Kapitel 28

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Warten.
Ich war ein sehr ungeduldiger Mensch, warten passte mir gar nicht. Vor allem nicht, wenn um mich herum die Hölle los war. Kiana war genau so eingestellt wie ich. Wir wollten nicht allein in unserem Zimmern hocken, wir wollten lieber etwas machen, damit die Zeit schneller verging.

"Wir könnten zusammen etwas lesen", schlug Kiana sofort vor, sobald Arthur sich an das Klavier in der großen Bibliothek dieses Schlosses gesetzt hatte und die ersten Töne eines langsamen und wunderschönem Liedes spielte.

"Oder wir warten einfach", widersprach Sebastian, der sich neben Kiana in einen weißen Sessel setzte.

"Ich will nicht warten, dafür bin ich zu ungeduldig."

"Ungeduld bringt dich um."

Die Mundwinkel des Blondschopfes zogen sich nach oben. Ich bezweifelte, dass das, was er gerade gesagt hatte, wahr war. Ungeduld ist vielleicht nervig, aber es kann auch gut sein.
Ohne mich weiter damit zu beschäftigen, schaute ich mich ein bisschen genauer um. Es wäre praktisch, wenn ich mich in diesem Schloss wenigstens ein bisschen auskennen würde, im Falle eines Notfalls. Von denen hatte ich langsam echt genug!

"Okay, dann lasst uns etwas spielen. Wie wäre es mit ,Wahrheit und Lüge'?"

Wahrheit und Lüge? Von dem Spiel hatte ich noch nie gehört. Aber wenn Sebastian es kannte, dann war es wahrscheinlich sowieso ein Königsfamilienspiel, was ich natürlich nicht kennen konnte.
Arthur hörte auf Klavier zu spielen, sodass mir leider ein etwas lauter Seufzer entwich, den zum Glück keiner bemerkte. Es sollte weiter Klavier spielen, es klang so wunderschön!

"Wie geht das?", fragte Sebastian für uns alle.

"Jeder erzählt eine Wahrheit und eine Lüge über sich, dann müssen die anderen raten, welche der beiden Aussagen die Wahrheit und welche die Lüge ist."

"Okay, das hört sich gut an. Ich fang an", sagte ich begeistert und versuchte eifrig nach einer guten Wahrheit. Bei dem Blick auf die weißen Seidengardinen fiel mir etwas ein.

"Erste Aussage: Als ich ganz frisch meine Ausbildung als Zofe gemacht habe, habe ich an meinem ersten Arbeitstag die weißen Gardinen der Prinzessin zerrissen, weil ich gestolpert bin."

Die drei konnten sich kein Lachen verkneifen. Der blonde Prinz neben mir beruhigte sich als erstes.

"Warum wünsche ich mir gerade zu sehr, dass das die Wahrheit ist?"

"Danke auch", murmelte ich im sarkastischen Ton, dann fuhr ich mit meiner zweiten Aussage fort.

"Lesen und schreiben habe ich erst mit zehn Jahren gelernt."

Alle waren am überlegen, was sie sagen sollten. Es war auch nicht wirklich leicht, es sei denn Arthur hätte gut aufgepasst, als wir immer geredet haben. Was er anscheinend hatte, denn sein Grinsen wurde plötzlich immer breiter.

"Darf ich meinen Tipp abgeben?", fragte er vorsichtig. Kiana und Sebastian nickten zustimmend.

"Die erste Aussage ist wahr. Lesen und schreiben hast du nämlich mit sechs gelernt von deinem älteren Bruder."

Ich hätte nicht gedacht, dass er sich noch daran erinnerte, dass ich ihm von Ashton erzählt hatte. Wenn überhaupt nur in einem Nebensatz.

"Das stimmt. Ein Punkt für Arthur."

Kiana griff nach einem Zettel und Stift auf dem Tisch neben ihr und schrieb den Spielstand auf.
Als nächstes war Sebastian dran. Er überlegte nicht lange.

"Als ich klein war, hatte ich immer pechschwarze Haare und erst seit ein paar Jahren wurden meine Haare blond."

Nach einer kurzen Stille, in der wir alle auf seine Haare starrten, fuhr er fort.

Until there's nothing left Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt