60 weiteren Menschen als Geisel in der Banknotendruckerei Madrid's festgehalten. Die Geiselnehmer Berlin, Denver, Moskau, Rio, Oslo, Helsinki, Nairobi und Tokyo machen es den Geiseln nicht...