3. Und wenn ich mitspiele?

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Victoria Pov.

Nach einer Weile des Wartens bemerkten wir, wie das Schiff sich begann zu bewegen und wir wurden aufmerksamer. Wir legten wohl gerade ab! Mit freudiger Erwartung nun endlich etwas Abwechslung im Alltag zu bekommen, sprang ich vom Bett auf und sprintete zum Fenster, wie ein kleines Kind, das den Karnevalsumzug mit anschauen wollte. Die Möwen schwirrten über uns wie eine Horde hungriger Cranks und brachten mit ihrem Geschrei diese Fahrt auf ein anderes Level.

Mit wahrscheinlich glänzenden Augen sah ich zu Thomas: "Na? Wollen wir Vince seine neuen Gäste vorstellen?". Der Junge begann breit zu grinsen: "Du glaubst ja gar nicht, wie gut uns diese Fahrt tun wird". Ich schaute zu den Anderen: "Kommt ihr mit?". Brenda, die eben noch mit ihrer Schulter an der Wand gelehnt hatte, stieß sich ab und nickte. Minho, Pfanne, Aris und Sonja folgten Thomas ebenfalls, nur Gally saß noch auf einen Stuhl. Mein Stolz ließ alles in mir Sträuben, als mir der Gedanke kam, zu ihm zu gehen, doch ich hörte nicht auf ihn und ging zu dem Jungen: "Kommst du?".

Dieser hatte seine Ellenbogen auf den Knien abgestützt und schaute hoch: "Gleich. Können wir reden?". Ich seufzte und versuchte sein Flehen zu ignorieren: "Später. Lass mich das genießen", und damit drehte ich mich auch schon um. Ich weiß, ich weiß... ich kann mir schon denken, was ihr gerade schreit: 'DU DUMME BITCH WIE KANNST DU IHM DAS ANTUEN?!', aber hört mir zu: das ganze Jahr auf der Insel war jeden Tag das Selbe: Aufstehen, Frühstücken, Jagen, Kochen, Mittag, Arztstation, Abendessen, Schlafen... Tag ein, Tag aus. Irgendwann fühlt es sich an, als würdest du nur treiben und nichts hätte einen Sinn. Alles wurde zur Gewohnheit und so habe ich Angst, dass das mit meinen Gefühlen zu Gally ebenso war.

'Aber du musst doch wissen, was du fühlst!'. Muss ich das? Nein, muss ich nicht. Ich habe Gally unter komplett anderen Umständen kennengelernt und diese Zeit voller Ruhe hat etwas verändert, ich weiß nur noch nicht was. Bitte gebt mit Zeit das herauszufinden, auch, wenn ich ihm das Herz breche... vielleicht gehört das einfach dazu?

"Vica?", riss mich eine sanfte Stimme aus den Gedanken. Ich schaute hoch und sah in das leicht von Sommersprossen gesprenkelte Gesicht von Gally, wie er mich musterte. Ich blinzelte ein paar mal, bevor ich antwortete: "Tut mir leid, ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?". Ich erwartete ein Grinsen seinerseits, doch er wand seinen Blick ab: "Wir fallen zurück", und er ging weiter. Ich runzelte meine Stirn und schloss schnell zu den Anderen auf, wobei ich mich nach Vorne zu Thomas drängte und ihn schelmisch angrinste, als wir den Kontrollraum öffneten. Wir gingen eine stählende Treppe hinunter und kamen an einem abgerundeten Raum mit riesigen Fenstern an, von denen man auf das Deck des Schiffes und das Meer sehen konnte.

"Hal-lo Vin-cent!", trällerte ich fröhlich und erblickte den Mann, wie er sich über einen Kartentisch beugte. Jorge stand ebenfalls bei ihm und seine Miene wurde zu Stein: "Brenda?!". Sofort schaute Vincent auf und seine Augen wurden dunkel. "Ihr?! Hab ich nicht gesagt, dass ihr auf der Insel bleibt?!". Ich verschränkte meine Arme: "Und haben wir nicht gesagt: ist uns egal, Vincent?". "Nein", knurrte der Mann, "Habt ihr nicht. Und nenn mich nicht Vincent". Ich zog meine Augenbrauen nach oben: "Oh...". Nun mischte Thomas sich mit ein, in einer wesentlich vernünftigeren Haltung als ich: "Komm schon Vince... Wir sind schon auf dem Meer und wollen unbedingt aus diesem Trott auf der Insel raus". 

Genervt fuhr sich der Mann durch die Haare, als Jorge wie eine Furie nach Vorne gestürmt kam: "Brenda, wie kannst du mir sowas antun? Ich kann nicht die ganze Reise auf dich aufpassen! Und es ist meine Pflicht auf dich aufzupassen! Weißt du eigentlich, wie gefährlich das wird? Was-". "Jetzt entspann dich mal", knurrte das Mädchen und rollte mit ihren Augen. "Ich bin schon alt genug, um langsam auf mich selber aufzupassen", meinte sie sanft, "ich habe doch so viel von dir gelernt". Jorge seufzte und nickte, als er seine Adoptivtochter in die Arme nahm. Ich sah zu Vince und fragte: "Alsooo? Sind wir im Team?". Vincent warf mir einen Todesblick zu, da er mehr als nur offensichtlich nicht mit der ganzen Nummer hier einverstanden war, doch jetzt war es zu spät für eine Rückkehr, also hatte er wohl keine andere Wahl... naja außer uns einzusperren, von Bort zu werfen, Putzdienst verrichten zu lassen... ich sollte wohl aufhören darüber nachzudenken...

𝙼𝚊𝚣𝚎 𝚁𝚞𝚗𝚗𝚎𝚛 4: 𝙷𝚎𝚊𝚛𝚝𝚋𝚎𝚊𝚝𝚒𝚗𝚐Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt