DIE STEINCHEN auf dem Fußweg knirschten unter Jimins Schuhsohlen. Er ging neben Yoongi her, versuchte aber, seinen Blick auf dem Boden zu halten, während er den Geräuschen ihrer Schritte lauschte. Der Jüngere hatte entschieden, dass sie zusammen heimgehen würden, weshalb Jimin sein Fahrrad nun neben sich herschob und einen etwas anderen Weg als normalerweise nahm.
Dadurch würde er zwar länger brauchen und sein Tagesplan durcheinander kommen, doch wenigstens würde seine normale Strecke so frei von Erinnerungen bleiben. Er hatte mittlerweile kaum noch einen Ort, an dem er an niemanden denken musste. Der Park, sein Balkon, das Mount Everst ― all diese Plätze waren nun mit Erinnerungen belegt. Selbst wenn er nur nachts aus dem Fenster sah, und unterbewusst in all den Lichtern nach Seokjins Anwesen suchte, konnte er seinen Kopf nicht daran hindern, sich mit Gedanken über diesen zu füllen.
„Wie kommst du dazu, in der Bibliothek zu arbeiten?“, durchbrach Yoongi die Stille und holte Jimin aus seiner Versunkenheit. Es überraschte ihn, dass Yoongi nicht weiter über Seokjin sprechen wollte, doch er hatte nichts gegen diesen Themenwechsel, immerhin war es weniger verwirrend, über die Arbeit zu reden.
„Ich - äh - mochte Bücher schon immer, schätze ich. Und als ich hergezogen bin, haben sie eine Aushilfe gesucht, also habe ich mich beworben“, erklärte er schulterzuckend. Das klang ziemlich logisch, und Jimin war ein wenig stolz darauf, gleich eine Antwort parat gehabt zu haben.
„Aber im Mount Everst habe ich dich doch auch gesehen, oder nicht?“
„R-Richtig, ja.“
Es erstaunte ihn, dass Yoongi sich daran erinnern konnte. Er hätte nicht gedacht, dass der Pianist ihren Tisch überhaupt wahrgenommen hatte. Geschweige denn Augen für jemanden anderes als Seokjin gehabt haben könnte, angesichts seines Verhaltens zu Halloween. „Dort arbeite ich jetzt auch. Aber eigentlich nur, damit ich - ähm―“, er stockte, dann entschied er sich, einfach die Wahrheit zu erzählen. „E-Eigentlich arbeite ich dort hauptsächlich, um zu lernen, mit fremden Menschen zu reden, schätze ich.“Yoongi grinste sein Grinsen und Jimin bereute es, vom Boden aufgeguckt zu haben. Was sollte dieses Grinsen überhaupt bedeuten? „Scheint geholfen zu haben, oder ist Seokjin kein Fremder? Kann mir nicht vorstellen, dass du ihn ganz ohne Reden so weit gekriegt hast.“
Jetzt waren sie also wieder bei diesem Thema und aus irgendeinem Grund konnte Jimin nicht verhindern, dass er rot anlief. Yoongi ließ es so wirken, als wäre er mit Seokjin zusammen oder hätte mit ihm geschlafen oder irgendwas und das irritierte Jimin massiv. Zumal er an dessen Stimme hören konnte, dass sein Gesprächspartner immer noch grinsen musste.
„Es ist Taehyungs Schuld“, platzte es aus Jimin heraus. „Es liegt nur an ihm, dass ich überhaupt mit Seokjin geredet habe.“
Das war nicht ganz wahr, immerhin waren eigentlich die fehlenden neunzehn Cent daran schuld. Oder die Schokolade. Oder vielleicht sogar die Tatsache, dass Jimin seinen Schlüssel vergessen gehabt hatte. Ob ab diesem Punkt klar gewesen war, was passieren würde? War das tatsächlich der Auslöser für alles gewesen? Jimin war sich nicht sicher, ob er mit diesem Wissen damals nicht doch lieber noch einen Tag lang auf sein Frühstück verzichtet hätte.Sie waren an dem Park angekommen, in dem das öffentliche Klavier stand. Jimin traute sich nicht, Yoongi auf die Nacht anzusprechen, in der er geglaubt hatte, ihn getroffen zu haben. Würde er sich ihm gegenüber immer noch so sanft verhalten wie damals, hätte er vielleicht den Mut dazu gehabt, doch angesichts dieses neuen, irgendwie spöttischen Yoongis, hatte er keine Lust, sich am Ende zu blamieren, in dem er irgendetwas von einer Begegnung unter den Sternen faselte, die vielleicht doch nie stattgefunden hatte.
Yoongi schien allerdings auch ruhiger geworden zu sein. Er hatte die Hände in den Taschen seiner schwarzen Kapuzenjacke vergraben und starrte nun auch auf den Boden. Es war ein trüber, kalter Herbsttag, weswegen sie die einzigen im Park zu sein schienen.
„So ein Wetter kann doch nicht gut für ein Klavier sein“, entkam es Jimin plötzlich. Seine Gedanken hatten noch immer bei der traumhaften Nacht gehangen und dann auf einmal das Instrument mit dem Wetter kombiniert.„Stimmt“, antwortete Yoongi, als wäre es ganz normal, dass sie auf einmal darüber sprachen.
„Deshalb kann man sie im Winter auch nicht benutzen. Manche werden abgedeckt und manche ganz abmontiert, glaube ich.“
Er sah finster drein.„Yoongi?“, fragte Jimin nach einer kurzen Zeit der Stille. „Warum spielst du eigentlich immer unaufgefordert im Mount Everest? Oder hier im Park?“ Damit sprach er jene Nacht dann wohl doch an, aber Yoongi schien nicht stutzig zu werden. Stattdessen wirkte er aufgebracht.
„Warum? Nun weil eben nicht jeder so reich sein kann wie dein edler Freund Seokjin.“
Er schnaubte und Jimin traute sich nicht, irgendwas dazu zu sagen, obwohl es unfair war, was er gesagt hatte. Es war unfair, so über Seokjin zu sprechen, zumal Jimin das Gefühl hatte, die Klavier in dessen Haus würden nur für Yoongi dort stehen, aber vor allem war es unfair, so mit Jimin zu sprechen, immerhin war auch er nicht gerade wohlhabend.
Aber ein kleiner Teil von ihm konnte Yoongi auch verstehen. Seokjin und er waren zumindest zeitweise am gleichen Ort aufgewachsen, unter den gleichen Bedingungen, beinahe wie Brüder, und doch war Seokjin ohne jegliche Anstrengung mit seinem achtzehnten Geburtstag steinreich geworden, während Yoongi im gleichen Viertel wie Jimin gelandet war und arbeiteten musste, obwohl er Jimins Wissen nach noch immer zur Schule ging.Aber auch der Jüngere schien einzusehen, dass es nicht Jimin war, gegen den er seinen Unwillen richten sollte.
„Ich spiele auf den öffentlichen Klavieren, weil ich mir kein eigenes leisten kann“, erklärte er, etwas ruhiger. „Und ich bin deinem Restaurant natürlich dankbar, dass ich dort spielen darf.“„Sie wären auch dämlich, würden sie dich nicht spielen lassen.“ Jimin lächelte ihn vorsichtig an, und statt seinem Grinsen zeigte Yoongi diesmal ebenfalls ein leichtes Lächeln, das Jimin viel besser gefiel.
„Stimmt, wahrscheinlich bringe ich euch damit sogar Geld ein.“
Yoongi wirkte wieder zufrieden, ein wenig stolz auf sich selbst, aber Jimin fand, dass er das auch sein konnte.„Mindestens Seokjin kommt doch nur deinetwegen.“
Das sagte Jimin, ohne vorher darüber nachzudenken und als er es ausgesprochen hatte, befürchtete er kurz, damit die Laune wieder zunichtegemacht zu haben.„Meinst du wirklich?“
Yoongi grinste, aber diesmal war das okay. Dann wurde er jedoch wieder ernster und fügte leise hinzu: „Vielleicht bin ich ihm ja doch nicht so egal.“„Egal? Oh nein“, gab Jimin überrascht zurück. Er genoss es mittlerweile beinahe, sich mit Yoongi zu unterhalten, was nicht sehr oft vorkam.
Zwar hatte Seokjin Yoongis Namen nicht bei den Personen genannt, die ihm wichtig waren, aber dennoch meinte Jimin sein Verhalten richtig einzuschätzen. „Ich glaube, du bist ihm das Gegenteil von egal.“„Ach ja?“ Yoongi schien nicht überzeugt, aber er aufhören zu lächeln konnte er jetzt auch nicht mehr. Schon allein, weil Park Jimin gerade versuchte, ihn aufzumuntern.
Sie waren am Ende des Parks angekommen, und damit an der Stelle, an der sich ihre Wege trennten. Aus einem Impuls heraus sagte Jimin: „Doch, ja. Du kannst bestimmt mal mit zu ihm kommen, und den Winter über bei ihm Klavierspielen.“
Er war zwar eigentlich weder sicher, ob er selbst das Anwesen noch mal betreten würde, noch in der Position Yoongi in ein fremdes Haus einzuladen, aber das störte diesen nicht. Stattdessen sagte er, nun nicht mehr lächelnd, sondern ernst und fast ein kleines Bisschen schüchtern: „Ich glaube, das würde ich ziemlich gerne machen. Danke, dass du den Weg mit mir gelaufen bist, Park Jimin.“
﹙+﹚
yeah hello.
some yoonmin 4 u!!
hope you like it??
i'm not sure whether i do or not tbh.thank you for reading,
please vote and comment.
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MOUNT EVEREST ― jinmin
Fiksi Penggemar»Jimin saß nun allein mit Seokjin. Das verunsicherte ihn zu erst, doch dann sah er, dass ein Lächeln auf dessen Lippen lag und zum ersten Mal an diesem Abend vergaß er, dass er es eigentlich nicht mochte, fremden Menschen in die Augen zu schauen.« ―...