Kapitel 1

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Die Küche war voller Menschen, hektisch rannten sie von einem Herd zum anderen, ohne einmal aufzuschauen. Wenn ich nicht aufpasste, landete ich noch auf dem weißen Mamorboden. Ein silberner Teller wurde vor mir auf den Tisch gestellt. Nummer eins. Der große Mann balancierte auf seinen fettigen Händen eine weitere Platte. Das war meine.
Leider nicht wirklich.
Wie gerne würde ich die leckeren Trüffel essen, aber sie waren nicht für mich gemacht. Speziell hergestellt für Prinzessin Elodie, welche sie sich vor einer halben Stunde gewünscht hatte.

Ohne ein Wort zu sagen griff ich nach dem edlen Teller. Auch wenn ich seit meinem sechsten Lebensjahr eine Zofe war, konnte ich immer noch nicht mit einer Hand ein Tablett balancieren. Geschweige denn eine heiße Tasse Tee. Dafür konnte ich lesen und schreiben. Das war sehr selten für Zofen. Und ich war stolz darauf. Zurecht.

Erleichtert verließ ich die riesige Küche. Es war immer wieder ein Wunder, wenn ich es schaffte keinen Fleck auf meiner Uniform zu erlangen. Die königlichen Köche machten perfektes Essen, waren aber auch ziemlich tollpatschig und hektisch.
Eine blöde Kombination.
Die Flure waren leer. Die Soldaten, welche sich normalerwiese hier aufhielten, mussten bei einer wichtigen Besprechung sein. Malwieder. Das war neu. Und es machte mir Sorgen.

"Gray!"

Ich blieb sofort stehen, als mein Nachname durch den leeren Saal hallte. Die Stimme war mir jedoch vertraut. Sie gehörte meinem Bruder.
Ich drehte mich elegant um und entdeckte ihn am großen Tor stehen. Er lächelte nicht. Er tat es immer, wenn er mich sah. Diesmal nicht. Ebenfalls neu.
In meinem Magen kam ein Unwohles Gefühl auf.
Ich nickte ihm zur Begrüßung zu. Er erwiderte meine Geste.

"Gehst du zum König?", fragte er mich, nachdem er zu mir kam.

"Nein, Prinzessin Elodie hat mich zu sich bestellt."

"Richte ihr aus, dass ich dringlich mit dem König reden muss. Es ist wichtig."

Die Sorgenfalten auf seiner Stirn vertieften sich, als ich nickte.

"Was ist los? Sind wir in Gefahr?"

Mein Bruder war der Hauptmann, er wusste also genau, was los war. Er sagte es mir nur nicht. Er schaute starr zu mir runter, wobei seine schwarzen Haare leicht auf seine Stirn fielen.

"Vergiss es einfach. Ich gehe ihn selber suchen. Wahrscheinlich befindet er sich im Nordturm."

Mit den Worten verließ er den Saal. Das war merkwürdig. Trotzdem ging ich einfach weiter zu den Schlafgemächern der Prinzessin.
Die Tür war verschlossen, doch leise drangen Stimmen durch sie hindurch, als ich mich näherte. Eine davon gehörte Elodie.

"Es ist wahr. Meine Quellen sind sehr vertraut, sie wissen, wovon sie reden. Das kannst du nicht ernsthaft planen."

Die zweite Stimme war tiefer. Der König.

"Hat dir das einer der Soldaten anvertraut. Wer? Einer meiner Offiziere? Deren Pagen? Der Hauptmann?"

"Dad, darum geht es nicht. Wir können keinen-"

Die Schritte hinter mir nahm ich gar nicht wahr. Erst als eine tiefe Stimme ertönte, schrag ich von der Tür weg.

"Was machst du da?"

Ein Soldat.
Ich kannte ihn. Er war groß, blonde Haare, blaue Augen, einen starren, irgendwie toten Blick. Keiner mit den man Witze reißen konnte, soviel war sicher.

"Ich muss der Prinzessin ihr Essen bringen, meinte ich panisch. Er musterte mich streng, wartete auf etwas."

Also klopfte ich an, bis ich hereingebeten wurde und den unfreundlichen Soldaten hinter mir lassen konnte.
Prinzessin Elodie saß an ihrem Schreibtisch, keine Unterlagen waren dort zu sehen. Ihre dünnen Arme waren vor ihrem Oberkörper verschränkt, ihr Blick verharrte zornig auf dem König, welcher mich abwartend musterte. Hoffentlich merkte er nicht, wie nervös ich war. Dem König über dem Weg zu laufen ich kam damit nicht wirklich klar. Er war der König. Einer der fünf wichtigsten Könige. Das Königreich was er anführte, Andredorssa, war nach dem Königreich Goodmore das größte. Dann kamen die anderen drei. Und viele kleine Königreiche, die keine wichtigen Rollen spielten.

Until there's nothing left Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt