zerschnittene croissants.

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KLARE SONNENSTRAHLEN schienen durch die Fenster des blauen Raums und weckten Jimin. Der Himmel vor den Fenstern war wolkenlos und es schien bereits mittags zu sein. Leise Kopfschmerzen pochten in seinem Schädel und sein Rücken tat ebenfalls etwas weh, obwohl er nun auf einer der Couches lag, ohne sich erinnern zu können, wie er dort hingekommen war. Aber er wusste auch so kaum noch, was in der letzten Nacht passiert war. War Seokjin nicht mit ihm hier gewesen? Wo war er jetzt?

Sehr langsam öffnete sich die Tür und Taehyung spähte in den Raum, bemüht, keine Geräusche zu machen.
„Jimin! Du bist wach, Hallo.“ Er strahlte durch das Zimmer als wäre er die Sonne höchstpersönlich. Offenbar hatte er gar keine negativen Folgen von seinem Alkoholkonsum davon getragen. „Hast du Hunger? Es gibt gleich Frühstück.“

Obwohl Jimin im Moment nicht sagen konnte, ob er Hunger hatte, oder nicht, stimmte er dem Angebot gerne zu. Taehyung verließ den Raum mit der Anweisung, Jimin solle in zwanzig Minuten in die Küche kommen (wo auch immer die sich befand) und dieser erhob sich immer noch schläfrig von der Couch, nur um dann ratlos im Zimmer zu stehen.
Das Tageslicht ließ die samt- und kunstlederbezogenen Möbel glänzen und spiegelte sich auf den nicht von Teppichen bedeckten Parkettstellen. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Jimin die Decke des Zimmers. Er erkannte die kleinen Sterne darauf wieder, und er wusste, dass sie etwas wichtiges bedeuteten. Aber was war es gewesen? Es hatte etwas mit Jeongguk zu tun gehabt. Ihm gefiel die Wirkung des Alkohols nicht.

Unentschlossen verließ Jimin den Raum, tappte durch den Flur, die Treppe hinunter und betrat ein kleines Badezimmer (das einzige, das er schon kannte). Das schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein, denn ein Stapel frischer Kleidung lag darin ― vermutlich Taehyungs, aber von Namjoon rausgelegt.
Obwohl Taehyung von den drei Bewohnern des Hauses noch der Kleinste und damit der Jimin im Bezug auf die Körpergröße ähnlichste war, waren selbst seine Klamotten noch zu groß für ihn. Trotzdem war es in Ordnung, diese Kleider anzuhaben, weil sie so sehr an Taehyung erinnerten, dass sie für Jimin nicht wirklich fremd wirkten.

Weil er keine Ahnung hatte, wo die Küche sich befand, lief er, nach dem er sich angezogen und etwas gewaschen hatte, wieder hoch in die erste Etage. Er tappte unsicher durch den Flur und traute sich weder, an eine Tür zu klopfen, noch eine einfach zu öffnen. Schließlich konnte er nicht wissen, ob nicht doch noch jemand dahinter schlief oder ob es als unhöflich angesehen werden würde, wenn er irgendwo reinplatzte.
Ob Taehyung nach ihm Schauen kommen würde, wenn er nicht in der Küche erschien? Jimin setzte sich auf die Treppe und wartete. Mit den Händen klapperte er gedankenverloren mit den Metallenden der Schnüre von Taehyungs Jogginghosen herum. Seine Zehen, die in bunten Socken steckten, rollte er immer wieder zusammen und seine Augen betrachteten aufmerksam die Sonnenflecken, die die Strahlen, die durch die klaren Fenstergläser schienen, auf die Wände malten.
Das hatte er schon immer gern gemacht; er erinnerte sich noch gut daran, wie er früher auf seinem Hochbett gesessen und die Lichtpunkte an der Decke betrachtet hatte. Aber wo war Jeongguk gewesen, wenn er das getan hatte? In seinem Erinnerungen fehlte er auf einmal und sie fühlten sich seltsam leer an.

„Jimin.“
Der Angesprochene drehte sich um, stand auf und ließ das Zusammenschlagen der Metallteile in seinen Händen schnell sein. Er sah Seokjin, der gerade die Treppe aus dem zweiten Stock herunterkam, beinahe erschrocken an, als hätte dieser ihn bei einer Straftat erwischt. Obwohl er nun schon so oft in diesem Haus gewesen war, hatte er doch noch nie hier übernachtet oder gefrühstückt, und war deswegen ein bisschen aufgeregt.

„Kommst du mit zum Frühstück?“
Falls Seokjin Jimins nervöse Angewohnheiten bemerkt hatte, schien es ihn nicht zu stören. Stattdessen lächelte er den Jüngeren an als dieser nickte. Im sanften Morgenlicht glänzten seine Haare und seine Augenfarbe wirkte etwas heller als sonst, sodass sie Jimin an süßen Milchkaffee erinnerten.
Sofort breitete sich angenehme Ruhe in ihm aus, die alles andere vertrieb, was er zuvor gefühlt hatte. Wenn er mit Seokjin hier war, war es ein wenig, als wäre er zu Hause angekommen. Nicht im alten Haus seiner Eltern, nicht im neuen seiner Mutter, nicht in seiner kleinen Wohnung.
In seinem richtigen Zuhause.

MOUNT EVEREST ― jinminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt