Epilog

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Gally Pov.

Knapp ein Monat war vergangen, seit dem ich Victoria gesehen habe und noch immer halte ich daran fest, dass sie sich nicht erschossen hat, sondern einfach geflohen ist... doch dieser Gedanke schmerzte, weshalb ich langsam versuchte mit der Realität klar zu kommen.

Ich saß auf einer Klippe nahe unserem Dorf und schaute auf die glitzernden Wellen des Meeres, bevor ich mich erhob und hinunter in das Dorf ging. Wirklich geredet hatte ich mit niemanden seit dem Tag. Ich as kaum etwas und Schlaf war mir auch fremd, weshalb ich auch dementsprechend aussah, doch ich ignorierte die Blicke, die mir die Anderen zuwarfen.

Ich ging zu dem großen Stein, auf dem alle Namen unserer verstorbenen Liebsten standen und suchte mir Hammer und Meißel, ehe ich begann 'Victoria' neben Teresa einzuritzen. Alles in mir fühlte sich taub und leer an und ich hatte keine Ahnung mehr, wozu ich eigentlich noch weiterleben sollte. Ich hatte keine Familie mehr, meine Freunde begannen langsam weiterzuleben und meine Freundin? Tot.

Nachdem ich fertig war starrte ich noch eine Weile auf ihren Namen, bevor ich mich abwand und die Sachen wegpackte.

"Hey", ertönte eine Stimme und als ich aufschaute sah ich Thomas vor mir stehen, seinen mitleidigen Blick aufgesetzt. "Was willst du?", knurrte ich mies gelaunt und ging in Richtung Mensa, um etwas zu essen. Ich musste wieder auf die Beine kommen. Thomas rannte mir natürlich hinterher und ließ nicht locker: "Wie geht es dir? Ich habe gesehen wie du-". "Belassen wir's dabei", unterbrach ich ihn und holte mir einen Apfel und etwas Brot, um mich an einen Tisch zu setzen.

Thomas setzte sich gegenüber von mir hin und musterte mich: "Gally, du musst mal mit jemanden reden... du gehst noch kaputt". Missmutig schaute ich das Brot und den Apfel an und schob beides beiseite, ehe ich mich auf dem Tisch abstützte und mich rüber lehnte. "Thomas, ich bin mehr als nur gebrochen. Ich bin innerlich tot. Ich weiß gerade wirklich nicht, ob ihr nur zu dumm seid das zu verstehen, oder ob ihr das einfach ignoriert?".

Verletzt blitzten Thomas' Augen auf und ich spürte, dass ich zu weit gegangen war. Seuftzend lehnte ich mich zurück: "Tut... tut mir leid...", ich fuhr mir angestrengt durch die Haare, "Es ist nur... ihr alle habt noch irgendetwas, für das es sich zu leben lohnt. Mir wurde das genommen und ich versuche herauszufinden, was ich hier eigentlich mache". Der Junge nickte und senkte seinen Blick: "Wir verstehen, dass du Zeit brauchst, aber bitte rede ab und zu mit uns, damit wir dir auch helfen können, okay?". Ich nickte und begann zaghaft das belegte Brot zu essen, welches wie Sandpapier und Gras schmeckte, doch ich versuchte das zu ignorieren und würgte es herunter.

•°☆°•◇•°☆°•

Nachdem ich mit dem Essen fertig war, schlenderte ich am Strand entlang, wo Victoria und ich immer viel Zeit verbracht hatten. Ich ging auch im Wald spazieren und besuchte die Brombeersträucher, die sie so liebte, bis mir klar wurde, dass ich krampfhaft an ihr festzuhalten versuchte. Doch ich hatte Angst, sie loszulassen, weil ich sie sonst vielleicht vergessen würde und das wollte ich einfach nicht.

Ich werde wohl einfach versuchen müssen den Schmerz zu überwältigen und weiterzumachen.

Victoria hätte es so gewollt.

Meine Liebe...

𝙼𝚊𝚣𝚎 𝚁𝚞𝚗𝚗𝚎𝚛 4: 𝙷𝚎𝚊𝚛𝚝𝚋𝚎𝚊𝚝𝚒𝚗𝚐Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt